: Eine rechte Adresse
Eine Werbefirma, die nicht für sich wirbt und ein Briefkasten statt einer Kanzlei: Was ein AfD-Abgeordneter und eine Anwältin auf einem Hof in Thedinghausen treiben, wirft Fragen auf
Von Andreas Speit und Andrea Röpke
Ein Schraubendreher steht für sein Hobby. Philipp Christopher Emden ist ein leidenschaftlicher Oldtimersammler und Oldtimerschrauber, wie er gern bekennt. Im niedersächsischen Thedinghausen unterhält er ein Mietshaus mit Halle. Moderne, oft aufgemotzte Schlitten sind hinter den Rolltoren zu sehen, die von Männern eilig geöffnet und wieder geschlossen werden.
Der niedersächsische AfD-Landtagsabgeordnete schraubt in der Halle aber wohl nicht bloß an besonderen Fahrzeugen, die über 30 Jahre alt sind. Das ehemalige Bäckereigelände ist auch Firmensitz von „mobilepower UG“. Emden ist Geschäftsführer der Unternehmergesellschaft. Und das wirft die Frage auf, ob er Nebentätigkeiten und damit Einkünfte hat, die er dem Landtag melden müsste.
Die „mobilepower UG“ bietet „Werbefahrten und Plakatwagen, Vermietungen von Plakatwagen bzw. weiteren werbewirksamen einsetzbaren Kraftfahrzeugen und Anhängern“. Die Firma an der Syker Straße möchte, laut der Handelsregisterbekanntmachung, Kunden auch bei der „Bestückung von Haushalten mit Flyern“ helfen sowie „hinsichtlich Marketingstrategie und Werbemaßnahmen“ beraten.
Auffallend: für eine Werbefirma macht das Unternehmen kaum eigene Werbung. Im Netz finden sich unter „mobilepower UG“ allein Anschrift und Kurzbeschreibung. Eine eigene Website mit Referenzen von Firmen und Kunden hat das Unternehmen nicht.
Einen Kunden scheint Emden aber zu haben: die eigene Partei. In Niedersachsen nutzte die AfD den blauen Lkw mit Verdener Kennzeichen und Plakataufsteller auf der Ladefläche, um gegen die staatlichen Pandemiemaßnahmen zu protestieren. Der Wagen fuhr mit Botschaften durchs Land wie „Schluss mit der Corona-Panik!“ und „Ich zeige Gesicht. Die Corona-Diktatur muss beendet werden! Für die Freiheit der Bürger in unserem Land!“. Der AfD-Bundestagsabgeordnete und -Landesvorsitzende Jens Kestner ist abgebildet, wie er eine Maske vom Gesicht nimmt und lächelt.
Über Wochen lief diese Kampagne Ende vergangenen Jahres. Die AfD flankierte die Aktion mit Flyern. Dabei nahm auch Emden die Maske ab und verbreitetet die Botschaft von der Panikmache und Diktatur.
Im niedersächsischen Landtag und in der Partei selbst fällt Emden wenig mit starkem Engagement oder radikaler Rhetorik auf. Der ehemalige Richter am Amtsgericht Norden ist aber auch bei Nachfragen wortkarg. Über die Beziehung von „mobilepower UG“ und der AfD gibt er der taz in einer gesetzten Frist keine Auskunft. Er lässt damit unbeantwortet, ob ein Vertrag zu einer AfD-Gliederung besteht, ob die Firma sich für den Auftrag bewarb oder ob die Fahrzeuge auch beim Bundestagswahlkampf genutzt wurden.
Ebenso lässt er offen, inwieweit die Tätigkeit als Geschäftsführer beim Landtag gemeldet ist. Auf dem Abgeordnetenportal finden sich bei ihm keine Hinweise auf eine Nebentätigkeit. Dem Landtag müssen Einkünfte „für jede einzelne Tätigkeit angezeigt werden, sofern sie mehr als 1.000 Euro in einem Monat oder mehr als 10.000 Euro im Jahr betragen“.
Die Adresse von Emdens Firma in Thedinghausen wirft aber noch mehr Fragen auf, denn auch die Rechtsanwältin Kathrin Baake nutzt sie. Baake vertritt die AfD juristisch, moderiert Veranstaltungen und managt Parteitage wie den in Bremen mit. In einem Verfahren vertrat sie die AfD gegen die niedersächsische Landesregierung und gab die Anschrift in der Syker Straße an.
Eine Kanzlei besteht dort allerdings nicht. Das verwundert nicht nur den Postboten. Nur ein Briefkasten mit „Kanzlei Baake GoRight“ hängt an einer Außenwand. Als Festnetznummer ihrer Kanzlei gibt die Anwältin eine Nummer in Oyten an. Dort wohnen Emden und Baake. Bei der Rechtsanwaltskammer Celle wird auf die seit 1987 bestehende Kanzleipflicht verwiesen. Der taz wollte Baake nicht sagen, wo sich ihre befindet.
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