piwik no script img

Visitation von Kardinal WoelkiEine verdiente Demütigung

Kommentar von Philipp Gessler

Der Papst schickt Prüfer ins Erzbistum Köln, um den Umgang mit sexualisierter Gewalt zu untersuchen. Ein beispielloses Misstrauensvotum – zu Recht.

Papst Franziskus hat eine Apostolische Visitation in das Erzbistum Köln geschickt Foto: Oliver Berg

W er Spaß an Absurdem hat, sollte sich den letzten Videokommentar von Rainer Maria Kardinal Woelki in seinem Haussender domradio.de anschauen. Was der Erzbischof von Köln da zu der vom Vatikan angeordneten Apostolischen Visitation in seinem Erzbistum sagt, ist selbst mit größtem Wohlwollen nur noch als totale Verdrängung zu verstehen – als ein Akt des Belügens von anderen wie auch von sich selbst.

Kardinal Woelki, der mit den päpstlichen Prüfern eine fast beispiellose öffentliche Klatsche aus Rom erhalten hat, versucht verzweifelt, gute Miene zu machen und so zu tun, als wäre er selbst hellauf begeistert von diesem Schritt. Dabei wird er (zu Recht) so gedemütigt wie kein anderer in der katholischen Kirche Deutschlands. Denn anders als ein massives Misstrauensvotum ist das römisch angeordnete Durchleuchten seines Erzbistums nicht zu werten – egal welche schönen Worte Woelki findet oder welchen seltsamen Spin er nun dagegenstellen will.

Der Ausgang der Visitation, die mit einem Abschlussbericht an den Papst enden wird, ist zwar noch nicht sicher. Aber es ist kaum vorstellbar, dass Woel­ki sie in einer Weise überstehen wird, die es ihm erlauben könnte, auf Dauer weiter Erzbischof von Köln zu bleiben. Am wahrscheinlichsten ist, dass er – nach einer möglichst gesichtswahrenden Schonfrist – nach Rom weggelobt wird, vielleicht auf einen schicken Posten in der Kurie. Das wäre nicht gut für die weltweite Kirchenverwaltung, aber gut für sein Erzbistum und die hiesige katholische Kirche.

Papst Franziskus, der sich nach einem Reformschub zu Beginn seines Pontifikats in den vergangenen Jahren zunehmend als großer Zögerer entpuppt hat, hat mit dieser Visitation einer konservativen Galionsfigur der Weltkirche die Rote Karte gezeigt. Zuvor hatte Woelki sie wortwörtlich schon in Düsseldorf von der Kirchenbasis zu sehen bekommen. Das muss Woelki ziemlich weh getan haben. Ob er daraus lernt? Das große Ringen in der katholischen Kirche um ihre Zukunft und mögliche Reformen geht weiter. Das Ende ist offen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Irgendwie fehlen mir die Worte für diesen Verein.



    In der Vergangenheit wurde geraub, gemordet, Menschen verbrannt, jede unbequeme Wahrheit geleugnet, und in letzter Zeit eben massenhaft Kinder sexuell missbraucht. Was noch?

    Trotzdem rennen Menschen in die Kirche. Nicht nachvollziehbar.

    • RS
      Ria Sauter
      @17900 (Profil gelöscht):

      Dieses Rennen zur Kirche kann ich auch überhaupt nicht nachvollziehen.



      Noch weniger die jetzt gezeigte Toleranz anderen Religionen gegenüber.



      Unsere christliche Glaubensgemeinschaft wird kleiner, Kirchen werden verkauft. Gut so!



      Trotzdem lassen wir ein neues Mittelalter zu und sind gutmenschlich verständnisvoll.



      Ich begreife das nicht!

