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Flüchtlingspolitik in DänemarkPläne für Asylzentren im Ausland

Das dänische Parlament hat ein Gesetz zur Unterbringung von Asylsuchenden in Drittländern verabschiedet. Dazu ist bisher allerdings noch kein Land bereit.

Portest gegen die Flüchtlingspolitik in Dänemark am 19. Mai in Kopenhagen Foto: Ritzau Scanpix/imago

Kopenhagen afp/rtr/taz | Das dänische Parlament hat ein umstrittenes Gesetz zur Unterbringung von Asylsuchenden in Drittländern verabschiedet. Der von der sozialdemokratischen Regierung eingebrachte Text wurde am Donnerstag in Kopenhagen mit 70 zu 24 Abgeordnetenstimmen angenommen. Besonders Rechtsaußen-Parteien waren dafür. Linke und Organisationen wie die UNO kritisierten das Vorhaben scharf.

Das Gesetz sieht vor, dass Asylbewerber in Dänemark nach der Registrierung ihres Antrags in ein Aufnahmezentrum außerhalb der Europäischen Union gebracht werden. Nur wenige Ausnahmen davon sind vorgesehen, etwa bei schweren Erkrankungen.

Die Anwendung des Gesetzes hängt allerdings noch davon ab, ob sich Drittländer bereit erklären, ein Aufnahmezentrum für Asylbewerber bei sich einzurichten. Diese Zentren würden dann von Dänemark finanziert, aber vom Drittland verwaltet.

Wird ihnen der Flüchtlingsstatus nicht zuerkannt, würden die Migranten aufgefordert, das Drittland zu verlassen. Und auch bei einem positiven Asylbescheid müsste der Bewerber im Drittland bleiben und könnte nicht nach Dänemark reisen.

Ziel der Regierung: Null Flüchtlinge

Der für Migration zuständige Abgeordnete der Regierungspartei, Rasmus Stoklund, sagte dem Radiosender DR, wenn künftig jemand in Dänemark Zuflucht suche, müsse er damit rechnen, in einen Drittstaat gebracht zu werden. „Wir hoffen, dass deshalb die Leute nicht mehr in Dänemark Asyl suchen.“ Ziel der Regierung ist, die Zahl der Flüchtlinge auf Null zu reduzieren. Allenfalls will Dänemark Asylsuchende nach einem Quotensystem der Vereinten Nationen aufnehmen.

Bislang hat sich kein Staat bereit erklärt, eines dieser Asylzentren bei sich einzurichten, was der Regierung in Kopenhagen viel Spott einbrachte. Nach eigenen Angaben ist die Regierung im Gespräch mit fünf bis zehn Ländern. In der dänischen Presse wurden etwa Ägypten und Äthiopien als mögliche Kandidaten genannt.

Vor allem mit Ruanda scheinen die Diskussionen fortgeschrittener zu sein. Dänemarks Migrationsminister Mattias Tesfaye hatte das zentralafrikanische Land im April besucht. Die beiden Länder unterzeichneten eine Absichtserklärung über die Zusammenarbeit im Bereich Asyl und Migration. Speziell die externe Asylbearbeitung ist darin allerdings nicht enthalten.

Auch die EU hatte vor ein paar Jahren schon einmal ähnlich gelagerte Pläne für Asylzentren in Drittländern angekündigt, sogenannte „regionale Ausschiffungsplattformen“. Allein: Auch aus diesen Plänen wurde nichts, wollen die meisten Länder doch keine solchen Orte auf ihrem Boden stehen haben.

„Das (ruandische) Parlament hat es noch nicht diskutiert“, sagte der ruandische Oppositionsabgeordnete Frank Habineza der Nachrichtenagentur AFP. „Wenn es jemals ins Parlament kommt, werde ich dagegen stimmen, weil ich es als Verstoß gegen menschliche Werte betrachte.“

Ähnliche Kritik äußerte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Das Gesetz sei „unvereinbar mit den Prinzipien der internationalen Flüchtlingszusammenarbeit“, sagte der UNHCR-Vertreter in den nordischen und baltischen Ländern, Henrik Nordentoft, laut Nachrichtenagentur Ritzau. Dänemark riskiere, einen „Dominoeffekt“ auszulösen; weitere Länder könnten nun ebenfalls den Schutz von Flüchtlingen stark einschränken.

