Berlinale-Tipp der Woche: Geschichte von innen
Das Forum Special „Fiktionsbescheinigung“ ist dieses Jahr zurückgewandter. Gerade deswegen bleibt es eine wertvolle Ergänzung des Festivals.

Serpil Turhans „Dilim dönmüyor – Meine Zunge dreht sich nicht“ (D 2013) Foto: Serpil Turhan
Letztes Jahr ergänzte das Sonderprogramm „Fiktionsbescheinigung“ das Berlinale-Forum und stellte die Frage: Wer findet Einlass in die deutsche Kulturgeschichte, ins Kino und den Filmkanon, und wer bleibt draußen? Diesmal gibt es weniger Neuentdeckungen als vielmehr eine Revision einiger Titel der jüngeren Filmgeschichte, die dem Schaffen von Schwarzen Regisseur*innen und Regisseur*innen of Color gewidmet ist.
Thomas Arslan durchmisst in „Der schöne Tag“ (2001) das Berlin der frühen 2000er Jahre. Der Film begleitet die junge Schauspielerin Deniz (Serpil Turhan) durch den Tag und zeigt das Leben der jungen Frau in seiner ganzen Komplexität. Auch Raoul Peck findet in seinem noch während des Studiums an der Deutschen Film- und Fernsehakademie entstandenen „Merry Christmas Deutschland oder Vorlesung zur Geschichtstheorie II“ (1985) zu einer beeindruckend einfachen Form, die späte Bundesrepublik in ihrer ideologischen Komplexität zu befragen.
Erfreulicherweise hebt das Programm auch Serpil Turhans sehr schönen, doch etwas untergegangenen Abschlussfilm an der HfG Karlsruhe „Dilim dönmüyor – Meine Zunge dreht sich nicht“ (2013) zurück auf die Leinwand. Turhan, die nach dem Schauspiel in Filmen wie „Der schöne Tag“ auch selbst zur Regie fand, reist nach langer Zeit zurück in das kurdische Dorf, aus dem ihre Familie stammt.
Die „Fiktionsbescheinigung“ ist dieses Jahr zurückgewandter, gerade deswegen bleibt sie eine wertvolle Ergänzung des Forum-Programms.