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Friedenspreis des Buchhandels„Die Stimme für die Stimmlosen“

Die geehrte Tsitsi Dangarembga fordert eine neue Aufklärung gegen Rassismus. Die Debatte über Meinungsfreiheit prägt auch die Preisverleihung.

Applaus für Tsitsi Dangarembga nach ihrer Rede in der Frankfurter Paulskirche Foto: Thomas Lohnes/epd-Pool/dpa

Frankfurt/Main dpa/epd/taz | Die Debatte über die Grenzen der Meinungsfreiheit bei der Frankfurter Buchmesse hat auch die Verleihung des Friedenspreises geprägt und zu einer kleinen Unterbrechung geführt. „Ich finde es schlimm und ich mache mir auch Sorgen, richtig große Sorgen, wenn ich lese, dass Autorinnen Angst haben, nach Frankfurt zu fahren, weil sie hier auf rechtsradikale Verlage und Autoren treffen könnten“, sagte Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) während seiner Rede in der Paulskirche am Sonntag.

„Sie wissen, wir stehen alle für die Freiheit des Wortes, und das ist ein hohes Gut.“ Aber, so sagte er auch: „Die Würde des Menschen ist das größte Gebot unserer Verfassung.“ Im kommenden Jahr sollten sich all diese Autorinnen sicher fühlen, auf die Buchmesse zu kommen. In Frankfurt sei Platz für Menschen aus 180 Nationen, aber kein Platz für Fremdenfeindlichkeit oder anderen Formen der Diskriminierung.

Der SPD-Politiker wurde plötzlich von Mirrianne Mahn unterbrochen, Stadtverordnete für die Grünen in Frankfurt, die ungeplanterweise auf die Bühne kam. Sie als schwarze Frau müsse auf ein Paradox hinweisen, begründete sie ihre Intervention. „Das Paradox ist, dass wir hier in der Paulskirche, der Wiege der Demokratie, einer schwarzen Frau den Friedenspreis verleihen, aber schwarze Frauen auf genau dieser Buchmesse nicht willkommen waren“, sagte sie. „Und ich sage ganz klar ‚nicht willkommen waren‘, weil nicht dafür gesorgt wurde, dass sie sich sicher fühlen. Das ist keine Meinungsfreiheit.“

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Die Frankfurter Buchmesse hatte eine Debatte über die Grenzen der Meinungsfreiheit ausgelöst. Zunächst hatte Jasmina Kuhnke („Schwarzes Herz“) hatte ihren Auftritt auf der Messe wegen der Anwesenheit des rechten Jungeuropa-Verlags abgesagt. Später waren weitere Autorinnen und Autoren gefolgt.

„Eine weithin hörbare Stimme Afrikas“

Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels wurde an Tsitsi Dangarembga, Autorin und Filmemacherin aus Simbabwe, verliehen. Die 62-Jährige verbinde in ihrem künstlerischen Werk ein einzigartiges Erzählen mit einem universellen Blick, sagte die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs, bei der Übergabe des Preises. Dangarembga sei „nicht nur eine der wichtigsten Künstlerinnen ihres Landes, sondern auch eine weithin hörbare Stimme Afrikas in der Gegenwartsliteratur“.

Mit ihrer besonderen Gabe als Autorin und Filmemacherin vermöge es Dangarembga, die Menschen zu bewegen und aufzurütteln, sagte Schmidt- Friderichs. Zudem kämpfe Dangarembga, die im Nordosten von Simbabwe geboren wurde, für Freiheits- und Frauenrechte sowie für die politische Veränderung im patriarchalischen System ihres Heimatlandes. Weil sie sich gegen Korruption engagiere, steht sie dort vor Gericht.

In ihrer Romantrilogie „This Mournable Body“, „The Book of Not“ und „Nervous Conditions“ beschreibe Dangarembga am Beispiel einer heranwachsenden Frau den Kampf um das Recht auf ein menschenwürdiges Leben und weibliche Selbstbestimmung in Simbabwe, würdigte Schmidt-Friderichs. Dabei zeige die studierte Psychologin soziale und moralische Konflikte auf, „die weit über den regionalen Bezug hinausgehen und Resonanzräume für globale Gerechtigkeitsfragen eröffnen“. In ihren Filmen thematisiere sie Probleme, die durch das Aufeinandertreffen von Tradition und Moderne entstehen.

„Lesen Sie afrikanische Literatur“

Auma Obama, die Halbschwester des früheren US-Präsidenten Barack Obama, würdigte in ihrer emotionalen Laudatio ihre Freundin Dangarembga als eine der bedeutsamsten Stimmen auf dem afrikanischen Kontinent. Gegen viele Widerstände erhebe diese mit ihrem Werk „die Stimme für die Stimmlosen“ und kämpfe für die Meinungsfreiheit, sagte die kenianische Journalistin und Autorin. Dangarembga habe ein differenziertes Bild von Afrika in die Welt gebracht, sagte Obama. Ihr künstlerischer Antrieb sei der Wunsch, die Dinge zum Guten zu verändern. „Lesen Sie afrikanische Literatur, schauen sie über ihren Horizont, wir sind da“, so Obama.

Tsitsi Dangarembga rief in ihrer Dankesrede dazu auf, „eine neue Aufklärung“ zu wagen und ging auf die gewaltsame Kolonialgeschichte ihres Landes ein. Ein verändertes Denken, ein Paradigmenwechsel sei nötig, um ein friedvolles Zusammenleben der Menschheit zu erreichen. Das durch westlichen Kolonialismus und Imperialismus in die Welt getragene rassistische Denken müsse abgestreift und ein ausbeuterisches Weltwirtschaftssystem überwunden werden. Rassismus sei verantwortlich für einen großen Teil der Gewalt, die sich Menschen gegenseitig antun, sagte die Friedenspreisträgerin.

Der Friedenspreis wird seit 1950 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert. Er soll laut Statut eine Persönlichkeit auszeichnen, „die in hervorragendem Maße vornehmlich durch ihre Tätigkeit auf den Gebieten der Literatur, Wissenschaft und Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen hat“. Im vergangenen Jahr erhielt der indische Wirtschaftswissenschaftler und Philosoph Amartya Sen den Preis.

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2 Kommentare

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  • Wenn eine afrikanische Frau ausgezeichnet wird, ist die Hemmung offenbar geringer, ihre Ehrung durch aktionistische Unterbrechungen zu stören.

    Es hätte von Respekt gegenüber der hochverdienten Autorin gezeugt, wenn M. Mahn den Raum für Dangarembga ebendieser gelassen und - diese Möglichkeit hat sie in einer Demokratie und als Stadtverordnete - ihren eigenen Raum genutzt hätte, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen.



    Es stellt sich die Frage, ob sie Dangarembga überhaupt gelesen hat.

  • Wichtige Worte von Mirrianne Mahn! Danke für ihre Intervention!