Kämpfe zwischen Israel und Hamas: Der Konflikt eskaliert

Israel verschärft die Angriffe auf die Terrororganisation Hamas und nimmt ein Tunnelsystem im Gazastreifen unter Beschuss. Ein Vermittlungsversuch Ägyptens scheitert.

Menschen auf Kleintransportern auf der Flucht

Menschen in Gaza fliehen am Freitag vor den israelischen Angriffen Foto: Mohammed Salem/reuters

JERUSALEM dpa/ap | Israel hat nach Militärangaben in der Nacht zu Freitag den Gazastreifen mit den bislang schwersten Luft- und Geschützangriffen belegt. An einem Angriff auf ein Tunnelsystem der islamistischen Hamas im Gazastreifen seien 160 „Luftfahrzeuge“ beteiligt gewesen, sagte Armeesprecher Jonathan Conricus am Freitagmorgen. Unterstützung hätten sie von israelischer Seite unter anderem von Panzern erhalten. Ihr Einsatz dauerte demnach rund 40 Minuten.

Ziel sei ein Tunnelsystem der Hamas in dem Küstengebiet gewesen. Es werde „Metro“ genannt, sagte Conricus. Dabei handele es sich um eine Art „Stadt unter der Stadt“. Die Hamas habe Jahre in den Bau des Tunnelsystems investiert. Der Grad der Zerstörung sei noch unklar. Zur Unterstützung feuerten unter anderem Panzer von israelischer Seite auf Ziele im Gazastreifen. Conricus betonte, kein israelischer Soldat habe den Gazastreifen betreten.

Das israelische Fernsehen hatte zuvor von massiven Angriffen der Luftwaffe sowie der Artillerie und Panzertruppen auf den Küstenstreifen berichtet. Die Armee erklärte in der Nacht: „Luft- und Bodentruppen greifen gegenwärtig im Gazastreifen an.“ Anschließend gab es Berichte, wonach Bodentruppen in den Gazastreifen vorgedrungen seien. Der Armeesprecher entschuldigte sich für Fehlkommunikation.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza wurden seit Beginn der Eskalation des Konflikts 109 Menschen getötet und 621 weitere verletzt. Wie die Armee mitteilte, wurden in Israel durch Beschuss bisher acht Menschen getötet.

Reservisten mobilisiert

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte zu den Angriffen: „Ich habe gesagt, dass Hamas einen sehr hohen Preis zahlen wird.“ Man werde die Angriffe „mit großer Intensität fortsetzen“, sagte er in einer Videobotschaft. „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen und diese Operation wird so lange wie nötig weitergehen.“

Verteidigungsminister Benny Gantz hatte zuvor angesichts der Eskalation die Mobilisierung von weiteren 9.000 Reservisten genehmigt. Vor zwei Tagen hatte die Armee bereits 5.000 Reservisten mobilisiert. Nach Medienberichten bereitete sich die Armee auf eine mögliche Bodenoffensive vor.

Die Kämpfe sind die heftigsten seit dem Gazakrieg von 2014. Sie waren ausgebrochen, nachdem sich die Hamas zur Verteidigerin Jerusalems erklärte und Raketen auf die Stadt abfeuerte, die sowohl Juden als auch Muslimen heilig ist. Mittlerweile sind fast 2.000 Raketen aus dem Gazastreifen in Richtung Israel abgeschossen worden. Israel reagierte mit Luftangriffen und hat Tausende Reservisten mobilisiert, die für eine Bodenoffensive eingesetzt werden könnten.

Einige palästinensische Raketen erreichten die Umgebung von Tel Aviv. Raketen, die aus dem Libanon abgefeuert wurden, schürten Sorge vor einer weiteren Front gegen die dort aktive Hisbollah-Miliz, mit der Israel 2006 schon einmal im Krieg stand. Israelische Medien berichteten aber, dass die Raketen offenbar von einer der Palästinenserfraktionen abgefeuert worden seien. Nach Angaben des Militärs landeten sie im Meer und richteten keinen Schaden an.

Prügel und Brände

In Israel selbst gingen radikale Araber und Juden aufeinander los, steckten Autos in Brand und verprügelten Menschen. Ultranationalisten marschierten zu Hunderten durch die Straßen und skandierten „Tod den Arabern!“. In Lod kam es zu Schießereien mit Verletzten, ein Jude wurde niedergestochen, in Dschaffa wurde ein Soldat von einer Gruppe Araber angegriffen und landete in kritischem Zustand im Krankenhaus.

US-Präsident Joe Biden sagte, er habe mit Netanjahu über eine Beruhigung der Lage gesprochen und verteidigte Israel mit den Worten: „Es hat keine bedeutende Überreaktion gegeben.“ Jetzt gehe es darum, die Zahl der Angriffe zu reduzieren, insbesondere die mit Raketen, die wahllos auf Bevölkerungszentren abgefeuert würden.

Ägyptische Vermittler trafen sich unterdessen in Gaza mit Hamas-Führern und verhandelten dann in Tel Aviv, wie zwei ägyptische Geheimdienstbeamte mitteilten. Sie hatten auch Kontakt zu Hamas-Führer Ismail Hanija.

Der im Exil lebende hohe Hamas-Funktionär Saleh Aruri sagte dem Londoner Satellitensender El-Araby, Ägypten, Katar und die Vereinten Nationen bemühten sich um einen Waffenstillstand. Seine Gruppe habe den Vorschlag für eine dreistündige Feuerpause abgelehnt, der mehr Raum für Verhandlungen schaffen sollte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.