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„Das waren über 10.000 Schnipsel“

Die Ausstellung „Brandspuren“ in Oldenburg zeigt Kinoplakate aus dem Reichsfilmarchiv

Claus Spitzer-Ewersmann

63, Journalist, ist Geschäftsführer der Agentur Mediavanti.

Interview Wilfried Hippen

taz: Herr Spitzer-Ewersmann, wo kommen die Filmplakate her, die Sie im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte zeigen?

Claus Spitzer-Ewersmann: 1943 hat das Reichsfilmarchiv seine Bestände in den Salzstock von Grasleben bei Helmstedt gebracht. Das Material wurde 430 Meter unter der Erde abgelegt. Es gab dann einen Brand, bei dem viel vernichtet oder beschädigt wurde. Mitte der 1980er war jemand von der deutschen Kinemathek da unten und hat einen Teil des Materials raufgeschleppt. Es lag dann drei Jahrzehnte lang nur herum, weil kein Geld da war. Erst 2013 wurde mit der Restaurierung begonnen.

Man hätte sie ja auch „schöner“ wiederherstellen können. Warum sieht man auf den Plakaten die Schäden und Leerstellen?

Die Geschichte hat sich in die Plakate eingebrannt. Bei der Restauration hat man die Risse nicht übertüncht, sondern sie bewusst erkennbar gelassen. Das Ziel war keine Verschönerung, sondern das zu zeigen, was gefunden wurde. Das waren ja über 10.000 Schnipsel, aus denen dann wie bei einem riesigen Puzzle für 70 Plakate die Teile zusammengesucht wurden.

Nun ist das ein Fund aus der Nazizeit. Ist da auch Propaganda dabei?

Nein. Das älteste Plakat ist von dem Stummfilm „Pro Domo“ aus dem Jahr 1916 und das letzte aus dem Jahr 1932. Das Reichsfilmarchiv war damals weltweit einzigartig, weil dort das gesamte deutsche Filmschaffen gesammelt wurde. Die Nazis haben es später zu einer Filmprüfstelle, also einem Propagandainstrument umgeschmiedet.

Was für Filme wurden denn mit diesen Plakaten beworben?

Die bekannten Klassiker aus der Zeit wie „Caligari“ sind da nicht dabei. Stattdessen sind es Filme, die in den Kinos in diesen Jahren gezeigt wurden. Also eher der Durchschnitt.

Warum soll man da hingehen?

Dies ist ein Geschichtsunterricht in Bildern. Es gibt ein Schulprojekt, bei dem 15- und 16-Jährige für ein junges Publikum eine Führung durch die Ausstellung konzipiert haben. Und man kann sehen, wie damals solch ein Plakat entworfen wurde. Die Schriften und auch das, was draufsteht, sind ganz anders als heute. Ich finde es spannend, wie viel sich da in 100 Jahren verändert hat.

„Oldenburger Plakatherbst: Brandspuren“: Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Oldenburg, täglich außer Mo, 10–18 Uhr, bis 12. 12. Es gilt die 2G+-Regel

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