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Macron kündigt Rückzug aus Mali an

Frankreichs Präsident will die Antiterroroperation „Barkhane“ in der afrikanischen Sahelzone beenden. Die militärische Zusammenarbeit mit Mali hat Frankreich seit dem jüngsten Militärputsch bereits aufgekündigt

Bis 2023 könnte die französische Militärpräsenz auf 2.500 Soldaten reduziert werden

Von Dominic Johnson

Frankreich wird seine Militärinterventionen in der afrikanischen Sahel­zone gegen islamistischen Terror beenden. „Wir werden eine tiefgreifende Umwandlung unserer Militärpräsenz im Sahel vornehmen“, sagte Präsident Emmanuel Macron am Donnerstagabend in Paris und kündigte „das Ende der Operation ‚Barkhane‘ “ an – dem französischen Antiterroreinsatz in Mali, der zuletzt beständig ausgebaut worden war und derzeit 5.100 französische Soldaten umfasst.

Details sollen bis Ende Juni bekanntgegeben werden. An die Stelle dieses größten Auslands­einsatzes der französischen Armee seit dem Algerienkrieg soll laut Macron eine „internationale Allianz“ treten, die den Fokus auf Spezialkräfte legt.

Frankreich hatte Anfang 2013 in Mali militärisch eingegriffen und die damals im Norden des Landes herrschenden Islamisten zurückgedrängt. 2014 wurde aus dieser Militärintervention die Operation „Barkhane“ zum gezielten Kampf gegen islamistische Terrormilizen in der gesamten Sahelregion. Als Reaktion weiteten islamistische Terrorgruppen ihre Aktivitäten auf Niger und Burkina Faso aus. Lokale Konflikte in Mali haben sich verselbstständigt und intensiviert. Im August 2020 wurde die gewählte Regierung Malis vom Militär gestürzt. Im Mai 2021 folgte ein erneuter Militärputsch, was zum Bruch mit Paris führte.

Bereits Ende vergangener Woche setzte Frankreich seine Zusammenarbeit mit Malis Armee aus. Paris reagierte damit auf die Ernennung des Putschisten Assimi Goita, ein Oberst der malischen Spezialkräfte, zum Präsidenten Malis. Die französischen Militäroperationen in Mali sind seitdem komplett unilateral, was die verbreitete antifranzösische Stimmung im Land weiter anheizt. Auch in Frankreich ist der Sahel-Einsatz, bei dem bisher 50 französische Soldaten ums Leben gekommen sind, zunehmend unbeliebt. Macron will daraus vor den französischen Wahlen 2022 Konsequenzen ziehen. Laut französischen Berichten könnten die ersten französischen Militärbasen im Norden Malis bereits im Herbst schließen. Bis 2023 könnte die französische Militärpräsenz auf 2.500 Soldaten heruntergefahren werden. Sowohl die UN-Mission in Mali (Minusma) als auch malische Politiker warnen aber davor, dass ein unilateraler Rückzug zum Verlust großer Landesteile an die islamistischen Gruppen führen dürfte.

In für ihn typischer Manier kündigte Macron eine „internationale Allianz“ an, die an Frankreichs Stelle treten soll, ohne dass es eine entsprechende internationale Konstellation geben würde. Die von fünf Sahel­staaten aufgestellte Eingreiftruppe „G5 Sahel“ existiert weitgehend nur auf dem Papier und ist von Frankreichs Logistik abhängig.

Die europäische Spezialkräfte-Operation „Takuba“, die nach Macrons Willen den „Kern“ der neuen Allianz bilden soll, zählt bisher lediglich 600 Soldaten, die Hälfte davon Franzosen, dazu 140 aus Schweden und weitere aus Tschechien und Estland. Deutschland nimmt an „Takuba“ nicht teil.

Die Konzentration auf Spezialoperationen dürfte die angespannten Beziehungen zwischen Frankreich und Mali weiter belasten. Macron wiederholte, er sei gegen jedwede Verhandlungen mit Malis Dschihadisten: „Kein Dialog, kein Kompromiss“, sagte Frankreichs Präsident. Das sei auch weiterhin die rote Linie für eine eventuelle Wiederaufnahme der militärischen Zusammenarbeit Frankreichs mit Mali. Hinter dieser Position steht auch die deutsche Bundesregierung.

Unter Politikern in Mali sowie in Burkina Faso macht sich hingegen zunehmend eine andere Einsicht breit: Ohne politische Gespräche sind die Konflikte nicht zu lösen, die auf lokaler Ebene Gewalt und Gegengewalt fördern sowie bewaffneten Gruppen weiteren Zulauf bringen.

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