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Parteiordnungsverfahren gegen AltkanzlerDie SPD muss Schröder rauswerfen

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Wenn ein SPD-Oberbürgermeister einen Dirigenten entlässt, weil er sich nicht distanziert, dann gilt das erst recht für einen putintreuen Ex-Politiker.

Wladimir Putin umarmt Gerhard Schröder bei der Eröffnung der Fußballweltmeisterschaft 2018 Foto: Alexei Druzhinin/ITAR-TASS/imago

N a endlich! Nun hat sich auch der SPD-Parteivorstand von Ex-Kanzler Gerhard Schröder distanziert und ihn aufgefordert seine Mandate in russischen Energiekonzernen niederzulegen. Ein Schritt, der zwingend war. Aber man fragt sich schon, warum der Parteivorstand so lange gezögert hat, sich von einem Mann zu distanzieren, der auf der Gehaltsliste eines Staates steht, der gerade einen gnadenlosen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt.

Einen Krieg, welchen die SPD selbstverständlich aufs Schärfste verurteilt. Doch Schröder ist Teil dieses Krieges, er kassiert allein als Aufsichtsratsvorsitzender des russischen Staatskonzerns Rosneft, welcher Putins Kriegskassen füllt, eine sechsstellige Summe.

Eigentlich hätte sich die SPD schon viel früher distanzieren müssen. Nämlich 2005, als der Ex-Kanzler, nur wenige Tage nach seinem Abschied, bei der Nord Stream AG anheuerte und damit privat von jenem Projekt profitierte, welches er politisch vorangetrieben hatte. Stattdessen adelte man diese Korrumpierbarkeit, ehrte Schröder bis vor Kurzem noch als Brückenbauer und Türöffner.

Doch die lange in SPD-Kreisen gepflegte Überzeugung, dass wirtschaftliche Verflechtung und gegenseitige Abhängigkeit zu mehr Sicherheit führen, ist Geschichte. Dass Schröder über seine Aufsichtsratsposten noch irgendeinen Einfluss auf den russischen Präsidenten hat, ist spätestens seit dem 24. Februar widerlegt. Schröder geht es ums Geschäft.

Ein kleiner Ortsverband erkannte die Tragweite von Schröders Verderbtheit eher als die Parteispitze und hat ein Parteiordnungsverfahren beantragt. Das ist nicht gleichzusetzen mit einem Ausschluss, doch konsequenterweise müsste die SPD Schröder jetzt rausschmeißen.

Wenn ein Oberbürgermeister der SPD einen Dirigenten entlässt, weil er sich nicht distanziert, dann muss das erst recht für einen Ex-Politiker gelten, der direkt für das Regime arbeitet. Aus der Galerie der großen So­zi­al­de­mo­kra­t*in­nen wurde Schröder auf der Homepage übrigens schon still und leise entfernt. Geht doch.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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