Landesparteitag der Linken in Berlin: Ein heikler Gastauftritt

Zum Treffen ist auch die Enteignungs-Initiative eingeladen. Parteichefin Schubert fordert sie auf, sich an der Kommission des Senats zu beteiligen.

Aktivist:innen der Enteignungsinitiative stehen vor einem Haus

Schon im Herbst 2021 besuchte Ak­ti­vis­t*in­nen der Initiative den Linken-Parteitag Foto: dpa

BERLIN taz | Wenn am Samstag eine Ver­tre­te­r*in der Initiative Deutsche Wohnen und Co enteignen als Gast auf dem Parteitag der Berliner Linken spricht, werden die 174 Delegierten genau hinhören. Denn das Verhältnis von Initiative und Linkspartei, die im Wahlkampf noch gemeinsam Unterschriften für den letztlich erfolgreichen Volksentscheid gesammelt hatten, ist angespannt.

Das zeigte sich auch am Mittwoch beim Presse-Vorgespräch der Linken-Vorsitzenden Katina Schubert. „Ich erwarte von der Initiative, dass sie sich an der Senatskommission beteiligt“, sagte die. Und reagierte damit in klaren Worten auf eine Stellungnahme der Initiative vom Mittwoch, die diese Mitarbeit in Frage stellt.

Vorwurf der „Dreistigkeit“

Vorausgegangen war ein Plenum von DW enteignen am Dienstag, auf dem die Entscheidung vertagt wurde, wen beziehungsweise ob man überhaupt Mitglieder in die vom Senat eingerichtete Vergesellschaftungskommission entsenden will. „Wir haben große Zweifel daran, ob diese Kommission konstruktiv und im Sinne der Vergesellschaftung arbeiten kann“, erklärt DW enteignen in einer Mitteilung. Vor allem der SPD wirft die Initiative vor, mit der Kommission bereits eine Entscheidung gegen ein Enteignungsgesetz getroffen zu haben. „Die SPD hat die Dreistigkeit, Juristen in die Kommission zu entsenden, die klar dagegen sind“, heißt es weiter.

Beim von der Initiative vorangetrieben Volksentscheid hatten im September 57,6 Prozent der Ber­li­ne­r*in­nen für die Enteignung großer Immobilienkonzerne gestimmt. Am Dienstag hatte der Senat neun der vorgesehenen zwölf Mitglieder der Kommission sowie deren Vorsitzende benannt, die restlichen drei Mitglieder kann die Initiative stellen: Die 13 überwiegend habilitierten Ex­per­t*in­nen sollen ausloten, ob und wie ein Enteignungsgesetz rechtssicher verfasst sein kann.

Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen könnte die Initiative nun bei ihren nächsten Plenum am 12. April fällen. Anders als DW enteignen nannte Schubert die Kommission „einen Meilenstein“ auf dem Weg zu einem rechtssicheren Enteignungsgesetz. Sie zu boykottieren sei kontraproduktiv für die Ziele der Initiative. Der Weg zu einem solchen Gesetz werde schwierig, gab Schubert aber zu: „Es wird das ein oder andere Hindernis erfunden werden und auch das ein oder andere reale Hindernis geben.“

Deutliche Kritik an der Ampel

Weitere Schwerpunkte auf dem in Präsenz in einem Neuköllner Hotel stattfindenden Parteitag sollen die Versorgung der Geflüchteten aus der Ukraine, die in Folge des dortigen Krieges steigenden Energiekosten für Ber­li­ne­r*in­nen und eine Bilanz der rot-grün-roten Landesregierung nach gut 100 Tagen sein. Im Vorgespräch äußerte Schubert deutliche Kritik am Vorgehen der Ampelregierung. Was den Umgang mit Menschen aus der Ukraine angehe, habe der Bund viel zu lange die Haltung vertreten, das werde Berlin schon alleine schaffen. „Das ist nicht in Ordnung“, so Schubert. Und auch was die steigenden Kosten etwa für Gas angeht, sei der Bund vor allem gegenüber den Emp­fän­ge­r*in­nen von staatlichen Transferleistungen in der Pflicht.

Schubert selbst wird dem Parteitag allerdings nur per Video zugeschaltet werden. Sie sei wegen Corona in Quarantäne, sagte sie am Mittwoch – und damit bei weitem nicht die einzige in der Partei.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.