Nachrichten in der Coronakrise: Begrenzte Impfpflicht beschlossen

Der Bundestag hat eine erste begrenzte Corona-Impfpflicht für Gesundheitspersonal beschlossen. Niedersachsen verschärft Maßnahmen an Weihnachten.

Eine Person liegt in einem Klinikbett umgeben von zwei Mediziner:innen

Überlast: Behandlung eines Patienten auf einer Intensivstation Foto: Jens Büttner/dpa

Niedersachsen verschärft Maßnahmen an Weihnachten

In Niedersachsen soll es von Heiligabend bis zum 2. Januar landesweit verschärfte Corona-Maßnahmen geben. Dann müssen etwa Diskotheken schließen und es sind nur Veranstaltungen mit weniger Menschen erlaubt. Das kündigte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Freitag in Hannover an. „Ich bin wirklich einigermaßen, ich muss sagen beunruhigt über das, was Anfang des Jahres auf uns zukommen kann. Wir müssen uns alle immer wieder daran erinnern, dass wir ganz persönlich eine Verantwortung haben, jetzt auch in dieser schwierigen Phase der Pandemie gut in Niedersachsen durchzukommen, so wie wir das bis jetzt immer geschafft haben“, so Weil.

Zudem wird die Präsenzpflicht an Niedersachsens Schulen vor Weihnachten aufgehoben. Vom 20. Dezember an und damit drei Tage vor Ferienbeginn könnten die Schülerinnen und Schüler auf Antrag der Eltern vom Unterricht befreit werden, kündigte die Landesregierung an. Einen Anspruch auf Distanzlernen gebe es an diesen Tagen nicht. Die Ferien sollen aber wie geplant am 23. Dezember beginnen und bis zum 7. Januar dauern.

Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) erklärte, die Möglichkeit zur Unterrichtsbefreiung werde für Eltern eingeräumt, die wegen noch nicht vollständig geimpfter oder geboosterter Familienmitglieder und Angehörigen aus Risikogruppen einen weitergehenden Schutz zum Weihnachtsfest benötigen. Die Befreiung könne formlos beantragt werden, jedoch nur für alle drei Tage am Stück. (dpa)

Gericht gestattet Friseurbesuch

Wer in Niedersachsen nicht gegen das Coronavirus geimpft oder von einer Covid-Infektion genesen ist, darf nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Lüneburg nicht vom Besuch beim Friseur ausgeschlossen werden. Die derzeitige 2G-plus-Regel bei körpernahen Dienstleistungen sei unangemessen und unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens im Bundesland keine notwendige Schutzmaßnahme, teilte das Gericht am Freitag mit. Es bezog sich auf die körperpflegerischen Grundbedarfe, wozu etwa der Besuch beim Friseur oder der Fußpflege zählten. (dpa)

Japans CO2-Emissionen sinken in Pandemie auf Rekordtief

In Japan sind die Treibhausgas-Emissionen im Zuge der Corona-Pandemie auf ein Rekordtief gesunken. In dem im März 2021 zu Ende gegangenen Haushaltsjahr reduzierte sich der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen um gut fünf Prozent auf knapp 1,15 Milliarden Tonnen, wie am Freitag aus vorläufigen Zahlen des Umweltministeriums in Tokio hervorging. Das ist der niedrigste Wert, seit Japan 1990 mit der Aufzeichnung begann. Das Umweltministerium sah dennoch keinen Grund zur Zufriedenheit: „Wir können kaum behaupten, dass der Rückgang 2020 ganz auf unseren Kampf gegen die Klimawandel zurückgeht,“ sagte Yoshiteru Sakaguchi, ein Vertreter des Ministeriums, vor Journalisten. Schließlich habe die Corona-Pandemie die Industrieproduktion und damit den Energiebedarf gedämpft. (rtr)

Bundestag beschließt erste begrenzte Corona-Impfpflicht

Im Kampf gegen die Coronapandemie hat der Bundestag eine erste begrenzte Impfpflicht für Gesundheitspersonal und weitere Krisenregelungen beschlossen. Für das Gesetz der Ampel-Koalition von SPD, FDP und Grünen stimmten am Freitag 571 Abgeordnete. Mit Nein votierten 80 Abgeordnete, 38 enthielten sich. Am Nachmittag soll darüber auch noch der Bundesrat in einer Sondersitzung abschließend entscheiden.

Konkret sollen Beschäftigte in Einrichtungen mit schutzbedürftigen Menschen wie Pflegeheimen und Kliniken bis 15. März 2022 Nachweise als Geimpfte oder Genesene vorlegen müssen. Neben Ärzten sollen künftig befristet auch Apotheken, Zahnärzte und Tierärzte mitimpfen können. Ergänzt und verlängert werden sollen Möglichkeiten für die Länder zu regional härteren Corona-Beschränkungen. (dpa)

Präsenzunterricht hat weiterhin höchste Priorität

Die Mi­nis­te­r:in­nen der Länder haben ihren Kurs für offene Schulen in der Coronapandemie bekräftigt. Der kontinuierliche Präsenzunterricht habe für sie weiterhin höchste Priorität, um das Recht der Kinder und Jugendlichen auf Bildung und Teilhabe zu gewährleisten, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK). Die KMK hatte am Vortag über die aktuelle Coronalage an den Schulen beraten. In der vergangenen Woche waren laut Daten aus den Ländern mehr als 100.000 Corona-Infektionen bei Schülerinnen und Schülern bekannt. Insgesamt gibt es rund 11 Millionen Schüler in Deutschland.

„Das Offenhalten der Schulen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, heißt es in dem Beschluss weiter. Nach den umfangreichen Schulschließungen im letzten und vorletzten Schuljahr müssten nun Erwachsene Verantwortung übernehmen und die verschärften Regeln im öffentlichen Leben konsequent einhalten. „Wo notwendig, müssen weitere Kontakt- und Zugangsbeschränkungen für ungeimpfte Erwachsene einen zusätzlichen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten.“

Beschlossen wurden von der KMK zudem Maßnahmen gegen den Lehrkräftemangel, Empfehlungen für die Weiterentwicklung des Unterrichts in einer digitalisierten Welt und ein Programm zur Verbesserung der Fortbildung und der Unterrichtsqualität im Fach Mathematik. Damit werde darauf reagiert, dass nur knapp die Hälfte aller Jugendlichen die mathematischen Kompetenzen erreiche, die die KMK in ihren Regelstandards festgelegt habe. (dpa)

Inzidenz bei 413,7

Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist im Vergleich zum Vortag leicht gesunken. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Freitagmorgen mit 413,7 an.

Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 422,3 gelegen. Vor einer Woche lag die bundesweite Inzidenz bei 442,1 (Vormonat: 232,1). Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 61.288 Coronaneuinfektionen. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 05.02 Uhr wiedergeben. Vor genau einer Woche waren es 74.352 Ansteckungen.

Die Corona-Zahlen zeigen, dass sich der Trend nach unten verstärkt. Der 7-Tage-Mittelwert sinkt auf 53.137, das sind 1.866 weniger als am Vortag. Einen größeren absoluten Rückgang hat es überhaupt erst einmal gegeben. Allerdings relativiert sich das, weil wir unverändert auf einem besorgnierregend hohen Level sind. Da führen selbst kleinere Ausschläge zu größeren absoluten Veränderungen. Der 7-Tage-Mittelwert liegt am Freitag 7,3 Prozent unter dem Level vor einer Woche. Die Kurve knickt leicht nach unten.

Bei der Bewertung des Infektionsgeschehens ist zu bedenken, dass Experten derzeit von einer merklichen Untererfassung ausgehen. Gesundheitsämter und Kliniken kommen demnach mit der Meldung von Fällen zumindest in einzelnen Regionen nicht mehr hinterher.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Deutschlandweit wurden nach den neuen Angaben binnen 24 Stunden 484 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 390 Todesfälle. Der 7-Tage-Mittelwert klettert auf 346,9, das sind 16,1 Prozent mehr als vor einer Woche. Das Wochenwachstum dieses Wertes nimmt zudem seit 3 Tagen wieder zu. Die Kurve zeigt steil nach oben.

Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 6.423.520 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden. (dpa/taz)

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Pläne für neue Coronamaßnahmen der Regierung

Im Kampf gegen die Coronapandemie sollen Bundestag und Bundesrat an diesem Freitag eine erste begrenzte Impfpflicht und weitere Krisenregelungen beschließen. Die Gesetzespläne der neuen Koalition von SPD, FDP und Grünen sehen vor, dass Beschäftigte in Einrichtungen mit schutzbedürftigen Menschen wie Pflegeheimen und Kliniken bis Mitte März 2022 Nachweise als Geimpfte oder Genesene vorlegen müssen. Neben Allgemein- und Fachärzten sollen auch Apotheken und Tierärzte mitimpfen können. Ergänzt und verlängert werden sollen Möglichkeiten für die Länder zu regional härteren Beschränkungen.

Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte am Donnerstagabend gemeinsame Anstrengungen mit den Ländern für eine deutliche Beschleunigung der Impfungen an. Mit Blick auf die neue Virusvariante Omikron sagte er nach einer Schaltkonferenz mit den Regierungschefs, es sei nun umso dringender, dass möglichst viele eine Auffrischimpfung bekämen. Gleichzeitig machten Bund und Länder deutlich, dass es keine zusätzlichen Beschränkungen über die Weihnachtsfeiertage geben, die Lage aber beobachtet werden soll. Nächste Woche soll ein Expertenrat auch genauere Einschätzungen zu Omikron geben, wie der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, der Nordrhein-Westfale Hendrik Wüst (CDU), sagte. Wenn nötig, solle dann agiert werden.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte das Bekenntnis zur Intensivierung der Impfungen, vermisste aber eine Entscheidung über den Umfang einer vollständigen Impfung. „Die vom neuen Bundesgesundheitsminister aufgeworfene Frage, ob für den 2G-Status zukünftig drei Impfungen erforderlich sind, wurde nicht entschieden“, kritisierte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg in der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Freitag). „Das ist bedauerlich, denn so hätte ein deutlicher Anreiz für die Booster-Impfung gesetzt werden können.“

Der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, der Bayer Klaus Holetschek (CSU), sagte dem TV-Sender Welt: „Im Moment spricht viel dafür, dass man erst nach drei Impfungen vollständig geimpft sein wird.“ Die Fachminister würden am Montag oder Dienstag darüber reden.

Lauterbach hatte im ZDF gesagt: „Die Impfung ist nur abgeschlossen, wenn man dreimal geimpft wurde.“ Das sei die neue Realität, um vor der Omikron-Variante einigermaßen geschützt zu sein.

Allerdings gab es am Abend einen Bericht über Omikron-Infektionen trotz dritter Impfung. Dies soll nach einer Untersuchung bei sieben Deutschen in Südafrika der Fall gewesen sein, wie Wolfgang Preiser, Mitglied des Forschungskonsortiums, das die Variante entdeckt hat, dem Berliner „Tagesspiegel“ (Freitag) sagte. Aber: „Das darf man natürlich nicht falsch verstehen, dass die Impfung nicht helfe.“ Auch die Hersteller Biontech/Pfizer gehen davon aus, dass ihr Impfstoff weiterhin vor einer schweren Erkrankung schützt.

Bis März wollen sie – unter Vorbehalt der behördlichen Genehmigung – einen an die Omikron-Variante angepassten Impfstoff bereitstellen. Das Bundesgesundheitsministerium arbeitet derzeit an der Beschaffung, wie Lauterbach in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ sagte. Die laufe auf EU-Ebene wie auch in bilateralen Gesprächen. Er ging zudem davon aus, dass die bis Weihnachten angestrebte Zahl von 30 Millionen Erst-, Zweit- und Auffrischimpfungen auch nicht ausreichen wird.

Das Robert Koch-Institut (RKI) riet im neuen Wochenbericht trotz des leichten Rückgangs der Neuinfektionen zu stärkeren Anstrengungen gegen die Pandemie. Die hohe Infektionsgefahr bleibe angesichts der großen Fallzahl weiter bestehen, hieß es am Abend. „Nur durch eine Intensivierung der kontaktbeschränkenden Maßnahmen und rasche Erhöhung der Impfraten kann die Situation verbessert werden.“

Die neuen Ampel-Gesetzespläne sollen beides (wieder) ermöglichen. Sie sollen zunächst im Bundestag beschlossen werden und direkt im Anschluss auch in der Länderkammer. Ein Überblick:

■ Spezial-Impfpflicht: Beschäftigte in Einrichtungen wie Kliniken, Pflegeheimen und Arztpraxen sollen bis Mitte März 2022 Nachweise über vollen Impfschutz oder eine Genesung vorlegen müssen – oder eine Arzt-Bescheinigung, dass sie nicht geimpft werden können. Neue Beschäftigte brauchen das ab dann von vornherein.

■ Mehr Impfungen: Über Ärzte hinaus sollen befristet auch Apotheker, Tier- und Zahnärzte Menschen ab 12 Jahren impfen dürfen. Voraussetzung sollen eine Schulung und geeignete Räumlichkeiten oder Einbindungen in mobile Impfteams sein.

■ Regionale Maßnahmen I: Bei sehr kritischer Lage können die Länder, nach einem Parlamentsbeschluss, schon härtere Vorgaben für Freizeit oder Sport anordnen – aber nach einem ersten Ampel-Gesetz keine Ausgangsbeschränkungen oder pauschale Schließungen von Geschäften und Schulen. Nun soll präzisiert werden, dass Versammlungen und Veranstaltungen untersagt werden können, die keine geschützten Demonstrationen sind – besonders im Sport mit größerem Publikum. Klargestellt wird, dass Schließungen etwa der Gastronomie möglich sind – aber nicht von Fitnesscentern und Schwimmhallen.

■ Regionale Maßnahmen II: Einzelne Länder hatten kurz vor Ende der „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ am 25. November noch auf dieser alten Rechtsgrundlage umfassendere härtere Maßnahmen beschlossen. Diese können bisher bis 15. Dezember in Kraft bleiben. Laut jüngstem Entwurf soll die Frist bis 19. März verlängert werden.

■ Testpflichten: Für Beschäftigte und Besucher in Arztpraxen, Kliniken und Pflegeheimen wurden schon Testpflichten festgelegt. Nun soll laut Entwurf präzisiert werden, dass Patienten und „Begleitpersonen, die die Einrichtung oder das Unternehmen nur für einen unerheblichen Zeitraum betreten“ nicht als Besucher gelten – also Eltern beim Kinderarzt oder Helfer bei Menschen mit Behinderung.

■ Kliniken: Kliniken sollen wieder Ausgleichszahlungen erhalten etwa für frei gehaltene Betten oder Belastungen durch Patientenverlegung.

■ Kurzarbeitergeld: Ein Aufstocken des schon bis Ende März verlängerten Kurzarbeitergelds soll ermöglicht werden. Demnach sollen ab dem vierten Bezugsmonat 70 Prozent der Nettoentgeltdifferenz gezahlt werden – wenn ein Kind im Haushalt lebt, 77 Prozent. Ab dem siebten Bezugsmonat sind 80 und mit Kind 87 Prozent geplant. Dies soll für Beschäftigte gelten, die bis zum 31. März 2021 während der Pandemie einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld hatten. Außerdem sollen die Beschäftigten, die seit April 2021 erstmals in Kurzarbeit gegangen sind, für die Zeit von Januar bis März 2022 einen Anspruch auf die erhöhten Leistungssätze erhalten. (dpa)

Studie zu 29 Ländern: Deutschland recht krisenfest in der Pandemie

In der Coronapandemie haben sich Demokratie, Staat und Verwaltung, Wirtschaft und soziale Sicherung einer Analyse zufolge in Deutschland als robust erwiesen. Die Bundesrepublik schneide bei der Krisenfestigkeit im internationalen Vergleich unter 29 Industrieländern gut ab, liege nach Schweden und Neuseeland in der Spitzengruppe, hieß es in einer Studie der Bertelsmann Stiftung. Dafür waren 94 Indikatoren von Februar 2019 bis Januar 2021 – also im ersten Coronajahr – untersucht worden, mehr als 70 Experten hatten Länderberichte erstellt. Berücksichtigt wurden Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) und Länder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Dennoch gebe es auch hierzulande erhebliche Defizite, die neue Ampelregierung müsse bei Digitalisierung und Krisenvorsorge einen Neustart angehen, forderten die Studienautoren am Freitag in Gütersloh. Bewertet wurden die drei Säulen Widerstandsfähigkeit der Demokratie, Organisation des Krisenmanagements von Politik und Behörden sowie drittens die Robustheit von Wirtschaft und Sozialstaat in der Pandemie.

Im Teilbereich Demokratie-Robustheit erhielten Polen, Ungarn und die Türkei die schlechtesten Noten. „Dort nutzen Regierungen die Pandemie, um Bürgerrechte auf Dauer einzuschränken.“ Es zeigte sich, dass es in Staaten, in denen demokratische Werte wie Freiheit der Medien, Unabhängigkeit der Justiz oder Bürgerrechte schon vor der Krise gefährdet waren, weitere „besorgniserregende Rückschritte“ gab, wie die Erhebung betonte. In den allermeisten Ländern seien die Parlamente ins Krisenmanagement schlecht eingebunden gewesen, vor allem wegen des hohen Zeitdrucks. Deutschland kam hier zusammen mit Portugal auf Platz 6.

Beim Krisenmanagement – bewertet mit Rang 5 – habe es auch in der Bundesrepublik im ersten Pandemie-Jahr wegen Kompetenzgerangels gehakt, bilanzierte die Untersuchung. So hätten sich etwa bei Kontaktnachverfolgung und Daten-Management viele Schwächen gezeigt, sagte Studienautor Christof Schiller der Deutschen Presse-Agentur. Es brauche mehr Transparenz. Es gehe um schnelle und anschauliche Vermittlung von Daten an die Bürger. „Damit sie gut informiert sind und die Akzeptanz der vielen einschränkenden Maßnahmen erhöht wird.“ Aus der Zivilgesellschaft müssten mehr Experten bei politischen Entscheidungen hinzugezogen werden – Gewerkschaften, Arbeitgeber, Umwelt- oder auch Sozialverbände.

