Studie über den Meeresspiegel-Anstieg: Land unter im Norden
Laut einer neuen Studie über den Anstieg des Meeresspiegels wird Norddeutschland bald überflutet. Helfen können allerdings Deiche.
Die Forscher:innen ermittelten in der Studie die Zahl der Menschen, die jetzt und zukünftig in Gebieten leben, die unter dem Meeresspiegel liegen und damit besonders bedroht sind. In Vietnam etwa sind das weit über die Hälfte der Bevölkerung, wenn man von dem derzeit politisch anvisierten Temperaturanstieg von zwei Grad ausgeht. Weltweit würde dies 280 Millionen Menschen betreffen. Der Meeresspiegel würde in diesem Fall um durchschnittlich 4,7 Meter steigen.
In Hamburg würde solch ein Anstieg rund eine Viertelmillion Menschen betreffen, die dann unterhalb von Normal Null leben würde. In einer interaktiven Karten von Climate Central kann man die voraussichtliche Ausbreitung des Wassers in den unterschiedlichen Szenarien verfolgen. Auch große Teile von Bremen und Hamburg sind darin rot eingefärbt, würden also in einer zwei Grad wärmeren Welt vom Wasser verschluckt. Lüneburg und Verden wären dann Küstenstädte.
Bei einer globalen Temperaturerhöhung um vier Grad würde der Meeresspiegel sogar um 8,9 Meter steigen. Laut Bevölkerungsdaten von 2010 würden damit 627 Millionen Menschen in unter dem Meeresspiegel liegenden Regionen leben.
Lüneburg und Verden als Küstenstädte
Die Studie berücksichtigt in ihren Szenarien keine Maßnahmen, die die Küstenregionen in Zukunft vor dem näher kommenden Ozean schützen können und werden. Monika Rhein, Professorin für Ozeanographie an der Universität Bremen, ist zuversichtlich, dass die geplante Erhöhung der Deiche die Folgen des ansteigenden Meeresspiegels für norddeutsche Städte abmildern wird. „In den nächsten hundert Jahren werden wir hier ziemlich sicher keine Regionen aufgeben müssen.“
Bei den Inseln und Halligen sei das anders. Dort zu wohnen werde durch die steigende Zahl von extremen Wetterereignissen immer gefährlicher. „Zusätzlich zur Erhöhung des mittleren Meeresspiegels muss man Ereignisse wie Sturmfluten mit einberechnen“, so Rhein. Aktuellen Klimamodellen zufolge werden diese auch im Atlantik und der Nordsee zunehmen.
Deiche können die Städte künftig schützen – jedoch nicht vor anderen Extremwetterereignissen wie Hitzewellen. Auch diese werden Prognosen zufolge immer häufiger vorkommen.
Aufhalten lässt sich der ansteigende Meeresspiegel nicht. Denn einmal ausgestoßen, verbleibe CO2 laut Climate Central so lange in der Atmosphäre, dass es die Temperaturerhöhung Tausende von Jahren beeinflussen kann.
„Selbst wenn wir von heute auf morgen aufhören, CO2 auszustoßen, wird der Meeresspiegel ansteigen“, sagt auch Rhein. Im letzten Jahrzehnt habe sich der Meeresspiegel weniger durch die Erwärmung des Ozeanwassers erhöht, sondern vielmehr durch das Abschmelzen der Gletscher in Grönland und der Antarktis. Laut aktuellem Weltklimabericht erhöht sich die Durchschnittstemperatur in den Polregionen doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt.
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