Verfassungsschützer zeigt BVB-Profi an: Üble Nachrede?

Der Sprecher des Hamburger Verfassungsschutzes hat den Fußballer Jude Bellingham angezeigt. Dieser hatte einen umstrittenen Schiedsrichter kritisiert.

Marco Haase

Pressesprecher beim Hamburger Verfassungsschutz und Schiedsrichter: Marco Haase Foto: LfV Hamburg

HAMBURG taz | Wenn sich Hamburger Ver­fas­sungs­schüt­ze­r:in­nen mal wieder in politische Debatten einzumischen meinen, ist das für viele linke Ak­ti­vis­t:in­nen immer wieder ein Grund zur Aufregung. Schließlich warnt das Landesamt dann vollkommen zu Unrecht vor der linken Gefahr oder aber verharmlost die rechte zu sehr, so der Vorwurf.

Am letzten Wochenende jedoch hatten Ak­ti­vis­t:in­nen Ruhe davor. Stattdessen hat sich ein Hamburger Verfassungsschützer überraschend in den Profifußball der Männer eingemischt. Marco Haase, Pressesprecher des Hamburger Landesamts, hat gegen den Profifußballer Jude Bellingham von Borussia Dortmund Strafanzeige gestellt. Haase wolle damit ein Zeichen für Fair-Play setzen.

Am Samstagabend spielte der FC Bayern gegen Borussia Dortmund im Spitzenspiel der 1. Fußball-Bundesliga. Felix Zwayer pfiff die Partie und hatte mit einer umstrittenen Entscheidung dem FC Bayern einen spielentscheidenden Strafstoß zugesprochen: Der verwandelte Elfmeter kurz vor Spielschluss sorgte für den 3:2-Sieg der Münchener. Das brachte den Dortmunder Spieler Bellingham nach Abpfiff in Rage. Er warf Zwayer indirekt vor, das Spiel verschoben zu haben.

Haase brachte dieser Vorwurf wiederum dazu, auf dem juristischen Weg tätig zu werden. „Diese Äußerung erfüllt alternativ oder kumulativ die Straftatbestände der Beleidigung, üblen Nachrede und Verleumdung“, meint Haase. Noch am späten Samstagabend stellte er deswegen Strafanzeige, berichtete zuerst die Uelzener Allgemeine Zeitung. „Ich habe die Strafanzeige als Privatperson gestellt“, sagt Haase.

In der Freizeit Schiedsrichterbeobachter

Haase ist nicht nur Sprecher des Verfassungsschutzes, sondern auch Fußballschiedsrichter. Er pfiff lange Zeit für den SV Holdenstedt (Kreis Uelzen). Mittlerweile ist er in seiner Freizeit als Schiedsrichterbeobachter für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) tätig. Auch lehrt er in Niedersachsen das Schiedsrichter-Handwerk.

„Diese Aussagen treffen alle Unparteiischen bis zur Basis auf Kreisebene, die Woche für Woche unterwegs sind und dafür sorgen, dass der Spielbetrieb aufrecht erhalten wird und es fair auf unseren Sportplätzen zugeht“, erklärt Haase.

Allerdings bleibt dabei unerwähnt, dass der 18-jährige Bellingham auf eine wichtige Vorgeschichte in Zwayers Schiedsrichterlaufbahn hingewiesen hatte – was auch kürzlich der ehemalige Schiedsrichter Manuel Gräfe tat, gegen den Haase nun ebenfalls Strafanzeige stellte: Zwayer war nämlich im Skandal um den Schiedsrichter Robert Hoyzer verwickelt, der Spiele gegen Geld manipulierte.

Beide leiteten im Gespann mehrfach Spiele, so auch 2004 zwischen dem Wuppertaler SV und der zweiten Mannschaft von Werder Bremen. Wie der DFB später bekannt gab, habe Hoyzer Zwayer Geld gegeben, „um fehlerhafte Entscheidungen zugunsten des Wuppertaler SV zu treffen“. Das Geld nahm Zwayer an, manipuliert habe er die Partie laut DFB allerdings nicht.

Von der Schill-Partei zum Verfassungsschutz

Zu dieser Zeit war Haase wiederum noch nicht Verfassungsschützer, dort ist er seit elf Jahren. Er ist gelernter Journalist, hatte zuvor aber als Pressesprecher in Hamburg gearbeitet: Von November 2003 bis September 2007 war er Sprecher der Innenbehörde und wurde dort später über Umwege auch Referatsleiter, verrät der Verfassungsschutz auf seiner Website.

Was er dort nicht in den Lebenslauf aufgenommen hat: Haases erste Station im Hamburger Politbetrieb. Bis 2003 war er Sprecher der Bürgerschaftsfraktion der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, die vom Rechtspopulisten Ronald Schill gegründet worden war.

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