: Jäger killen Nandu-Küken
Seit der Abschuss der großen Laufvögel an der lübisch-mecklenburgischen Grenze erlaubt ist, dezimieren Waidleute die Population. Dabei wäre sie laut Washingtoner Abkommen zu schützen
Seit die Jagd auf Nandus in Mecklenburg-Vorpommern erlaubt ist, werden immer weniger der ursprünglich in Südamerika heimischen Tiere in ihrem einzigen europäischen Verbreitungsgebiet am Ratzeburger See gesichtet. Bei der Frühjahrszählung der wilden Nandu-Population entdeckten die Helfer jetzt nur noch 157 der flugunfähigen Großvögel, teilte das zuständige Biosphärenreservat Schaalsee mit.
Seit 2005 berichtet die taz nord über die imposanten, aber harmlosen Tiere, die bei FDP, manchen Landwirten und Jägerschaft Ausrottungsfantasien wecken. Damals handelte es sich um eine Herde von rund 50 Tieren. Zwar konkurrieren sie weder mit Störchen, noch zeigen sie Aggressionen gegen andere Tiere wie Rehe oder Kraniche. Aber sie lieben Raps, wenn er jung ist: Der wird dort auf großen Feldern angebaut. Nachdem der Bestand der laut Washingtoner Abkommen eigentlich streng zu schützenden Art 2018 auf annähernd 600 Tiere angewachsen war, gab Mecklenburg-Vorpommern 2019 die Jagd auf sie frei. Die Folge: Schon im März 2020 wurden nur noch 247 Nandus gesichtet. „Es ist davon auszugehen, dass der deutliche Rückgang der gezählten Tiere insbesondere auch auf die nun zulässige Bejagung des Nandus zurückzuführen ist“, erklärte Ulrike Müller vom Biosphärenreservat.
Seit April 2020 dürfen auch Nandu-Küken und Jährlinge ganzjährig geschossen werden. Mit ihrem Fleisch, das als schmackhaft gilt, darf aber nicht gehandelt werden: Das wäre unvereinbar mit dem Schutzstatus. Der Ursprung der Kolonie ist datiert: Eine Schar von 15 Nandus war 1997 aus einer Privathaltung bei Lübeck geflohen. Zwar wird behauptet, sie hätten in Norddeutschland keine natürlichen Feinde. Das ist jedoch falsch: Wölfe fressen Nandus. Wolfsrisse in Nandu-Haltungen werden dann als Argument pro Wolfsabschüsse genutzt.
Seit Jagd auf Nandus gemacht wird, seien sie viel scheuer geworden, berichtete Müller. „Damit ist das Nandu-Monitoring deutlich erschwert und dies kann ein weiterer Grund für den Rückgang der gezählten Tiere im Vergleich zu den Zählungen der Vorjahre sein.“ Auch für den Tourismus ein Nachteil: Die zutraulichen Tiere waren bislang eine Attraktion der Region. (taz/dpa)
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