piwik no script img

„Es gab nur ein Grundstück“

Alexandra Klei über jüdisches Bauen in Hamburg nach 1945

Online-Vortrag „Jüdisches Bauen in Hamburg nach 1945“: morgen, 14. 10., 18.15 Uhr. Anmeldung nötig:

kontakt@igdj-hh.de

Interview Petra Schellen

taz: Frau Klei, markantester jüdischer Nachkriegsbau ist in Hamburg die Synagoge Hohe Weide. Wie kam er zustande?

Alexandra Klei: Die Forschungs- und Aktenlage dazu ist etwas karg. Sicher ist aber, dass sich die Gemeinde Mitte der 1950er-Jahre zum Neubau einer Synagoge entschloss. Sie ist dann vermutlich, wie in anderen Städten auch, mit der Bitte um ein Grundstück an die Stadt herangetreten. Daraufhin hat die Stadt dieses Grundstück angeboten. Vor ihrer Zusage hat die Gemeinde dann vom Architekten Hermann Zvi Guttmann prüfen lassen, ob es geeignet war in puncto Größe und Verkehrsanbindung. Die Synagoge selbst haben, nach einem Wettbewerb, die Architekten Karl Heinz Wongel und Klaus May gebaut. Warum man nicht den renommierten Synagogenarchitekten Guttmann wählte, ist leider nicht dokumentiert.

Wie wurde der Neubau finanziert?

Es gab Gelder von der Stadt, die im Zuge von Entschädigungsverhandlungen gezahlt wurden. Ob auch andere Geldgeber beteiligt waren, geht für mich bisher aus den Akten nicht hervor.

Warum hat die Stadt Hamburg nur ein einziges Grundstück angeboten?

Darüber kann man nur spekulieren. Antisemitismus beziehungsweise die Frage nach einer Sichtbarkeit jüdischer Existenz spielten, nur zehn Jahre nach Ende des NS-Regimes, sicher eine Rolle. Es ist auffällig, dass offenbar nur ein Grundstück angeboten wurde und darüber keine Verhandlungen möglich waren. Aber es gibt keine Akten oder Protokolle, aus denen hervorgeht, dass die Stadt es der jüdischen Gemeinde so schwer wie möglich machen wollte.

Wie verlief die Grundstückssuche andernorts?

Oft zog sie sich lange hin. In Würzburg zum Beispiel wollte die Stadt von Anfang an, dass die Synagoge neben dem erhaltenen jüdischen Altenheim gebaut wurde, auf einem schmalen Streifen an einer geplanten Schnellstraße. Die Gemeinde wollte das nicht und hat zwei Alternativvorschläge gemacht. Die Verhandlungen zogen sich über acht Jahre, und am Ende hat sich die Stadt durchgesetzt.

Foto: Alexander Janetzko

Alexandra Klei

48, Architekturhistorikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut zur Geschichte der deutschen Juden (IGDJ) in Hamburg.

In Hamburg wird die Rekonstruktion der Großen Bornplatzsynagoge von 1906 diskutiert, die 1938 beschädigt und 1939 abgerissen wurde. Sollte es dazu kommen: Was passiert dann mit der Nachkriegssynagoge an der Hohen Weide?

Schwer zu sagen. Man könnte sie zum Beispiel abreißen wie in einigen anderen Städten auch. In Mannheim hat man das 1957 eingeweihte Gemeindehaus samt Betsaal abgerissen, als der Neubau 1987 eingeweiht war. Auch in Kassel hat man vor einigen Jahren die Synagoge von 1965 durch einen Neubau ersetzt und abgebrochen.

Gibt es Beispiele für die Vermietung nicht mehr genutzter Synagogen?

Bei Nachkriegsbauten bis jetzt nicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen