Polizeiwache am Kottbusser Tor: Alle Cops lieben jetzt den Kotti

Die Vereinbarung für die Einrichtung der neuen Polizeiwache am Kottbusser Tor ist unterschrieben. Innensenatorin prophezeit ein „Geben und Nehmen“.

Kundgebung des Aktionsbündnisses vor dem NKZ. Oben die Galerie, wo die Polizeiwache geplant ist

Kundgebung des Aktionsbündnisses vor dem NKZ. Oben die Galerie, wo die Polizeiwache geplant ist Foto: taz

BERLIN taz | Seit Anfang des Jahres gab es die Gerüchte, nun endlich hat Innensenatorin Iris Spranger (SPD) die Karten offengelegt. Die Polizeiwache am Kottbusser Tor kommt, und zwar genau an dem Standort, über den schon so lange spekuliert wurde: auf der Brücke des Neuen Kreuzberger Zentrums, das die Adalbertstraße überzieht. Die Vereinbarung mit der Gewobag, Eigentümerin des Gebäudes, die Räume an die Polizei zu vermieten, sei bereits unterschrieben, sagte Spranger am Montag im Innenausschuss.

Die Lage der Wache auf der Galerie des NKZ könnte exponierter kaum sein. Polizeivizepräsident Marco Langner begrüßte die Standortwahl am Montag mit den Worten: „Wir haben alle Bereiche im wahrsten Sinne des Wortes im Blick.“

Enttäuschte Anwohner

Unmittelbarer Nachbar der Wache ist ausgerechnet das seit 2009 auf der Galerie existierende Café Kotti, auch Treffpunkt für Refugees. Ercan Yaşaroğlu, Inhaber des Cafés und Mitglied im Mieterrat, zeigte sich über die Entscheidung am Montag enttäuscht. Anwohner und Gewerbetreibende hätten seit Langem eine feste Polizeistation am Kotti gewollt, sagte er der taz: Aber sie wollten eine Wache im Erdgeschoss „auf Augenhöhe“, nicht eine, die „wie ein Wachturm“ über dem Platz throne.

Spranger ließ daran am Montag keinen Zweifel. „Zum Jahreswechsel wird die Kotti-Wache stehen“, sagt sie. Mit Ausnahme der Linkspartei stieß ihre Ankündigung im Innenausschuss auf volle Zustimmung. Einzig Elif Eralp (Linke) verwies darauf, dass Anwohner und Gewerbetreibende gegen den Standort auf der Galerie seien. Sie würde sich zu dieser Frage nochmals einen runden Tisch mit den Akteuren im Kiez wünschen, so Eralp.

Es habe auch Überlegungen gegeben, die Wache unten im U-Bahnhof unterzubringen oder in einem Containerbau, aber das habe sich zerschlagen, begründete Spranger die Entscheidung. Auch eine Unterbringung in der Ladenzeile des NKZ sei geprüft worden, aber alle Gewerbetreibenden hätten langfristige Mietverträge. Mindestens 210 Quadratmeter würden benötigt, die gesamte Logistik müsse Platz haben.

Je länger Spranger über die Wache auf der Galerie sprach, umso mehr geriet sie ins Schwärmen. Aufgrund der Lage werde es eine „helle Wache“ sein und auch sonst eine Polizeistation „in völlig neuer Form“. Die Menschen könnten dort auch hinkommen, um sich nur miteinander zu unterhalten.

„Ein Geben und Nehmen“ werde dort stattfinden, so die Innensenatorin. Es gebe bereits „jede Menge“ Bewerbungen“ von Beschäftigten, die zu der Wache wollten – von Beamten und Beamtinnen, die zum Teil selbst am Kottbusser Tor groß geworden seien, die sagten: „Bitte, bitte, wir wollen dahin, wir sprechen die Sprache“, so Spranger wörtlich.

Die Gewerkschaft der Polizei kritisierte am Montag, dass sich die Innensenatorin bisher nicht auf einen Personalbedarf festgelegt habe. Bei einem 24/7-Betrieb müssten mindestens 65 Kolleginnen vor Ort sein. Die Gewerkschaft hatte sich zuvor für einen Neubau mit mehr als 300 Quadratmetern plus Sanitäranlagen und Parkfläche ausgesprochen.

„Bedeutet Rassismus“

Fundamentalkritik an den Plänen hatte am Wochenende das Aktionsbündnis „Ihr seid keine Sicherheit“ demonstriert, dem Gruppen wie Zwangsräumung verhindern und Migrantifa angehören. Mit Bannern wie „Kotti-Wache verhindern“ und Sprechchören wie „Bullenschweine raus aus dem Kiez“ zogen rund 500 Menschen am Sonntag vom Lausitzer Platz zum Kottbusser Tor. Bei der Abschlusskundgebung hieß es, eine Polizeiwache bedeute rassistische Gewalt und diene nur dazu, das Elend unter Kontrolle zu halten.

Den Demonstranten gehe es um Ideologie und nicht um die Bedürfnisse der Menschen im Kiez, sagt Sevim Aydin der taz. Das Kottbusser Tor gehört zum Wahlkreis der SPD-Abgeordneten. Bei ihren Hausbesuchen im Wahlkampf sei sie an jeder dritten Tür mit dem Wunsch nach einer Polizeiwache konfrontiert worden, vor allem von Frauen und Familien mit Kindern.

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