Plakataktion von „Kein Bock auf Nazis“: Anti Anti Migrantifa

Große Werbeflächen gedenken der Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau. Ein rechtsextremistischer Videoblogger hatte die Plakate zuvor abgerissen.

Ein Plakat zeigt die Köpfe der Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau. Darunter stehen ihre Namen, darüber der Hashtag "Say Their Names". Neben dem Plakat läuft ein Jogger.

Diese Plakate sind rund um die Turmstraße zu sehen Foto: Matthias Zickrow

BERLIN taz | Wer sich auf die Suche macht nach Plakaten an Stromkästen und Häuserwänden, die den Opfern des rassistischen Anschlags von Hanau gedenken, hat es in Moabit nicht leicht: In etlichen Postern ist ein Loch in die Mitte gerissen, Ecken fehlen oder nur noch ein oder zwei Köpfe der Ermordeten sind zu sehen.

Damit sie nicht unsichtbar bleiben, hat sich die Initiative „Kein Bock auf Nazis“ eine Aktion ausgedacht: zwölf Werbeplakate in Moabit wurden mit Postern beklebt, die der Opfer des rassistischen Anschlags gedenken.

Über ihren Köpfen steht „Say Their Names“, unter ihnen stehen ihre Namen: Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili-Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov.

Die Initiative „Kein Bock auf Nazis“ hat die Werbeflächen für zwei Wochen gebucht, dazu hat sie 15.000 DINA2-Plakate drucken lassen und 10.000 Sticker, die die Opfer des Anschlags zeigen. Die kleineren Plakate sowie Sticker werden von Be­woh­ne­r:in­nen Moabits aufgehängt und angebracht.

Es ist die Reaktion auf das Video eines bekannten Verschwörungsgläubigers, das nach dem ersten Gedenktag des Anschlags für Aufsehen gesorgt hatte: Er verharmloste darin den Rechtsextremismus des Täters, machte sich über die Opfer lustig und riss in Moabit Plakate ab, die den Opfern gedenken. Außerdem behauptete er, dass die Migrantifa eine „staatsfeindliche Organisation“ sei. Nun ermittelt der Staatsschutz selbst gegen den Verschwörungsideologen, der auch mit antisemitischen und rechtsextremistischen Positionen in die Öffentlichkeit zu treten versucht.

Mehr Plakate gibt es bei „Moabit hilft“

Nachdem der Verschwörungsideologe die Plakate in seiner Nach­ba­r:in­nen­schaft abriss, sorgt die Initiative „Kein Bock auf Nazis“ dafür, dass sie in anderer Form wieder aufgehängt werden. „Die 10.000 Plakate, die bereits bedruckt sind, können aufgestockt werden“, so Tim Brenner der Initiative „Kein Bock auf Nazis“ im Telefonat mit der taz.

„Können die Nazis die Plakate weiterhin abreißen?“, fragt Brenner im Video zur Plakataktion. „Vermutlich, ja, klar. Deshalb haben wir gesagt, wir buchen Großplakatflächen, an die man nicht so einfach rankommt.“ Ziel seien alle Plakatflächen rund um die Wohnung des Verschwörungsgläubigers.

Zwölf mögen zwar nicht „alle“ sein, aber auffällig ist es doch: Eine Plakatwand ist von der S-Bahn-Station Beusselstraße aus zu sehen, eine andere ist etwa zehn Meter von der Wohnung des Verschwörungsgläubigers angebracht. Würde seine Wohnung auf der anderen Seite des Hauses liegen, könnte er vom Fenster aus daraufgucken.

Weil die kleineren DINA2-Plakate immer wieder abgerissen werden, können sich Ber­li­ne­r:in­nen von montags bis freitags neue Plakate bei „Moabit hilft“ (Turmstr. 21, Haus R, 10559) abholen, um neu zu plakatieren. Finanziert wird es durch Spenden, bislang sind laut „Kein Bock auf Nazis“ über 8.000 Euro eingegangen.

Tim Brenner von der Initiative sagt der taz: „Wir wollen keinen Kleinkrieg anfangen.“ Während es in Moabit diesen speziellen Verschwörungsideologen gebe, gebe es „in ganz Deutschland Nazis, die sich ärgern, weil den Opfern von Hanau gedacht wird“. Die Aktion sei ein guter erster Schritt, um sich gegen Nazis zu engagieren.

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Am 19. Februar 2020 erschoss der Rechtsextremist Tobias R. an drei verschiedenen Tatorten in der Hanauer Innenstadt neun Menschen:

Kaloyan Velkov, ermordet mit 33 Jahren.

Fatih Saraçoğlu, ermordet mit 34 Jahren.

Sedat Gürbüz, ermordet mit 30 Jahren.

Vili Viorel Păun, ermordet mit 22 Jahren.

Gökhan Gültekin, ermordet mit 37 Jahren.

Mercedes Kierpacz, ermordet mit 35 Jahren.

Ferhat Unvar, ermordet mit 22 Jahren.

Hamza Kurtović, ermordet mit 22 Jahren.

Said Nesar Hashemi, ermordet mit 21 Jahren.

Später ermordete der Attentäter seine Mutter Gabriele R., 72 Jahre alt.

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