Polizeiwache am Kottbusser Tor: Oben thront die Repression

Innenverwaltung plant, „Kotti Wache“ im Neuen Kreuzberger Zentrum auf der Galerie zu errichten. Exponierter könnte der Standort kaum sein.

Das Neue Kreuzberger Zentrum

Im Hintergrund das Neue Kreuzberger Zentrum. Exponierter könnte der Standort kaum sein Foto: dpa

BERLIN taz | Die geplante Polizeiwache am Kottbusser Tor in Kreuzberg sorgt bereits für Zündstoff. „Schnell Nägel mit Köpfen machen“, hatte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) nach der Senatsklausur im Januar angekündigt. Bekannt geworden sind nun Pläne, die in dem betroffenen Kiez auf wenig Gegenliebe stoßen.

Nach Informationen der taz gibt es in der Innenverwaltung Überlegungen, die sogenannte „Kotti-Wache“ in den Räumlichkeiten des Neuen Kreuzberger Zentrums zu etablieren. Und zwar auf der Galerie, auch Brücke genannt, die über die Adalbertstraße führt. In den Räumen befand sich früher ein Wettbüro. Exponierter könnte der Standort kaum sein.

Von der Brücke aus könnten die Polizisten sowohl den Platz bis zur Hochbahn überblicken als auch die Adalbertstraße bis zum Bethaniendamm. Auf der Galerie unmittelbar benachbart mit der Wache wäre ausgerechnet das Café Kotti, Rückzugsraum für Flüchtlinge und People of Color.

Von der Innenverwaltung war zum Stand der Pläne am Freitag keine Stellungnahme zu erhalten. Am Montag steht das Thema auf der Tagesordnung des Innenausschusses. Nach der Senatsklausur hatte Spranger ankündigt, zügig ein Konzept für die Polizeiwache erstellen zu wollen. Die Wache werde im 24/7-Betrieb sein, Sichtbarkeit und Präzenz der Polizei werde am Kottbusser Tor so deutlich erhöht. Vorbild sei die am Alexanderplatz errichtete Polizeiwache. Zudem werde es am Kotti eine Videoüberwachung geben.

Die Suche nach einem Standort für die Kotti-Wache ist nicht einfach, weil es in der Gegend kaum Leerstand gibt – und noch weniger Freiflächen für einen eventuellen Neubau. Das Neue Kreuzberger Zentrum verfügt über 295 Sozialwohnungen und 90 Gewerbeeinheiten. Der graue Koloss wurde 2017 von Wohnungsbaugesellschaft Gewobag übernommen.

Das Kottbusser Tor ist als sogenannter kriminalitätsbelasteter Ort (kbO) eingestuft. Die Problemlage ist vielfältig. Die harte Drogen- und die Obdachlosenszene haben dort ihre Treffpunkte, dazu kommen in Nicht-Coronazeiten Partyvolk und Touristen. Teile der Gewerbetreibenden und Anwohnerschaft klagen schon lange über eine hohe Kriminalitätbelastung durch Diebstähle und Gewalt sowie über eine starke Verschmutzung der Gegend.

Es gebe am Kotti durchaus Befürworter einer Wache, erfuhr die taz aus Anwohnerkreisen, die Ablehnung sei aber nicht minder groß. Im Kiez leben nach wie vor viele Linke, die ein ausgesprochen kritisches Verhältnis zur Polizei haben. Und es gibt diverse Akteure der Straßensozialarbeit.

Eine Wache auf der Brücke des Neuen Kreuzberger Zentrums würde diese Ansätze kaputt machen, befürchtet ein langjähriger Anwohner. So eine „Leuchtturmwache“ würde den ganzen Raum nachhaltig dominieren und verändern. Die Aussage sei klar: „Über allem thront die Repression“. Für das zivilgesellschaftliche Kreuzberg wäre das ein Trauerspiel, ja mehr noch, eine Niederlage, findet er. „Wir sind enttäuscht, dass wir in die Pläne nicht partizipativ eingebunden worden sind.“

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