taz-Serie „Was macht eigentlich..?“ (2): Ein Haufen Probleme

Eigentlich sollte der Mehringplatz bereits Ende 2020 grundsaniert sein. Ein Jahr später wird noch immer gebaut. Auch der Jugendclub ist gefährdet.

Steine gibt es genug am Mehringplatz Foto: Sebastian Wells/Ostkreuz

PassantInnen am südlichen – also Kreuzberger – Ende der Friedrichstraße konnten sich in den vergangenen Wochen schon mal an „Asterix auf Korsika“ erinnert fühlen. Da gibt es die Baustelle einer prachtvollen Römerstraße von Aleria nach Mariana, von der allerdings nach drei Jahren erst ein paar Meter fertig sind – weil die zur Zwangsarbeit gezwungenen Korsen die Pflasterarbeiten durch extreme Gemächlichkeit sabotieren.

In der Fußgängerzone kurz vor dem Rondell des Mehringplatzes, in den die Friedrichstraße kurz vor dem Halleschen Tor mündet, wird ebenfalls Pflaster verlegt. Und auch wenn es nicht ganz so langsam vorangeht wie auf der Mittelmeerinsel im Jahr 50 v. Chr., sieht man oft nur einen einsamen Mann, der Stein für Stein mit seinem Hammer festklopft: Ungefähr das Gegenteil dessen, was man gemeinhin „unter Hochdruck arbeiten“ nennt.

Die meisten Geschichten enden nicht einfach, nachdem in der taz ein Artikel darüber erschienen ist. Deshalb fragen und haken wir noch einmal nach: In unserer Serie „Was macht eigentlich?“ rund um den Jahreswechsel 2021/22 erzählen wir einige Geschichten weiter.

Teil 2: Der Mehringplatz sollte vor einem Jahr fertig saniert sein. Doch noch immer ist das Rondell am Halleschen Tor eine Dauerbaustelle. (taz)

Der Mehringplatz selbst, gerahmt von zwei konzentrischen Gebäuderingen im Sichtbeton-Stil der 70er, ist weiterhin mit einem Bauzaun abgesperrt. Der Blick fällt auf Berge von Steinen und einige Baumaschinen, aber kaum Bauarbeiter. Die Baustelle macht einen beinahe aufgegebenen Eindruck, die Spontanvegetation, die im Sommer üppig auf den Sandhügeln sprießte, ist jetzt im Winter braun und struppig.

Seit Anfang 2019 wird die gesamte Anlage erneuert, die Maßnahme ist Teil des „Sanierungsgebiets Südliche Friedrichstadt“. Das 2017 auch zum Milieuschutzgebiet erklärte Viertel gilt als schwieriges städtebauliches Erbe, die wirtschaftliche Situation vieler AnwohnerInnen ist prekär, es gab und gibt Probleme mit Drogenkonsum und Verwahrlosung. Bis Ende 2020 sollte nun eigentlich der öffentliche Raum auf Vordermann gebracht sein, mit einladenden Grünflächen, moderner Beleuchtung und neuem Mobiliar. So hatte man es den AnwohnerInnen mitgeteilt.

Probleme aus dem Untergrund

Aufgegangen ist der Plan nicht. Ein ganzes Jahr ist man nun schon hintendran, und es werden mindestens noch drei Monate ins Land gehen, teilt das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg der taz mit, jedenfalls wenn das Wetter mitspielt. Daran ist im Übrigen nicht Corona schuld, vielmehr kamen die Probleme aus dem Untergrund: Die Statik des Bahnhofs Hallesches Tor der U6 unter dem Platz sei weniger tragfähig gewesen als ursprünglich von der BVG mitgeteilt. Erst im vergangenen Sommer habe man eine technische Lösung dafür gefunden.

Es ist nicht die erste Verzögerung an dieser Stelle: Der Umbau hatte – nach einem städtebaulichen Wettbewerb im Jahr 2015 – eigentlich schon 2017 starten sollen. Dann aber stellte sich heraus, dass die beauftragte Firma deutlich mehr Geld wollte. Es dauerte noch einmal zwei Jahre, bis der Senat nunmehr 5,9 Millionen Euro bewilligte, 2 Millionen mehr als anfangs vorgesehen. Es gibt aber noch akutere Probleme, die mit der Bausubstanz rund um den Platz zu tun haben.

In der Friedrichstraße 1–3, einem grauen Kasten, der die Ringbauten am Platz mit dem Hochhausriegel an dessen Rand verbindet, betreibt die Kreuzberger Musikalische Aktion e.V. (KMA) seit 15 Jahren das „Intihaus“ (Integrationshaus) sowie die „KMAntenne“, die mit Proberäume für Kinder- und Jugendbands biete. Der Verein ringt laut Vorstandsmitglied Wolfhard Schulze schon seit Jahren mit dem Bezirksamt um seine Zukunft an diesem Ort, denn dieses will hier ein Stadtteilzentrum aufbauen. Einer schnellen Lösung standen bislang die hohen Sanierungskosten für das Gebäude entgegen.

Stand der Dinge sei bis vor Kurzem gewesen, dass der Pachtvertrag der KMA zum Jahresende auslaufe, so Schulze – Anfang Dezember habe es dann aber geheißen, dass es erst einmal mit Mietverträgen weitergehen könne. Zeit zum Aufatmen war trotzdem keine, denn der bezirkliche Hochbauservice kam vorbei: „Die haben eine Begehung für ein Brandschutzgutachten gemacht und dann gesagt, dass wir das Ding schließen müssen“, berichtet Schulze.

Ob es wirklich so schlimm kommt, wird sich spätestens Mitte Januar erweisen, da soll das Gutachten vorgelegt werden. Schulze klagt derweil über die mangelnde Kommunikation auch innerhalb der Bezirksverwaltung – am Ende wisse die eine Hand oft nicht, was die andere tut, und seit zwei Wochen sei auch nicht mehr Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne), sondern Schulstadtrat Andy Hehmke (SPD) für das bezirkliche Facility Management zuständig. Wie auch immer: Vorläufig war für Schulze „Weihnachten voll versaut. Die Vorstellung, dass wir dann in Coronazeiten alle auf der Straße sitzen, ist widerlich. Ich kann das nur verdrängen.“

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