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Verdiente Demütigung? Wo sind wird denn? Es ist ein unwürdiges Procedere. Der Papst müsste mal auf ein Seminar "Menschenführung". "Woelki zum Rapport!" So geht das. Nach der Anhörung gäbe es dann eine Erklärung. Eine Demütigung verdient niemand.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Danke. Aber Katolen - wie auch Philipp Gessler klar - kommen ohne des fei -



      Fegefeuer* Inquisition et al. nicht aus. Gellewelle. Die Folterwerkzeuge zeigen als Mindestes! Aber Hallo!

      unterm— servíce * für Nichtnordlichter



      Damit ist NICHT - die Bushaltestelle in Lübeck Mühlenstraße gemeint! Liggers.



      “Ja wie? Wellness Chillen 😎? Ich dachte in der Hölle da würd Gesotten & Gebraten?!“ - 😈 “Ach so! Ja schau hier durch die kleine Klappe! Die Katolen!



      Weiß auch nicht! Die brauchen das • 🤕

  • Man sollte den Visitatoren gleich die Aufkündigung des Konkordats in die Hand drücken und endlich ein SEK und die Staatsanwaltschaft in die Archive schicken. Den Rest regelt das StGB.

  • Echte Veränderung kommt in Wirklichkeit nicht von oben, sondern von unten, von einer Emanzipation der Gläubigen von der Amtskirche. Die Amtskirche ist das Problem und nicht die Lösung. Schadenfreude darüber, dass Woelki jetzt vom Papst abgekanzelt wird, ist völlig verfehlt, falls es einem um die Erneuerung der Kirche geht. Falls ...

  • Es ist schon erstaunlich, mit welcher Vehemenz auf Kardinal Woelki eingeschlagen wird. Denn: Unabhängig davon, wie man Woelkis Verhalten bewertet, haben Kartdinal Marx in Münschen und Bischof Overbeck in Essen erheblich schwerwiegendere Verstöße begangen. Beide, Marx und Overbeck, haben versetzt und vertuscht. Ganz klassisch: Ein Priester, gegen den belegte und obbenbar auch akzeptierte Missbrauchsvorwürde vorlagen, wurde einfach in eine neue Gemeinde versetzt, wo er dann wieder missbrauchte.

    Trotzdem scheint das niemanden zu stören. Vielleicht liegt es daran, dass Kardinal Woelki wie kein anderer der deutschen Bischöfe für offene Grenzen und für die Rechte von Migranten eingetreten ist. Oder damit, dass er im vergengenen Winter die Türen des Priesterseminars geöffnet hat, um Essen und Waschgelegenheiten für Obdachlose anzubieten. Die angehenden Priester beteiligten sich an der Essensausgabe.



    www.erzbistum-koel...dachlose-Menschen/

    Aber natürlich: Der Einsatz für die Abschaffung des Zölibats (die ohnehin nicht in der Verantwortung der deutschen ischöfe liegt) wichtiger als Obdachlose oder Migranten. Das leuchtet mir vollkommen ein.

    • @Breitmaulfrosch:

      Ich finde, dass ist wirklich eine interessante Frage, die vor allem schon mal auch einfach über die reflexhafte Häme gegen Woelki hinausgeht. Möglicherweise kommen solche Kirchenvertreter besser davon, die den Deckel ganz drauf halten, als solche, die, wenn auch sehr zögerlich, versuchen den Druck aus dem Topf zu lassen. Allerdings: das Bistum Münster zum Beispiel ist bei der Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe sehr viel offensiver und hat auch schon deutlich Position in der Flüchtlingspolitk bezogen. Vielleicht ist Woelki also am ehesten deshalb so in die Kritik geraten, weil er sich in der Missbrauchsaufarbeitung einfach nicht klar positioniert hat. Vielleicht auch, weil die Gläubigen im Bistum Köln mehr von ihm erwartet haben. Aber es ist schon zutreffend: viele der externen Kritiker treibt vor allem Schadenfreude und viele interessieren sich beim Thema Kirche wirklich nur für sexualmoralische Fragen. Andererseits: Unwilligkeit und Zögerlichkeit bei der Missbrauchsaufarbeitung kann natürlich nicht durch auch noch so gute caritative Arbeit aufgewogen werden. Opfer sind Opfer und brauchen Solidarität, es ist nachrangig, ob es sich um Opfer einer zynischen Flüchtlingspolitik oder von verbrecherischen Priestern handelt. Die Glaubwürdigkeit der Kirche ist da auch nicht teilbar.

