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Finanzminister Lindner?

Während die FDP sich schon mit Personalfragen zu Wort meldet, wird in der SPD diskutiert, ob erneut die Mitglieder über eine Regierungsbeteiligung entscheiden sollen

Nicht nur bei den Grünen, auch bei den anderen möglichen Ampel-Parteien SPD und FDP wurde am Wochenende nach Veröffentlichung des Sondierungspapiers weiterdiskutiert. Vor allem bei der FDP beginnt man bereits mit Personaldebatten. Führende Politiker der Freien Demokraten haben sich für ihren Parteichef Christian Lindner als Bundesfinanzminister einer möglichen künftigen Koalition ausgesprochen.

Der stellvertretende Vorsitzende Wolfgang Kubicki machte am Samstag deutlich, dass er Lindner für den idealen Kandidaten halte. „Wer Zweifel daran hat, dass das alles gelingt – die Finanzierung der Vorhaben ohne Steuererhöhung und ohne neue Schulden –, der muss doch wollen, dass Christian Lindner Finanzminister wird, um zu dokumentieren, dass das funktioniert, sagte er „NDR-Info“. Es sei jedoch bislang weder über die Ressortverteilung noch die Ressortzuschnitte gesprochen worden. Wer die besetzt, solle erst am Schluss der Verhandlungen entschieden werden, erklärte Kubicki.

Auch der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, nannte Parteichef Lindner als Favoriten für das Finanzressort. „Ich kann mir niemand Besseren für diese Aufgabe vorstellen“, sagte Buschmann dem Spiegel. Das habe sich auch während der Sondierungsgespräche gezeigt.

Doch nicht überall in der FDP ist man froh über den frühen Personalvorstoß. FDP-Generalsekretär Volker Wissing bezeichnet die Debatte über Christian Lindner als Finanzminister als verfrüht. „Ressortfragen stellen sich für uns derzeit überhaupt nicht“, sagte Wissing dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Sonntag. „Solche Dinge klären wir am Ende erfolgreicher Koalitionsverhandlungen.“

SPD-Mitgliederentscheid?

Bei der SPD steht unterdessen die Frage im Raum, ob die Parteibasis wie 2013 und 2018 über einen etwaigen Koalitionsvertrag abstimmen soll. Beide Male entschieden die Mitglieder sich für eine Zusammenarbeit mit der Union. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hält eine neue Abstimmung für unnötig. „Es muss eine angemessene Beteiligung der Mitglieder geben, zum Beispiel online“, sagte Walter-­Borjans der Bild am Sonntag. „Zeitaufwand und Kosten einer klassischen Mitgliederbefragung wären angesichts der überwältigenden Zustimmung in der SPD allerdings kaum zu vertreten.“

Walter-Borjans hatte unmittelbar nach der Bundestagswahl eine Mitgliederbefragung noch als „eine Option“ bezeichnet. Die Forderung danach wurde vor allem von Vertretern der SPD-Linken erhoben, etwa von Parteivize Kevin Kühnert.

Bei den Grünen ist eine Einbindung der Basis auf jeden Fall geplant. Ist ein Koalitionsvertrag ausgehandelt, will die Partei ihre Mitglieder über den Vertrag und das Personaltableau bei einer onlinegestützten Urabstimmung entscheiden lassen. Die FDP will wohl auf einem Parteitag darüber abstimmen lassen. Auch bei der SPD könnte ohne ein Mitgliedervotum ein Parteitag entscheiden, ob die Sozialdemokraten einer rot-grün-gelben Regierungskoalition zustimmen. (dpa, reuters)

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