: Tief in die Zahlen geschaut
Nach der Wahl bereiten StatistikerInnen allerhand Zahlen auf, etwa zu Wählerwanderungen und Nichtwahlberechtigten. Eine Wahlnachlese in Datensätzen
Von Anna Klöpper
Wenn um 18 Uhr am Wahlsonntag die ersten Prognosen zum Wahlausgang über die Bildschirme laufen, schlägt die Stunde der AnalystInnen: Welche Partei hat Stimmen an welche Konkurrenz verloren, wer konnte junge WählerInnen mobilisieren? Wen wählten diejenigen, die letztes Mal nicht wählen gingen?
Manches ist etwas für ausgemachte ZahlenliebhaberInnen und die Deutung, was diese Zahlen jetzt eigentlich aussagen, eher schwierig. Schön interpretieren lassen sich hingegen Wählerwanderungen. Interessant zum Beispiel, dass die SPD deutlich mehr WählerInnen an Grüne und Linke verloren hat, als dass sie Wählerstimmen bei der CDU abgreifen konnte – trotz einer Spitzenkandidatin Franziska Giffey, die lieber Schnittmengen mit der CDU betonte und Linke und Grüne mit „roten Linien“ zu Enteignungen bzw. der City-Maut verärgerte.
Wer will, kann diese Zahlen nutzen, um zu argumentieren, wie erfolgreich die Spitzenkandidatin mit ihrem Wahlkampf nun eigentlich war. Dass die Grünen betont selbstbewusst in die Sondierungsgespräche gehen, hat auch damit zu tun, dass Giffey zwar die Siegerin war, aber eben keine uneingeschränkt Strahlende (und die Kräfte in ihrer Partei, die eine Fortsetzung von Rot-Rot-Grün favorisieren, wissen das auch).
Interessant auch noch ein ganz anderes Ergebnis, dass die Landeswahlleitung aus den Daten gefiltert hat. Der Anteil der wahlberechtigten Bevölkerung über 18 Jahre für die Abgeordnetenhauswahl ist seit Jahren rückläufig in Berlin: 7,5 Prozentpunkte weniger als vor 10 Jahren, in absoluten Zahlen ein Minus von 37.779 Personen. Insbesondere in den Innenstadtbezirken ist die Anzahl der nichtwahlberechtigten Bevölkerung hoch: In Teilen von Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg sind weniger als 60 Prozent wahlberechtigt; in Treptow-Köpenick oder Marzahn-Hellersdorf sind es hingegen beinahe 90 Prozent.
Die Landeswahlleitung erklärte das zum einen mit dem verstärkten Zuzug von internationalem Publikum in den Innenstadtbezirken – und mitwählen darf nur, wer deutsche*r Staatsbürger*in ist. Zum anderen liege der hohe Anteil Nichtwahlberechtigter, etwa auch in Nordneukölln, am hohen Anteil von EinwohnerInnen mit Migrationshintergrund in diesen Gebieten.
Arm und Reich, die Schere in der Stadt, die Risse in der Gesellschaft – auch das zeigt das Wahlergebnis.
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