piwik no script img

Omikron-Variante verläuft milderDennoch keine Entwarnung

Neue Studien aus Großbritannien machen Hoffnung. Sie belegen, dass Boostern, aber auch schon eine Impfdosis gegen die Omikron-Variante wirkt.

Impfzentrum in London: Neue Studien belegen, dass Impfen und Boostern gegen Omikron hilft Foto: Hannah McKay/reuters

Berlin taz | Das Tempo der Omikron-Ausbreitung ist immens. Großbritannien verzeichnete am Dienstag mehr als 160.000 neue Coronafälle innerhalb von 24 Stunden, die USA gar über eine Million. In beiden Ländern ist Omikron die dominierende Variante. Und auch in Deutschland nimmt die Zahl der Corona-Infizierten wieder deutlich zu.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Dienstag 30.561 Corona-Neuinfektionen binnen 24 Stunden – und damit fast 10.000 Fälle mehr als vor einer Woche. Die Dunkelziffer dürfte sehr viel höher sein. Wegen der Feiertage in der vergangenen Woche sind die deutschen Daten weiterhin äußerst lückenhaft. Was man aber weiß, ist, dass in Bremen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und in Berlin Omikron bereits vorherrschend ist. Das dürfte in den anderen Bundesländern nicht anders sein.

So ansteckend Omikron ist – es gibt auch gute Nachrichten. Neue umfassende Studien aus Großbritannien belegen, was Forscher bislang nur rudimentär beobachtet haben: Eine Omikron-Infektion verläuft milder als bei der Delta-Variante. Und: Impfen schützt. Die britische Gesund­heitsbehörde UK Health Security Agency bestätigte, dass eine dritte Impfung zu 90 Prozent vor einer Einweisung in eine Klinik schützt und damit sehr viel besser als bislang angenommen.

Eine Impfdosis reduziert den Studien zufolge bereits zu 52 Prozent das Risiko eines Krankenhausaufenthalts. Zwei Impfdosen reduzieren das Risiko einer Einweisung um 72 Prozent, nach mehr als einem halben Jahr immerhin noch um rund 50 Prozent. Bei einem Booster sinkt das Risiko einer Hospitalisierung im Vergleich zu Ungeimpften gar um mehr 85 Prozent.

Datensatz von rund 500.000 Omikron-Fällen

„Die Daten zeigen erneut, dass eine Impfung, insbesondere eine dritte Dosis, der beste Weg ist, sich und andere vor Infektionen und schweren Krankheiten zu schützen“, sagt Susan Hopkins, medizinische Leiterin der Health Security Agency in Großbritannien. Was die Studien, auf die sich Hopkins beruft, von bisherigen unterscheidet: Sie basieren auf einem Datensatz von etwa einer halben Million Omikron-Fälle, also sehr viel mehr als das, was bislang an Daten erhoben wurde. Allerdings müssen auch diese Ergebnisse noch von unabhängigen Stellen begutachtet werden.

Was das persönliche Risiko betrifft, sind das für Geimpfte gute Nachrichten. Denn die Gefahr, nach einer Omi­kron-Infektion ins Krankenhaus eingewiesen zu werden oder auf einer Intensivstation zu landen, ist gering. Es sehe zunehmend so aus, dass Omi­kron vor allem die oberen Atemwege wie Nase, Rachen und Bronchien befalle statt etwa die Lunge, sagte auch ein WHO-Vertreter in Genf.

Hopkins hält eine Entwarnung dennoch für zu früh. Denn was die Studien ebenfalls bestätigen: Selbst Geimpfte und Geboosterte können die Omikron-Variante weitertragen. Unklar ist lediglich, wie lange sie ansteckend sind und in welchem Ausmaß.

Für die Gesundheitssysteme bleibt Omikron ein großes Problem. Es zeichnet sich zwar ab, dass weniger Infizierte auf die Intensivstationen müssen, angesichts der hohen Infiziertenzahlen die normalen Stationen dennoch überfüllt sind. Das zeigt sich in Großbritannien, wo mehrere Kliniken wegen zu vieler Personalausfälle im Zusammenhang mit Omikron den Katastrophenfall ausgerufen haben und notwendige Behandlungen nicht mehr gewährleisten können. Ähnliches wird auch aus den USA berichtet. „Die Krankheitsschwere ist durch Grundimmunität etwas geringer, die Belastung des Gesundheitssystem leider nicht“, twittert die in Genf forschende Virologin Isabella Eckerle.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Omikron soll milder sein als andere Varianten. Was leider fehlt sind die Zahlen.