Zunächst habe sich unter den politischen Akteuren eine recht gute Kompromissfähigkeit gezeigt, die dann aber bröckelte, meinte Schiller. „Die Profilierung der jeweiligen Länder-Regierungen wurde wichtiger, der Bund-Länder-Grundkonsens nahm ab.“ Man sehe hier eine „Baustelle“, beim koordinierten Vorgehen müsse Deutschland besser werden. Es brauche zudem vorausschauende Politikansätze.

Die schleppende Digitalisierung habe auch den Bildungsbereich getroffen. Bei der Krisenanfälligkeit des Schulsystems schneide die Bundesrepublik mit Rang 15 eher schlecht ab. Hier gebe es hohen Reformbedarf. Vor allem Schüler aus bildungsfernen Familien seien in den Homeschooling-Phasen kaum von den digitalen Angeboten erreicht worden, kritisierte Schiller.

Bei der dritten Säule sieht die Studie Deutschland insgesamt auf dem 2. Rang – in dem Unterbereich Wirtschaftspolitik dabei sogar auf dem internationalen Spitzenplatz. „Dank umfassender Kurzarbeiterregelung und solider Staatsfinanzen“, wie Wirtschaftsexperte und Co-Autor Thorsten Hellmann schilderte. Auch die sozialen Sicherungssysteme seien im ersten Pandemie-Jahr stabil geblieben. Zudem habe das starke Gesundheitssystem Deutschland unter deutlich günstigeren Vorzeichen in die Pandemie starten lassen als viele andere Staaten.

Laut Studie rangierten bei der Wirtschafts- und Sozialpolitik Japan und Frankreich im Mittelfeld, die USA im unteren Drittel, Mexiko bilde das Schlusslicht. Alle Staaten hätten sich in der Krise „massiv verschuldet.“ (dpa)

Lauterbach zur Impfpflicht: Verhängung von Bußgeldern unvermeidbar

Zur Durchsetzung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht setzt der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf Bußgelder. „Ins Gefängnis muss niemand“, sagte der SPD-Politiker dem „Spiegel“. „Aber die Verhängung von Bußgeldern ist unvermeidbar.“ Zur Höhe sagte er, man müsse mit Psychologen und Ökonomen reden, „ab wann Strafen eine Wirkung erzielen“. Wenn jemand nicht zahle, müssten die Bußgelder „empfindlich erhöht werden“. „Aber ich bin mir sicher, dass wir allein mit der Ankündigung der allgemeinen Impfpflicht schon sehr viele Menschen erreichen werden.“

Zahlreiche Politiker hatten sich zuletzt für eine allgemeine Impfpflicht gegen Corona ausgesprochen. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist dafür und hat angekündigt, dass der Bundestag darüber ohne die sonst übliche Fraktionsdisziplin abstimmen soll. Zunächst stimmt das Parlament an diesem Freitag aber über die Einführung einer Impfpflicht für Beschäftigte in Einrichtungen wie Kliniken und Pflegeheimen ab, diese sollen ab Mitte März Nachweise über vollen Impfschutz oder eine Genesung vorlegen müssen.

Der Gesundheitsminister warnte, es sei kaum zu verhindern, dass die neue Omikron-Variante des Coronavirus sich auch bei uns ausbreite. „Die Analysen von Expertinnen wie Sandra Ciesek und anderen zeigen alle in dieselbe Richtung: Mit der zweifachen Impfung haben wir einen sehr beschränkten Schutz gegen Infektionen, möglicherweise gar keinen mehr nach Monaten“, sagte er. „Dann wären die Ungeimpften und diejenigen ohne Boosterimpfungen im vollen Risiko in Bezug auf die Infektion.“ Wahrscheinlich bliebe ein Schutz gegen schwere Krankheit. „Deshalb brauchen wir unbedingt eine allgemeine Impfpflicht“, so Lauterbach.

Diese gehöre zu den zwei Dingen, „die uns aus dieser Krise herausführen können“ – das zweite sei eine erfolgreiche Boosterkampagne. „Gerade bei der Omikron-Variante könnte die Boosterimpfung besonders bedeutsam sein.“ (dpa)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.