Sportkonflikt Iran gegen Israel: Die silberne Rückkehr
Der iranische Judoka Saeid Mollaei sollte 2019 nicht gegen einen Israeli kämpfen. Er floh nach Deutschland – und gewann nun Silber für die Mongolei.
Es war eine eindrucksvolle Rückkehr nach Tokio für Saeid Mollaei. Nur das Olympia-Finale gegen den Japaner Takanori Nagase hat der Judoka aus der Mongolei verloren und wurde mit Silber ausgezeichnet. Moment. Der Mongole? Mollaei besitzt erst seit 2019 die mongolische Staatsbürgerschaft. Bis dahin war er Iraner. Es waren Ereignisse während der Judo-WM 2019, die Mollaei zum Mongolen gemacht haben.
Die Titelkämpfe haben damals auch in Tokio stattgefunden. Dort hat er die bittersten Stunden seines Sportlerlebens durchmachen müssen. Es war das große politische Spiel, das sein Verband mit ihm spielen wollte. Es war ein Spiel, bei dem Mollaei nicht mitmachen wollte.
Die Iraner wollten damals verhindern, dass Mollaei auf den Israeli Sagi Muki trifft, und forderten ihren Starjudoka, der 2018 Weltmeister geworden war, auf, im Viertelfinale einfach nicht anzutreten. Ein mögliches Finale gegen einen Israeli sollte unter allen Umständen verhindert werden. Mollaei trat an und machte später publik, dass er unter Druck gesetzt worden war.
Zum von den Iranern unerwünschten Finale kam es am Ende nicht, weil Mollaei sein Halbfinale gegen den Belgier Matthias Casse verlor. Zur Persona non grata im Iran war er dennoch geworden. Nach der WM setzte sich Mollaei von seiner Mannschaft ab und floh nach Deutschland, wo er schnell als politischer Flüchtling anerkannt worden ist.
Verbrüderung mit dem Konkurrenten aus Israel
Dass er Mongole ist, liegt wohl an der Judoleidenschaft des damaligen Staatspräsidenten Chaltmaagiin Battulga, der auch mal dem mongolischen Judoverband vorgesessen hat. Er erkannte die Chance auf olympisches Edelmetall für sein Land und sorgte für eine schnelle Einbürgerung. Mollaei jedenfalls trainierte schnell wieder und blieb, was er vor seiner Flucht war: einer der besten Judoka in der Klasse bis 81 Kilogramm. Im Februar jedenfalls hat er Silber beim Grand-Prix-Turnier in Tel Aviv gewonnen.
Medien in Israel waren außer sich wegen des Auftritts des mongolischen Iraners in ihrem Land. Dort traf der 29-Jährige auch Sagi Muki, den Mann, gegen den er 2019 nicht hätte kämpfen sollen und der dann den WM-Titel geholt hat. Die beiden posierten vor den Kameras als Freunde und kündigten eine Dokuserie über ihre spezielle Beziehung an. Weil Muki früh verloren hat, fand die Begegnung nicht auf der Matte statt.
Beim olympischen Turnier hätten die beiden im Halbfinale aufeinander treffen können. Der Österreicher Shamil Borchaschvili hat das verhindert. Er hat Muki im Achtelfinale ausgeschaltet. Es gab also wieder keinen Versöhnungskampf auf der Matte. Egal. Auch so ist die Geschichte schön genug.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen