Höcke droht Strafverfolgung

Die Immunität des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke soll aufgehoben werden. Er hatte den SA-Wahlspruch „Alles für Deutschland“ bei einer Rede benutzt. Die Staatsanwaltschaft Halle hatte die Aufhebung beantragt

Von Gareth Joswig

Björn Höcke hatte sich am Mittwoch passenderweise entschuldigen lassen. Insbesondere nach der kurzfristig anberaumten Sitzung des Thüringer Landtags zur Coronakrise wäre es interessant geworden für den Thüringer AfD-Fraktionschef, der gleichzeitig das prominenteste Gesicht der völkischen AfD-Strömung ist. Denn bei einer ebenfalls außerplanmäßigen Sitzung des Justizausschusses im Anschluss sollte über die Aufhebung der Immunität des rechtsextremen AfD-Politikers entschieden werden.

Anlass dafür ist ein NS-Spruch, den Höcke in einer Wahlkampfrede am 29. Mai, kurz vor der Wahl in Sachsen-Anhalt, in Merseburg verwendet hatte. Gegen Ende seiner wie gewohnt völkischen Rede zitierte Höcke den Wahlspruch der nationalsozialistischen Sturm-Abteilung SA: „Alles für Deutschland“. Das könnte ähnlich wie das Zeigen von verfassungsfeindlichen Zeichen nun Folgen haben: Die Staatsanwaltschaft Halle hat laut Spiegel die Aufhebung von Höckes Immunität beantragt. Darüber muss der Justizausschuss befinden.

Die Pressestelle des Landtags äußerte sich auf Anfrage der taz nicht dazu, der Vorgang sei streng vertraulich. Bis Redaktionsschluss war nichts zum Ausgang des Verfahrens bekannt. Die Staatsanwaltschaft Halle bestätigte der taz den Antrag zur Aufhebung von Höckes Immunität. Erst wenn dieser Antrag positiv beschieden sei, könne man ein Ermittlungsverfahren prüfen, so die leitende Oberstaatsanwältin Heike Geyer zur taz. Höcke selbst äußerte sich bislang nicht.

Höckes Wahlkampfauftritt vor rund 250 Personen ist noch auf der Facebook-Seite der AfD Sachsen-Anhalt einsehbar und wurde begleitet von hörbarem antifaschistischen Gegenprotest von 350 Menschen. Vor Ort war damals auch der Grüne Fraktionschef aus Sachsen-Anhalt, Sebastian Striegel. Er war es auch, der nach Höckes Auftritt Anzeige erstattete. Striegel sagte dazu der taz: „Natürlich weiß Höcke als Geschichtslehrer genau um die Bedeutung dieses Satzes.“ Höcke habe den Ausspruch bewusst als Markierung und Erkennungszeichen im rechtsextremen Kontext genutzt, so Striegel: „Die AfD ist eine völkische, rechtsextreme Partei. Höcke ist der Hauptvertreter des aus meiner Sicht nicht tatsächlich aufgelösten Flügels“, sagt Striegel. Der Rechtsstaat müsse nun handeln, so Striegel, zumal es zur Strafbarkeit des SA-Wahlspruchs auch ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm gebe sowie eine Einschätzung des wissenschaftlichen Diensts des Bundestags. Strafbar ist laut dieser das Verwenden der SA-Losung „Alles für Deutschland“ im Rahmen einer Rede auf einer Versammlung.

Sogar der Verfassungsschutz stuft den Landesverband Thüringen mittlerweile als „erwiesen rechtsextrem“ ein, wie diese Woche bekannt wurde. Allein schon wegen personeller und inhaltlicher Entwicklungen sei die rechtsextreme Ausrichtung der AfD Thüringen belegbar, sagte Präsident Stephan ­Kramer.