: Der große Spalter
Kroatische Nationalisten wollen den Staat zu ihren Gunsten umbauen
In den letzten Wochen vor der Ankunft des neuen Hohen Repräsentanten Christian Schmidt war Dragan Čović große Nervosität anzumerken. Denn die Erneuerung der Position des Hohen Repräsentanten könnte seine Politik empfindlich einschränken. Der Chef der HDZ, der Kroatisch Demokratischen Gemeinschaft, hatte den Plan, ein neues Wahlgesetz durchzusetzen, das der kroatischen Volksgruppe noch mehr Einfluss im Staate schaffen würde. Dieses Vorhaben steht auf der Kippe.
Fast hatte er es schon geschafft, dieses Wahlgesetz mithilfe der Lobbyarbeit Kroatiens in Brüssel durchzuboxen. Ihn stört vor allem, dass im Teilstaat der bosniakisch-kroatischen Föderation auch Nichtkroaten in Direktwahl das kroatische Mitglied im Staatspräsidium wählen können. So wurde bei den Wahlen 2018 der eher links eingestellte und für den gemeinsamen Staat eintretende Kroate Željko Komšić zum kroatischen Vertreter im Staatspräsidium gewählt und nicht er, der Chef der HDZ.
Kroaten stellen nur 15 Prozent der Bevölkerung in Bosnien und Herzegowina. Vor allem deshalb betont er das Konzept der konstitutiven Nationen. Bosniaken, Kroaten und Serben sollen sich gleichberechtigt die Macht im Staate aufteilen. Nach seinem Willen sollen die Wähler nur Repräsentanten aus der eigenen Volksgruppe, also der eigenen konstitutiven Nationen, bestimmen können. Dieses Modell festigt die Herrschaft der Nationalparteien. Und verwehrt Minderheiten, mitzuregieren. Demgegenüber stehen die Urteile des Straßburger Menschenrechtsgerichtshofes. Als ein Rom und ein Jude Rechte für alle Minderheiten einforderten, bekamen sie 2009 recht. Bosnien und Herzegowina wurde angewiesen, das Wahlrecht zu ändern. Was bisher nicht geschehen ist.
Seit Dragan Čović 2005 Parteivorsitzender wurde, hat er keine Mühe gescheut, die kroatische Bevölkerungsgruppe von Bosniaken und Serben fernzuhalten. Die Schulen in gemischten Gebieten wurden geteilt, kroatische Kinder werden nach kroatischen Curricula unterrichtet, es entstand das Konzept der zwei Schulen unter einem Dach. Im Geschichtsunterricht lernen die kleinen Kroaten nur die kroatische Version.
Erich Rathfelder
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen