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Patentfreigabe von Corona-ImpfstoffenInvestitionsschutz first

Auch die Ampelkoalition lehnt die Aussetzung des Patentschutzes von Corona-Impfstoffen ab. Die Linkspartei ist empört.

Die Ampel tanze „nach der Pfeife der Pharmalobby“, kritisiert der Linksparteiler Jan Korte Foto: Markus Brandt/dpa

Berlin taz | Neue Bundesregierung, alte Blockade: Auch die Ampelkoalition lehnt die Patentfreigabe von Corona-Impfstoffen ab. Das geht aus der Antwort des Bundesjustizministeriums auf eine schriftliche Frage des Linksparteiabgeordneten Jan Korte hervor, die der taz vorliegt. „Eine Aussetzung geistiger Eigentumsrechte würde Rechteinhabern einen wichtigen Anreiz nehmen, ihre Technologie und ihr Know-How freiwillig zu teilen“, schreibt der Parlamentarische Staatssekretär Benjamin Strasser (FDP).

Bereits seit Oktober 2020 liegt der Welthandelsorganisation (WTO) ein Antrag von Südafrika und Indien vor, zeitweilig für alle Produkte, die zur Vorbeugung, Eindämmung und Behandlung von Covid-19 notwendig sind, den Patentschutz auszusetzen. In der Sprache der WTO heißt so eine Ausnahmeregelung „Waiver“. Mehr als 100 Staaten unterstützen das Vorhaben.

Würde dem Antrag stattgegeben, „wäre das ein wichtiger Schritt hin zu mehr und bedarfsorientierter Produktion weltweit“, ist die medizinische Nothilfeorganisation Ärzte ohne Grenzen überzeugt. Doch vor allem die EU-Staaten – Heimat großer Pharmakonzerne und vieler Zulieferer – blockieren, die alte wie die neue Bundesregierung vorneweg.

„Der von Indien und Südafrika im Rahmen der WTO vorgeschlagene Waiver ist nach Ansicht der Bundesregierung keine Maßnahme, die den globalen Zugang zu Impfstoffen und Therapeutika tatsächlich effektiv verbessern wird“, heißt es dazu im Justizministeriumsschreiben Strassers. „Zudem besteht das Risiko, dass der Waiver die Funktion des Patentrechts, private Investitionen in die Entwicklung und Verbreitung von Impfstoffen und Therapeutika zu fördern, für die Zukunft untergräbt“, so der Liberale.

Scharfe Kritik der Linkspartei an Grünen Habeck

„Die Freigabe der Patente auf Impfstoffe ist das Mindeste, das der globale Norden tun kann, um die Corona-Pandemie international zu bekämpfen“, empört sich der Linksparteiabgeordnete Korte. Das Mainzer Unternehmen BioNTech habe für die Entwicklung seines Impfstoffs 375 Millionen Euro Steuergelder geschenkt bekommen und in drei Quartalen 2021 sechs Milliarden Gewinn gemacht. „Dass die Bundesregierung vor diesem Hintergrund den Investitionsschutz vorschiebt, zeigt, dass die Ampel genauso nach der Pfeife der Pharmalobby tanzt wie die Große Koalition“, sagte Korte der taz.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion erinnerte daran, dass sich der heutige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Bundestagswahlkampf vehement für eine zeitlich begrenzte Patentaussetzung ausgesprochen habe. „Es ist Zeit umzusteuern“, hatte Habeck im Mai 2021 dem Spiegel gesagt. Deutschland und die EU sollten „sich bei der Welthandelsorganisation für eine Ausnahmeregelung einsetzen“, forderte damals der Grünen-Vorsitzende.

„Robert Habeck, der sich durch den kompletten Wahlkampf durchmoralisiert hat, ist jetzt Teil der Truppe, die bei der globalen Pandemiebekämpfung auf der Bremse steht“, kritisiert Korte nun scharf. „Wer in dieser globalen Katastrophe die Aussetzung von Impfstoffpatenten verhindert, sollte nicht mehr über wertebasierte Politik schwätzen.“

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5 Kommentare

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  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    Im Autoland Deutschland haben sie das Gaspedal abgebaut und verlegt... Hier gibt es nur die Bremse!

    Lohnanstieg bremsen, Wohnungsbau bremsen, Energiewende bremsen, Digitalisierung bremsen, Modernisierung des Schulsystems bremsen, Waiver bremsen...

    Deutschland im Wartesaal der Geschichte - erstmal hinsetzen und warten.

  • Alternativ zum "Waiver" könnte man ja auch über großzügige Preisnachlässe bei den Produktionslizenzen verhandeln. Statt Impfstoff zu spenden, könnte Deutschland (als Staat) auch einfach Lizenzen spenden. Warum wird darüber nicht mal gesprochen?

    Die größere Hürde für die Impfstoff-Produktion ist ohnehin das Produktions-Knowhow vor Ort. Indien und Südafrika haben das vielleicht, die meisten anderen Staaten, v.a. in Afrika, habe das Knowhow aber sich nicht. Denen würde ein "Waiver" überhaupt nichts nützen. Das wäre reine Symbolpolitik.

    • @Winnetaz:

      Henne-Ei-Problem. Kein Land wird Produktionsanlagen bauen, solange das Produkt nicht produziert werden darf.

    • @Winnetaz:

      Exakt…zu viel Symbolpolitik, Scheinheiligkeit und zu wenig Handeln im Sinne der Menschen. Südafrika hat doch schon enorme Lieferungen an Impfstoffen zurückgegeben, mangels Bedarf im eigenen Land?!?

  • Daheim eine Impflicht fordern aber im Hinblick auf die Verbesserung der Impfstoffversorgung anderswo auf die Bremse treten....was soll man da noch sagen. EIn Lob an die Linkspartei für gute Oppositionsarbeit. Auch die Anfrage zur Zahl der bestellten Impfdosen war wichtig (und die Antwort überraschend). Solang die Kasse bei Biontech und anderen brummt ist (scheinbar) alles gut. Wird Zeit, dass neben (plötzlich) marktliberalen Impfpflichtfans und reaktionären Aluhüten eine wahrnehmbare kritische Öffentlichkeit ensteht. Anlaß gäbe es genug: In Baden Württemberg ist es inzwischen den Gerichten überlassen die Landesregierung an ihre eigenen Spielregeln (Stufensystem bezüglich Coronamaßnahmen) zu erinnern. Ein fatales Signal: Von Clubbetreibern, Einzelhändlern, Schülerinnen und Schülern wird erwartet, sich an alle aktuellen Regeln zu halten. Nur für die Landesregierung gilt das nicht.(www.swr.de/swraktu...ik-in-bw-100.html).