Klimageld unkompliziert machbar

Eine Studie hat untersucht, wie das Klimageld als Ausgleich des steigenden Kohlendioxid-Preises wirken könnte. Sie schlägt 130 Euro pro Jahr und Person vor

Die erhöhten Spritpreise sollen sozial gerecht aufgefangen werden Foto: Plainpicture

Von Hannes Koch

Jede Bürgerin, jeder Bürger, auch Kinder sollen etwa 130 Euro pro Jahr vom Staat ausgezahlt bekommen. Dieses „Klimageld“ wäre ein Ausgleich für den steigenden Preis auf Kohlendioxid. Ein Konzept veröffentlichten am Donnerstag die Klimaallianz, der Umweltverband BUND, der Paritätische Gesamtverband und die Evangelische Kirche. Im Zentrum stand ein neuer Vorschlag zum Verfahren, wie die Pro-Kopf-Rückzahlung alle Bür­ge­r:in­nen erreichen kann – denn bisher gibt es kein zentrales Register.

Wohlgemerkt ist dieser Vorschlag keine Antwort auf die gegenwärtige Inflation der Preise fossiler Energieträger wie Öl und Erdgas. Beim Klimageld geht es darum, dass der künftig vermutlich stark steigende zusätzliche Preis für Kohlendioxid (CO2) unter anderem für Benzin und Heizwärme an die Ver­brau­che­r:in­nen zurückgegeben werden soll. Gegenwärtig beträgt der Preis im nationalen Emissionshandel 30 Euro pro Tonne CO2. Das macht etwa 8,5 Cent pro Liter Benzin aus. 2025 soll der Aufschlag 55 Euro erreichen. So steht es bereits im Gesetz. Durch die Verteuerung sollen die Ver­brau­che­r:in­nen zum Energiesparen motiviert werden.

BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock sagte, eigentlich müsse der CO2-Preis jetzt schon 50 Euro betragen, jährlich um 15 Euro zulegen und bald 190 Euro pro Tonne erreichen. Dadurch allerdings würden die Kosten für fossile Energie massiv ansteigen, was Privathaushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen sich oft nicht leisten können. Deshalb sollten die zusätzlichen CO2-Ausgaben komplett an die Haushalte zurückerstattet werden, erklärten die Organisationen.

Jede Person erhielte beispielsweise 130 Euro jährlich ausgezahlt. Wer relativ wenig Energie verbraucht – oft Leute mit niedrigen Einkommen – bekäme mehr zurück, als der CO2-Preis kostet. Haushalte mit hohem Verbrauch, großen Häusern und zwei Fahrzeugen zahlten drauf. „Mit einer Pro-Kopf-Rückerstattung kann die Bundesregierung sicherstellen, dass die CO2-Bepreisung sozial gerecht wirkt“, sagte Ulrich Schneider, Chef des Paritätischen Verbandes.

Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen, unter anderem des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), haben diese Verteilungswirkung eines Klimageldes belegt. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP kommt der Begriff ebenfalls vor, ohne dass sich die drei Parteien bisher auf einen genauen Plan verständigt hätten. „Wichtig ist, dass sich die Ministerien schnell auf einen Prozess einigen, damit das Klimageld in 2023 ausgezahlt werden kann“, erklärte Lisa Badum, grüne Obfrau im Ausschuss für Klimaschutz des Bundestages.

Bisher werden Pro-Kopf-Auszahlungen an alle im deutschen Sozial- und Finanzsystem für schwierig gehalten. Der Grund: Keine Behörde verfügt über ein komplettes Register aller Bür­ge­r:in­nen samt ihrer Kontonummern. Im Auftrag der Organisationen haben Gisela Färber und Joachim Wieland von der Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer nun einen Vorschlag erarbeitet, wie es funktionieren könnte. Ausgezahlt würde das Klimageld demnach über die Finanzämter, Rentenkassen und Sozialbehörden, die für die Grundsicherung zuständig sind. Hinzu kämen die Familienkassen, die das Kindergeld verwalten, erklärte Professorin Färber. Damit es nicht zu Doppelauszahlungen kommt, könnten die Steuer-Identifikationsnummern zur Kontrolle verwendet werden. Färber plädierte dafür, monatliche Auszahlungen zu ermöglichen. Beispielsweise für Vierpersonenfamilien mit niedrigen Einkommen würde eine Klimageld von etwa 40 Euro pro Monat einen deutlichen Vorteil bedeuten. Die Organisationen waren sich einig, dass die Auszahlung „sichtbar“ gestaltet werden müsse, also nicht als Verrechnungsposten in den Formularen untergehen dürfe. Um die soziale Befriedung der Klimafrage zu erreichen, müssten die Leute merken, dass sie die zusätzlichen CO2-Kosten zurückerhielten.