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10 Kommentare

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  • Skittegodt, Mette.... hun har en plan :-)

    Und an alle entsetzten Deutschen: bitte unbedingt allen Dänen immer wieder deutlich sagen wie man es besser macht, das liebt man so an Euch!

    • @Egil:

      Keine Sorge: Es gibt genug Deutsche, die die Ausländer-Raus-Politik der dänischen National-Sozialdemokraten ganz toll finden.

  • Klar ist, Europas Migrationspolitik muss reformiert werden - allein, um ein zweites 2015 zu verhindern.



    Dänemarks Sozialdemokraten, deren Antighetto-Quote bereits erste Erfolge zeigt, liefern einen Denkanstoß. Sicher ist der noch nicht perfekt. Aber die Diskussion ist immerhin eröffnet.



    Auch Barbara Dribbusch hat hier ja schon auf mögliche Reformen hingewiesen: taz.de/Kommentar-F...spolitik/!5242988/

    • @Linksman:

      2015 war der grandioseste Moment in der deutschen und europäischen Geschichte seit dem Mauerfall. Hunderttausende Menschen gewannen ein Leben in Frieden und Sicherheit, mit bescheidenem Wohlstand und Zukunftschancen. Es gilt nicht, ein zweites 2015 zu verhindern, sondern den Geist von 2015 zu bewahren. Was es zu erhindern bzw. zu beenden gilt, ist das Massensterben im Mittelmeer, die libyschen Folterlager, die Zustände auf Lesbos, in Kroatien und an anderen EU-Außengrenzen und allgemein die wohlstandschauvinistische Abschottung Europas. Die rassistische dänische Politik taugt hier nur als abschreckendes Beispiel.

      PS: Ändern Sie doch mal Ihren irreführenden Usernamen.

      • @Earendil:

        Für genau eine politische Kraft war 2015 tatsächlich ein grandioser Moment: Für die AfD. Vor der Bahnhofsklatscherei lag die bei drei Prozent, danach bei 12 bis 18.



        Auch Linke-MdB Sevim Dagdelen warnt daher vor einem neuen 2015: www.n-tv.de/politi...ticle21612948.html

        • @Linksman:

          Die AfD profitiert von Rassisten, die Solidarität mit Flüchtlingen als "Bahnhofsklatscherei" erunglimpfte. Dennoch: Sind 10-15% AfD-Wahlergebnisse ein zu hoher Preis dafür, dass 1 Mio Menschen nun in Frieden und Sicherheit leben können? Finde ich nicht.

          Faschisten zu bekämpfen, indem man faschistische Politik übernimmt, auf sowas kommen auch nur Wagenknecht-Querfrontler. Naja, und dänische Sozen halt.

      • @Earendil:

        Schafft ein, zwei, viele 2015!

  • Bei 70 zu 24 Stimmen kann es sich wohl kaum um ein "umstrittenes Gesetz" handeln. Vielmehr scheint es eine breite Unterstützung bei den gewählten Vertretern des dänischen Volkes zu geben.....

  • Zur dänischen Sozialdemokratie fällt mir, abgesehen von Unflätigkeiten, nur ein Wort ein: Sozialfaschismus. Wenn dieser problematische Begriff jemals seine Rechtfertigung hatte, dann hier.

    Länder wie Ungarn und Polen werden immer wieder (und nicht zu Unrecht) als Schande Europas gebrandmarkt, aber das hach so liberale Dänemark ist in Punkto Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus längst genauso verrottet.

  • Krass. Und das im ja eigentlich traditionell liberalen Dänemark. Auf so eine Idee ist ja nicht mal die AFD gekommen und dort sind es die Sozialdemokraten. Aber in Schweden geht die Entwicklung in eine ähnliche Richtung. Was soll man davon halten?