  • Ach was - Herr Philipp Geßler.

    Das Ende isr nicht offen!



    Offen ist doch längst wieder der weite Mantel der Alleinseeligmachenden!



    Der Rest ist - wie immer & auch Sie könntens langsam mal in echt begreifen - für die Galerie.



    Damit wird Null-Komma-Nichts “Aufgearbeitet“ - wie immer das in so einem Laden der strukturell bedingten Täter auch gehen soll. Newahr



    & Daher -



    Alles andere - wie Sie selbst - aber auf die wandelnde Rigipswand mit Käppi - Woelki - zu recht sagen “ ist selbst mit größtem Wohlwollen nur noch als totale Verdrängung zu verstehen – als ein Akt des Belügens von anderen wie auch von sich selbst.“

    unterm—— btw but not only —



    Was nicht heißt - daß ich großen Respekt vor denjenigen haben - die fest in ihrem Glauben - den Arsch im Beinkleid haben & die den Karton ziehen & die Rote Karte zeigen.

    Nur. Ändern wird sich nichts •



    Normal.

    • @Lowandorder:

      Sorry a ein “nicht“ liefer ich nach:



      Klar habe ich großen Respekt! Nur fehlt mir der Glaube •

  • RS
    Ria Sauter

    Wieso prüft die Staatsanwaltschaft nicht?



    Immer noch genießt dieser kirchliche Mißbrauchsverein Sonderrechte.



    Ist doch im Bereich der Kinderpornographie angesiedelt.

  • 1G
    164 (Profil gelöscht)

    Nach wie vor ist es falsch, dass Woelki und seine Spießgesellen von der Familie in Rom "visitiert" wird und nicht von unserer Staatsanwaltschaft. Hier geschehen Gewaltverbrechen und die deutsche Gesellschaft ist zum Zuschauen verdammt, ob die Herren das nun in ihrer Gnade aufklären/ahnden wollen oder nicht? Das ist ein schlechter Sandalenfilm!

    • @164 (Profil gelöscht):

      Nach wie vor haben Sie nichts begriffen. Die Staatsanwaltschaft hat die Dinge untersucht und festgestellt, dass es juristisch nichts zu beanstanden gibt, bzw. dass Straftaten verjährt sind.

      Es geht um die darüber hinausgehnde rein moralische Beurteilung der Situation.

      Das dauernd behauptete Sonderrecht für die Kirchen gibt es schlicht und einfach nicht. Wenn ein Priester oder Bischof angezeigt wird, ermittelt die Staatanwaltschaft so wie in jedem anderen Fall auch.

      • @Breitmaulfrosch:

        Sach mal so - Breitmaul 🐸 🐸 - Störche - Spitzmaul 🐸 🐸 - ein bekanntes Biotop. Newahr.

        Daß aber - insbesondere die Alleinseligmachende - keine dreisten -



        Sonderrechte genieße ???



        Nehm ich mal als sattsam vollmundige -



        Scherzerklärung. Wollnichwoll.



        Normal.

        Als Spitzmaul 🐸 wg StGB - hamse natürlich recht.

        unterm———



        Was Sie weiter oben als Entsatz anführen. May be. But.



        Von außen - also anders als Sie im hillich Glauben - is Woelki doch nicht aus dem Schneider!



        Nur weil andere noch mehr unverantwortlichen - sorry - Scheiß bauen. Gellewelle.

        kurz - An eine Reformierbarkeit dieses Ladens zu glauben. Mag ehrenwert im Glauben sein. But.



        Ist im übrigen - wenn’s nicht so traurig wäre - Eine Lachnummer - 🥳 -

        Ende des Vorstehenden