Neues Regierungskabinett: Die FDP hat Grund zur Freude

Lindner macht Finanzen, Wissing Verkehr: Die Liberalen können vier bedeutende Ministerien besetzen. Inhaltlich wird es schwer für sie.

Zwei Männer in ähnichen Anzug und ohne Kravatte laufen auf einem weiten Platz entlang. Sie lächeln an der Kamera vorbei

Volker Wissing (links) und Christian Lindner Foto: Christoph Soeder/dpa

Die FDP hat allen Grund zur Freude. Der Koalitionsvertrag steht, die Ressortverteilung auch – und nach langer Spekulation ist endlich klar: Christian Lindner wird Finanzminister der nächsten Bundesregierung und damit der mächtigste Mann neben dem künftigen Kanzler Olaf Scholz. Robert Habeck hat offenbar den Kürzeren gezogen.

Als erste der drei Ampelparteien hat die FDP die Personalfragen des Kabinetts bereits am Mittwoch geklärt. Das Verkehrsministerium, das auch viele bei den Grünen gesehen haben, soll der jetzige FDP-Generalsekretär Volker Wissing leiten. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag, Marco Buschmann, wird Justizminister. Um Bildung und Forschung wird sich die Parlamentarische Geschäftsführerin Bettina Stark-Watzinger kümmern. Damit konnten die Freien Demokraten vier für sie bedeutende Ministerien besetzen.

Lindner hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er sich gerne um die Finanzen des Landes kümmern würde. Dieser Wunsch wurde dem FDP-Chef nun erfüllt – auch wenn es hoch verschuldeten europäi­schen Staaten graut vor einem deutschen Sparminister. Lindner sei „härter als Wolfgang Schäuble“, schrieb die griechische Tageszeitung Kathimerini am Mittwoch.

Ob er sich in diesem Amt gut behaupten kann, ist unklar. Wie angesichts der Coronapandemie und massiver Schulden die Schuldenbremse eingehalten werden soll und dennoch genügend Geld für Investitionen übrig bleibt, ist offen.

Welche Akzente setzt die FDP in den Ministerien?

Christian Lindner bringt seine Partei nun, anders als 2017, als er die Jamaika-Verhandlungen platzen ließ, wieder in Regierungsverantwortung.

FDP-Generalsekretär Volker Wissing, promovierter Jurist, der schon als Richter und Staatsanwalt arbeitete, kann immerhin auf Ampelerfahrung in Rheinland-Pfalz zurückblicken. Wissing war dort von 2016 bis 2021 Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau sowie stellvertretender Ministerpräsident. Auf Landesebene wird er auch von SPD und Grünen für seine verlässliche und konstruktive Art geschätzt.

Welche Akzente er als Verkehrsminister setzt, bleibt abzuwarten. Es gehe darum, die Balance zu wahren zwischen einer Klimaneutralität bei der Mobilität und den Bedürfnissen derjenigen, die auch künftig auf das Auto angewiesen seien, erklärte er am Mittwoch im Fernsehsender Phoenix. „Wir müssen den Bahnverkehr besser vertakten, brauchen einen Deutschland-Takt, und wir müssen gleichzeitig eine Ladesäulen-Infrastruktur aufbauen, die es jedem ermöglicht, mit Elektromobilität auch größere Strecken zurückzulegen“, sagte er.

Die Bildungsministerin ist eine Überraschungskandidatin

Der designierte Bundesjustizminister Marco Buschmann, 44, ist als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktionein ein wichtiger Vertrauter von Lindner. Buschmann ist ebenfalls Jurist und arbeitete als Rechtsanwalt bei einer internationalen Wirtschaftskanzlei. Von 2009 bis zum Ausscheiden der Liberalen 2013 kümmerte er sich im Bundestag um Rechtspolitik. Buschmann arbeitete in der Opposition mehrfach an gemeinsamen Anträgen seiner Fraktion mit Grünen und Linken, etwa bei der Wahlrechtsreform.

Dass nun Bettina Stark-Watzinger das Bildungsministerium übernimmt, kann die FDP als weiteren Erfolg für sich verbuchen. Ab 2018 war die Hessin zwei Jahre Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag, danach wurde sie Parlamentarischen Geschäftsführerin. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Frankfurt und Mainz war sie bei einer Bank tätig. Daneben bekleidete sie verschiedene Funktionen in der hessischen FDP, deren Vorsitzende die 53-Jährige seit März ist. Über ihre Pläne bei Bildung und Forschung ist bisher wenig bekannt. Aber die FDP betont stets, dass das „Aufstiegsversprechen“ erneuert werden muss. (mit afp)

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