Tobias Schulze über 3G-Regeln im Zugverkehr
: Kuriosum Bahn

Die öffentlichen geschlossenen Räume, zu denen der Zutritt ganz ohne Nachweis gestattet ist, werden weniger. Für den Arbeitsplatz ist coronabedingt eine 3G-Regel im Gespräch, für Gastronomie gilt mancherorts schon 2G, und vielleicht kommt für Veranstaltungen bald sogar 2G+ mit Zugang nur für Geimpfte und Genesene mit Test. Im Vergleich dazu ist der Zugverkehr in Deutschland mittlerweile fast schon ein Kuriosum: Stundenlang dürfen Menschen hier auf engem Raum zusammensitzen, ohne neben Ticket und Bahncard noch irgendein anderes Dokument vorzuzeigen.

Und das, obwohl zuletzt neben den Infektionsraten auch die Fahrgastzahlen gestiegen sind. Das Übertragungsrisiko wächst auch in der Bahn. Die neuen Vorstöße von SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach und des grünen Co-Vorsitzenden Robert Habeck, die am Wochenende 3G in Zügen gefordert haben, sind daher richtig, sogar überfällig. So eine Pflicht sei nicht durchsetzbar, führt zwar vor allem die Bahn oft als Gegenargument an. Die Erfahrungen mit der Maskenpflicht zeigen aber, dass es gehen kann. Einen Mund-Nasen-Schutz tragen zwar noch immer nicht alle Fahrgäste konsequent, ein Großteil aber doch. Neben individueller Einsicht tragen dazu Ansprachen durch das Bahnpersonal und Bußgelder bei Verstößen bei.

Zugegeben: Schaff­ne­r*in­nen kann nicht zugemutet werden, auch noch 3G-Nachweise zu kontrollieren. Der zeitliche Aufwand würde für sie ebenso ansteigen wie das Risiko von Attacken durch renitente Nachweisverweigerer. Dieses Problem ließe sich aber umgehen, indem die Bahnunternehmen nicht standardgemäß kontrollieren, sondern Stichproben durch Sicherheitspersonal mit empfindlichen Bußgeldern kombiniert werden. Wenn die Bahnbranche diesen Aufwand scheut, bleibt für einen besseren Infektionsschutz nur eine Alternative: eine Reservierungspflicht im Fernverkehr, um die Auslastung der Züge zu senken. Billiger käme den Unternehmen dieser Weg aber sicher auch nicht.

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