: Fair for Future
Die Klimakrise trifft die Schwächsten im Globalen Süden – dagegen gibt es Mittel: eine Unterstützung der Produzent:innen, CO2-Kompensationen und ein Umdenken bei uns
Von Ole Schulz
Roter Staub auf ausgedörrtem Boden, wo einst fruchtbarer Mutterboden war: Sandstürme und ausbleibender Regen haben in Madagaskar zu einer schweren Hungerkatastrophe geführt. Ende August wurden dagegen in der afghanischen Provinz Parwan nördlich von Kabul Hunderte Menschen durch plötzliche Sturmfluten getötet, während anderswo im Land extreme Dürre herrscht. Auch Brasilien erlebt eine zunehmende Trockenheit, während im Süden des Landes vor wenigen Wochen überraschender Frost starke Schäden in den Kaffeeanbaugebieten anrichtete.
All drei Beispiele hängen unmittelbar mit dem Klimawandel zusammen – und haben noch eine Gemeinsamkeit: Sie treffen diejenigen am schwersten, die keine Rücklagen haben, darum auf ihre Ernten angewiesen sind und zugleich nicht auf staatliche Unterstützung hoffen können. Seit der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens vor fast sechs Jahren fordert die internationale Fair-Trade-Bewegung die Staaten darum auf, faire Handelspraktiken als unverzichtbar für Klimagerechtigkeit anzuerkennen.
Die Auswirkungen des Klimawandels spürt insbesondere der kleinbäuerliche Agrarsektor – etwa auch Imker:innen in Mittelamerika. Hier haben sich Regen- oder Trockenzeiten verändert und zu Ernterückgängen und dadurch zu geringeren Einnahmen geführt. „Die Bienenstöcke, die früher 50 Kilo Honig produzierten, liefern jetzt nur noch 15 Kilo Honig“, sagt Lucas Silvestre Garcia, Geschäftsführer der Imkergenossenschaft Guaya’b in Guatemala. Ihr Honig wird hierzulande von der Gepa vertrieben, dem größten europäischen Importeur fair gehandelter Lebensmittel. Mithilfe der Gepa wurden von Guaya’b Tausende Bäume gepflanzt und eine Wiederaufforstung mit bienenfreundlichen, blütenreichen und pollenproduzierenden Pflanzenarten gefördert. „Das kann uns helfen, den Klimawandel ein wenig zu mildern“, so Silvestre Garcia.
Seit Kurzem ist das gesamte Honigsortiment der Gepa sogar „klimaneutral“, von der Wabe bis ins Glas. Das heißt, dass der entlang der Honiglieferkette vom Kompensationsfonds Klima-Kollekte berechnete CO2-Fußabdruck ausgeglichen wird. Konkret wird ein Projekt für erneuerbare Energien mit Biogas in Indien unterstützt, das in 121 Dörfern dazu beiträgt, die Abholzung zu verringern und die natürlichen Ressourcen zu schützen. Das ist aber erst der Anfang: Nach und nach will die Gepa ihre gesamten Emissionen kompensieren.
Das Fair-Trade-Unternehmen El Puente hat diesen Weg bereits eingeschlagen. Seit 2019 gleicht es die CO2-Emissionen für den Firmenstammsitz Nordstemmen, die Kosten für Mobilität und den Versand aus, indem es ein Fairhandels-Klimaprojekt in Tansania unterstützt, das energieeffiziente Tonherde bereitstellt. Den eigenen CO2-Ausstoß reduziert El Puente währenddessen in Nordstemmen so weit wie möglich durch eine eigene Photovoltaikanlage, eine für Regenwasseraufbereitung und eine für Solarthermie.
Wie die heimische Produktion und der Konsum von Nahrungsmitteln direkt mit den Lebensbedingungen in Übersee und dem Klimawandel zusammenhängen, zeigt hingegen der weltweit wachsende Sojaanbau. Dieser zerstört zunehmend den Lebensraum von Menschen im Globalen Süden, damit Soja bei uns, in der EU und China als Futtermittel für Tiere verwendet werden kann. Zugleich sind die oft in großflächigen Monokulturen angelegten Sojaplantagen anfälliger für durch den Klimawandel bedingte Wetterextreme. Allein in Brasilien hat sich der Sojaanbau seit 2000 verdoppelt – in etwa auf eine Fläche in der Größe Kroatiens.
Um das zu ändern, müssen einerseits hofeigene und regionale Futtermittel benutzt, andererseits bei uns der Fleischkonsum – einer der größten Klimakiller – auf ein Maß zurückgefahren werden, das im Einklang mit der Umwelt (und unserer Gesundheit) steht. Das Hilfswerk Misereor schlägt dafür etwa eine Umstellung des Lebensmittelangebots in öffentlichen Einrichtungen vor: Wenn etwa in denen des Bundes „der Fleischanteil halbiert und ein Mindestanteil von 50 Prozent Bio- und fairen Produkten angeboten wird“, so der Misereor-Landwirtschaftexperte Markus Wolter, steige die lokale Nachfrage nach diesen Produkten deutlich. „So werden Anreize für eine ökologische und klimafreundliche Landwirtschaft gesetzt, die allen hilft.“
Das Angebot in den betreffenden Kantinen entsprechend umzustellen dürfte nicht allzu aufwendig sein. Das Einzige, was dann auszuhalten wäre, wäre wohl der veritable Shitstorm, den eine solche Maßnahme vermutlich auslösen würde.
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