: Das Überleben auf der Straße wird noch schwerer
In der Pandemie verschlechtert sich erneut die Lage der Wohnungs- und Obdachlosen – besonders wer einen Hund hat, findet nur schwer einen Schlafplatz
Klaus-Dieter Gleitze, Armutskonferenz
Die Coronakrise hat die Lage der obdach- und wohnungslosen Menschen in Niedersachsen und Bremen verschlechtert. Viele haben wegen der Pandemie weniger Möglichkeiten, zeitweise bei Freunden und Verwandten unterzukommen, sagte der Geschäftsführer der Landesarmutskonferenz Niedersachsen, Klaus-Dieter Gleitze. Auch öffentliche Angebote, sich in beheizten Räumen aufzuhalten, sind begrenzt, da zum Beispiel Mindestabstände eingehalten werden müssen. Mancherorts werden zusätzliche Räumlichkeiten eingerichtet.
So sollen Obdachlose in Hannover ab Mittwoch einen neuen Tagesaufenthalt in der Notschlafstelle Alter Flughafen 12 bekommen, wie eine Stadtsprecherin sagte. Bis zu 50 Menschen können sich dort aufhalten. Der Tagesaufenthalt soll die Notschlafstelle ergänzen. Menschen können sich durchgängig dort aufhalten, duschen, Wäsche waschen, warme Getränke und Brötchen bekommen. Die Stadt verwies darauf, dass es weitere Übernachtungsmöglichkeiten für Bedürftige gibt und das Angebot ausgebaut werden solle.
Aus Sicht der Landesarmutskonferenz braucht Niedersachsen dringend mehr menschenwürdige Wohnmöglichkeiten für Menschen in prekären Situationen. „Massenunterkünfte sowie die derzeitigen Standards der Unterbringung sind nicht mit der Würde des Menschen vereinbar“, hieß es. Die Organisation fordert Land und Kommunen auf, Hotels anzumieten oder anderweitig Wohnmöglichkeiten zu schaffen. „Wohnen ist mehr als ein Dach überm Kopf. Jeder Mensch braucht einen sicheren (Rückzugs-)Ort.“ Nach Schätzungen gibt es in Niedersachsen über 50.000 Wohnungslose und mehr als 5.000 Obdachlose. Wohnungslose sind Menschen ohne eigenen Mietvertrag, Obdachlose haben gar keinen festen Wohnsitz.
Bedürftige haben weniger Möglichkeiten als andere, sich vor dem Virus zu schützen. So haben es Wohnungs- und Obdachlose mitunter schwer, an Tests und Impfungen zu kommen. „Sie sind häufiger von Vorerkrankungen betroffen und haben ein erhöhtes Risiko einer Erkrankung und eines schwereren Krankheitsverlaufs. Außerdem sterben sie eher an Covid-19“, so Gleitze. „Die Pandemie verstärkt massiv bestehende Ungleichheiten gerade für die Schwächsten der Schwachen.“
In Bremen haben nach Schätzungen des Sozialressorts etwa 600 Menschen keine Wohnung. „Die meisten von ihnen bringen wir unter“, sagte Sprecher Bernd Schneider. Ihm zufolge gehen bis zu 500 der Bedürftigen regelmäßig in Unterkünfte. Jeder, der einen Platz wolle, bekomme einen. Die Corona-Ansteckungszahlen sind demnach unter den Wohnungslosen relativ gering. „Sie nehmen auch Impfangebote wahr“, sagte Schneider.
Auswirkungen hat die Pandemie auch auf die Menge der Spenden, welche die Bedürftigen sammeln. Zudem sei das ehrenamtliche Engagement bei den Hilfsangeboten infolge der Krise zurückgegangen, sagt Schneider. Große Schlafräume gebe es in der Coronazeit in der Regel nicht, in Notunterkünften könne dies aber anders sein. Wohnungs- oder Obdachlose mit Hunden haben es aber schwer, einen Schlafplatz mit ihrem Tier zu bekommen. (dpa)
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