Über Marco Buschmann alias MB Sounds: Bisschen Spaß in schweren Zeiten

Seit sieben Jahren spielt Marco Buschmann trancige Synthietracks ein. Das hat niemanden interessiert. Jetzt aber doch! Es geht aufwärts mit MB Sounds.

Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz, spricht bei der Orientierungsdebatte zu einer SARS-CoV-2-Impfpflicht im Bundestag

Marco Buschmann alias MB Sounds am DJ-Set – äh: am Redepult im Bundestag Foto: dpa/Kay Nietfeld

Jetzt habe ich mir auch mal das musikalische Gesamtwerk von Justizminister Marco Buschmann alias MB Sounds reingezogen, das auf Soundcloud zu finden ist. Schon seit sieben Jahren lädt der FDP-Politiker auf der Plattform seine trancigen Synthietracks hoch und jahrelang hat es niemanden interessiert, doch inzwischen hat er auch seinen Durchbruch als Musiker und Elektronikproduzent geschafft. Während eine alte Nummer mit dem Titel „Besinnlichkeit im Maschinenraum“ gerade mal 1.000 Klicks hat, wollten sich seinen aktuellen Hit „Excalibur Calls For Arthur“ bereits fast 45.000 Fans reinziehen. Es geht eindeutig aufwärts mit MB Sounds.

Besonders interessant finde ich die Nummer „Driving To The Bar“, auf der man spannungsgeladene Synthieflächen hört, die von John Carpenter in den frühen Achtzigern stammen könnten. Das Stück klingt ganz so, wie es der Titel verspricht: leicht noir, motorisch und treibend. MB Sounds fährt durch die Berliner Nacht, voller Erwartung.

Aber Moment mal. Das Stück wurde vor zehn Monaten hochgeladen. Da befand sich Berlin mitten im Coronalockdown. In welche Bar also bitte sollte die nächtliche Fahrt denn überhaupt gehen?

Seit bekannt wurde, dass Großbritanniens Premierminister Boris Johnson auch in Zeiten strengster Einschränkungen eine Party nach der anderen geschmissen haben soll, ist man ja ein wenig skeptisch geworden, ob sich die Politiker selbst an das hielten, was sie von den anderen verlangten. Zumal Buschmanns Parteifreund Wolfgang Kubicki sogar zugegeben hat, sich in illegal geöffneten Kneipen herumgetrieben zu haben.

Man ist ja etwas skeptisch, ob sich Politiker selbst immer an alle Regeln gehalten haben

Und FDP-Parteichef Christian Lindner wurde in flagranti vor einem Berliner Szenerestaurant bei einer nicht coronagemäßen Umarmung ohne Mundschutz erwischt. Fuhr der heutige Justizminister also damals auch in solch einen Laden, in dem sich Kubicki nicht um die Coronabestimmungen scherte und untereinander auch noch rumgekuschelt wurde? Oder fantasiert Buschmann in seinem Stück einfach nur unter Inanspruchnahme seiner künstlerischen Freiheit darüber, wie schön es denn wäre, jetzt in eine Bar zu fahren, wenn er es denn dürfte?

Zu Zeiten Klaus Wowereits

Ich bin ja der Meinung, man sollte diese Coronaregeln-Brecherei seitens der Politiker nicht zu sehr verurteilen. Johnson und Kubicki nahmen für sich nur das heraus, was auch die Partyjugend beispielsweise in ihren inzwischen legendären Hasenheide-Feiern einforderte. Sie wollten einfach nur ein wenig Spaß in schweren Zeiten. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass Boris Johnson durch sein Verhalten bei den britischen Jugendlichen an Respekt dazugewonnen hat. Der Premier hat einfach das durchgezogen, wovon so viele von ihnen träumten.

In Berlin wurde zu Zeiten Klaus Wowereits noch voller Stolz darauf verwiesen, dass der Regierende Bürgermeister weniger für seine umsichtige Politik denn für seine Standfestigkeit auf Partys bekannt war. Diese Tradition ging unter dem blassen Michael Müller leider etwas verloren. Vom aktuellen Politpersonal, das sich in der Stadt tummelt, behauptet allein der wackere Klaus Lederer von sich selbst, immer mal wieder das Berghain zu besuchen, wenn es denn geöffnet haben darf. Bei jemandem wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat man dagegen das Gefühl, die größte Ausschweifung, die er sich noch leistet, ist mal ein kleines Bier am Wochenende.

Da wirkt ein Marco Buschmann alias MB Sounds, der einen auf seinem Soundcloud-Profil mit seiner Spiegelbrille anblickt und dabei den Eindruck vermittelt, als hätte er gerade die Nacht durchgemacht, doch ziemlich erfrischend. In den Kommentaren zu seiner Musik heißt es unter anderem: Vielleicht legt MB demnächst sogar in der Panoramabar auf. Ja, warum denn auch nicht?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.