Studie zu kultureller Teilhabe in Berlin: Zögerlichen Zugang zur Kultur

Die Berliner vermissten im Lockdown ihre Kultur, besagt eine Studie. Weil die Angst vor dem Virus nach wie vor groß sei, bleibe es bei der Sehnsucht.

Ein DJ legtam 9.08.2021 bei der 1. Langen Nacht des Impfens im Impfzentrum Arena in Berlin-Treptow auf

Zur Sicherung des Kulturbetriebs: DJ bei der Langen Nacht des Impfens in Berlin Foto: picture alliance/dpa/AFP POOL

BERLIN taz | Es ist gut, wenn geschaut wird, was die Menschen zur Kultur bringt. Zumal, wenn dabei noch genauer auf die unterschiedlichen Zugänge geblickt wird. Weil Kultur eben nicht nur Hoch-, sondern auch Kiezkultur sei, wie Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) gern sagt.

Am Dienstag wurde dazu eine Untersuchung des Berliner Instituts für Kulturelle Teilhabeforschung veröffentlicht. Die Einrichtung untersteht der Senatsverwaltung von Lederer und soll unter anderem evaluieren, ob Kulturangebote nicht nur von gut situierten und/oder gebildeten, sondern von breiten Bevölkerungsschichten angenommen werden (können).

Wobei einem beim Blick auf die Ergebnisse allerdings schon bange werden kann um die Kultur.

Zusammengefasst zeigt die Studie, dass die Kultur im Lockdown zwar vermisst wurde – dass die Sehnsucht nach ihr aber nicht so groß ist, dass dafür freiwillig gesundheitliche Risiken eingegangen würden. Es sei unter anderem deswegen zu befürchten, so die Schlussfolgerung, dass „nicht alle bisherigen Be­su­che­r*in­nen 1:1 wiederkommen werden“. Vor allem jene, die schon vor der Pandemie „wenig wahrscheinlich Kulturangebote besucht haben“, werden diese in naher Zukunft voraussichtlich noch weniger wahrnehmen.

Was verständlich wird, wenn man zum Beispiel das so erlebt wie vergangenen Samstag bei einer großen landeseigenen Berliner Bühne. Die Tickets für das ausverkaufte Stück sind personalisiert, die Vorgabe für den Besuch lautet 3G. Beim Eintritt wird immerhin überprüft, ob das Impfzertifikat auch von jener Person gezeigt wird, für die es ausgestellt wurde. Ob es auch gültig ist, interessiert aber genauso wenig wie die Frage, ob die Kar­ten­in­ha­be­r*in die gleiche ist wie auf dem Ticket vermerkt, sprich, die beim Kauf festgehaltenen Kontaktdaten für den Fall des Falles stimmen. Drinnen dann: keine Maskenpflicht trotz fast voll besetzten Saals.

Wer in diesen Tagen ins Theater oder Konzert geht, macht unterschiedliche Erfahrungen, wie es um die Kontrolle der Corona-Auflagen bestellt ist. Aber Beispiele wie das erwähnte dürften viele Menschen in ihrer Zurückhaltung beim öffentlichen Kulturgenuss bestärken.

Wer die Details der Studie anschaut, wird sich fragen, warum in Berlin überhaupt noch Aufführungen ausverkauft sind. Denn sie führt vier Verhaltenstypen an, die „die Stimmungslage der Ber­li­ne­r*in­nen in Bezug auf Kulturbesuche während der Pandemie greifbar machen“: „Besorgte“, „Vorsichtige“ und „Zurückhaltende“ umfassen fast 90 Prozent aller Besucher*innen; die „Unbekümmerten“ machen lediglich 12 Prozent aus. Aber selbst da unterstütze eine große Mehrheit die verpflichtenden Hygienemaßnahmen bei den Kulturveranstaltungen.

Die unweigerliche Schlussfolgerung daraus: Wer aus den drei erstgenannten Gruppen ein Theaterstück unter den anfangs geschilderten Bedingungen einmal erlebt hat, bleibt fortan lieber zu Hause.

Bleibt die Frage, ob die vom Berliner Senat am Mittwoch beschlossenen verschärften Auflagen daran etwas ändern können. Ab kommender Woche gilt 2G für so gut wie alle Drinnen-Veranstaltungen, egal ob Museum oder Theater, Konzert oder Kino, Restaurants oder Galerien. Damit wagt sich die noch amtierende rot-rot-grüne Koalition unter Michael Müller (SPD) im Bundesvergleich weit vor, wird aber wahrscheinlich in den nächsten Tagen von vielen anderen Bundesländern wieder eingeholt.

Kultursenator Lederer weiß aufgrund der Studie aber immerhin, dass die meisten Kulturfans diese Verschärfung mittragen werden.

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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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