    Alle im Text genannten Zahlen beziehen sich ja auf andere Vergleiche.

  • Komischerweise kenn ich hier wieder nur die Ausnahmen. Fast alle Omikron-Patienten in unserem Bekanntenkreis sind 3-fach geimpft, einer seit 3 Wochen 2-fach. Alle haben es sich bei 2-G+ Aktionen/Feiern teils mit Testbefreiung für Geboosterte eingefangen.



    (sequenziert wurde nur bei vier Personen)



    Die gute Nachricht: Alle quietschfidel. Bißchen Halsweh, bißchen Nachtschweiß. Nix, was einem die Haare zu Berge stehen ließe.

  • siehe (bzw. höre) hierzu auch:

    Mein Tipp aus der ARD Audiothek: Risiko und Hoffnung (107) | Einordnung des Virologen Drosten www.ardaudiothek.d...osten/ndr/96284482

    aktuelle Einordnung zu Omikron-Verläufen, Quarantänezeit, Ausblick zum Pandemieverlauf.

  • "Milder als bei Delta" war bisher alles.

    Speziell die bei Kindern beobachtete Verlaufsschwere scheint über der von Alpha zu liegen. Anders ist nicht gut zu erklären, dass die Hospitalisierungsrate der unter6jährigen in den "red states" der USA gerade durch die Decke geht. Um bei der beobachteten hohen Infektiosität aufs Gleiche herauszukommen, müsste Omikron schon der schwächste aller bislang bedeutenden Stämme sein, und danach sieht es eher nicht aus.

    Es ist also mit Todesfällen und Langzeitinvaliden in dem Umfang zu rechnen, die wir letzten Winter beobachtet haben, als es weder Impfungen noch etablierte Therapien gab: Allein in Deutschland laufen noch roundabout 20-25 Millionen Menschen ohne jeglichen Immunschutz herum. Und über die Verlaufsschwere bei denen gibt es noch gar keine belastbaren Daten, dazu fallen ist diese Gruppe relativ zuur Restbevölkerung einfach zu klein. Es müssen ja erst mal Todesfälle in einem gewissen Umfang auftreten, bevpor man das Risiko für eine engumgrenzte Teilpopulaiton genau bestimmen kann.

    Was an weiteren Kollateralschäden anfällt, wenn auch die Naiven und Verblendeten merken, dass es wieder nix ist mit dem kLEiNeN hArMLoSeN sCHnUpFEn für jung und alt, ist nicht einschätzbar. Möglich, dass die Schwurbler scharenweise endlich mal den Schuss hören, aber ich mache mir da nicht viele Hoffnungen. Ehrlich gesagt ist es mir auch egal, was Individuen machen, die ihrer gesamten Spezies den Mittelfinger zeigen. Das kann Darwin nach Gutdünken regeln.

  • "eine dritte Impfung [schützt] zu 90 Prozent vor einer Einweisung in eine Klinik."

    "Bei einem Booster sinkt das Risiko einer Hospitalisierung im Vergleich zu Ungeimpften gar um mehr 85 Prozent."

    Wenn die Zahlen in beiden Sätzen korrekt sind, könnte ich etwas Hilfe gebrauchen, worin der semantische Unterschied beider Aussagen liegt.

    Da Prozente ja relative Zahlen sind, wüsste ich gerne, welches die 100 Prozent sind, von denen der erste Satz für 90% Entwarnung gibt. Ist vielleicht bei einer der Zahlen auch das Ansteckungsrisiko verrechnet, oder geht es um das Risiko derer, die bereits positiv getestet wurden (Vorsicht: bedingte Wahrscheinlichkeiten)?

    Oder liegt dem ganzen die Argumentation zu Grunde, dass "90 Prozent" zweifelsfrei "mehr [als] 85 Prozent" sind?? Warum dann nicht "mehr als 50 Prozent" schreiben, wär ja auch noch korrekt ;p

    Mag alles kleinkariert wirken, aber wir haben schon viel zu oft Zahlen verglichen, deren genaue Bedeutung wir nicht wussten / verstanden.

    • @Stephan Herrmann:

      mir auch

      Erklärungsansatz: unterschiedliche Quellen: "UK Health Security Agency", welche wohl "umfassende Studien aus Großbritannien" zusammengefasst hat.

    • @Stephan Herrmann:

      ging mir auch so