Präsidentschaftswahl in Libyen: Ein Land, zwei Premiers

In Libyen konkurrieren derzeit zwei Regierungen, gefördert durch ausländische Partner. Der Machtkampf könnte zu einem neuen Krieg führen.

Ein libyscher Panzer rollt auf einer Straße vor im Hintergrund stehenden Menschen.

Hoffentlich bleibt es bei Paraden: Libysche Militärkadetten zeigen bei einer Show ihre Fähigkeiten Foto: ap

TUNIS taz | Libyen ist nach über einem Jahr relativer Ruhe wieder politisch gespalten. Vor etwa einem Monat hat das in Ostlibyen tagende Parlament Fathi Bashaga als neuen Premierminister gewählt. Das Mandat des im westlibyschen Tripolis sitzenden Premierministers Abdulahmid Dabaiba ist theoretisch am 24. Dezember des vergangenen Jahres abgelaufen. Da die damals angesetzte Wahl kurzfristig abgesagt wurde, sieht er sich aber weiter im Amt. Die Wahl aus Ostlibyen will er nicht anerkennen. Denn auch das Mandat ebenjenen Parlaments ist seit 2016 abgelaufen.

Gegen die Minister seines Kontrahenten hat der millionenschwere Geschäftsmann Dabaiba sogar Haftbefehle erlassen. Den für Montag geplanten Amtseid in der ostlibyschen Stadt Bengasi hatte Bashaga abgesagt und hofft nun, mithilfe von verbündeten Milizen nach Tripolis zu gelangen. Die Loyalität der wichtigsten Milizen der Hauptstadt hat sich aber Dabaiba bereits mit großzügigen Zahlungen gesichert. Libyen ist zentralistisch organisiert, alle wichtigen Institutionen befinden sich in Tripolis.

Die dortigen Einwohner hoffen auf eine friedliche Beilegung des Machtkampfes, doch erste Hamsterkäufe in Supermärkten zeigen, wie groß die Angst vor einem erneuten Krieg ist. Stephanie Williams, die US-amerikanische Libyen-Sondergesandte der Vereinten Nationen, versucht den in Ost und West gespaltenen politischen Lagern einen Termin für Neuwahlen abzuringen.

Doch nicht nur inländische Kräfte mischen in Libyen mit: Während Ägypten, Russland und die Vereinigten Arabischen Emirate Westlibyens Bashaga unterstützen, halten die Türkei, Katar und seit dem Ukraine-Krieg auch die westlichen Staaten zu Ostlibyens Dabaiba. Den im Sommer 2020 vereinbarten Waffenstillstand garantieren auf Dabaibas Seite türkische Armeeoffiziere und syrische Privatmilitärs. Söldner der russischen Sicherheitsfirma Wagner unterstützen dagegen die „libysch-arabische Armee“ von Khalifa Haftar im Westen und damit Bashaga.

„Moskau hat mit der Stationierung seiner Privatarmee das Vakuum gefüllt, welches der Westen vor sechs Jahren hinterlassen hat“, sagt der auf Libyen spezialisierte Analyst Jalel Harchaoui. Man solle nicht erwarten, dass der Kreml diese mit minimalem Einsatz errungene strategische Position aufgeben werde, warnt er. Augenzeugen berichten der taz, dass einige der bis zu 2.000 Wagner-Söldner auf den südwestlibyschen Militärflughafen Brak Shati verlegt wurden, eine weitere Kolonne ist offenbar in der ostlibyschen Hafenstadt Bomba eingetroffen.

Eine militärische Eskalation in Libyen würde auch Öl- und Gaslieferungen nach Europa gefährden. So ist die aus Libyen kommende Greenstream-Pipeline Italiens wichtigste alternative Energiequelle für das sonst aus Russland importierte Erdgas.

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