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„Alerta, die Omas, die sind härter“

Im brandenburgischen Paaren im Glien demonstrieren 300 Menschen gegen den Parteitag der Berliner AfD. Auch CDU-Landrat Roger Lewandowski, der den Parteitag möglich machte, wird kritisiert

Von Timm Kühn

Manchmal ist die Antifa richtig gut organisiert. Bereits um 6.45 Uhr stehen an diesem Samstag circa 150 überwiegend junge und schwarz gekleidete Menschen am S-Bahnhof Gesundbrunnen. Es wird gelacht und geraucht – die Stimmung ist gut.

Das Bündnis „Kein Raum der AfD“ hat drei Reisebusse gechartert, um die An­ti­fa­schis­t:in­nen zum MAFZ Erlebnispark in Paaren im Glien zu befördern. Hier, im Brandenburger Havelland, veranstaltet die Berliner AfD am Samstag ihren Landesparteitag. In Berlin konnte die Partei „trotz über 170 Anfragen“, wie Fraktionschef Georg Pazderski einräumte, keinen Veranstaltungsort finden.

Den AfDlern folgen die Antifaschist:innen. „Das ist nur solidarisch, wir haben das den armen Menschen in Paaren ja gewissermaßen eingebrockt“, kommentiert dies ein Demonstrationsteilnehmer nicht ohne eine Spur Stolz.

Als die Ber­li­ne­r:in­nen eintreffen, sind schon rund 150 Menschen vor Tor 3 des Erlebnisparks versammelt. Vornehmlich organisiert hat den lokalen Protest das Bündnis gegen Rechts Falkensee, die Initiative Aufstehen gegen Rassismus sowie der Berliner VVN-BdA (Bund der Antifaschist:innen). Doch auch Linke, Grüne und die SPD sind vertreten – Seite an Seite mit den Omas gegen rechts, einigen Ge­werk­schaft­e­r:in­nen sowie diversen Lokalinitiativen.

Immer wieder wird die Zugehörigkeit der Berliner AfD zum rechtsextremen Spektrum betont. Sie sei der „parlamentarische Arm des rechten Terrors“, sagt Anne Feldbach von Kein Raum der AfD. Sie erinnert daran, dass die (später scheiternde) Co-Anwärterin auf den Fraktionsvorsitz, Beatrix von Storch, einst forderte, an der Grenze auf Geflüchtete zu schießen – und dass sie regelmäßige Teilnehmerin des christlich-fundamentalistischen „Marschs für das Leben“ ist.

Finn Kuhne von der Havelländer SPD sagt, in seiner Partei gelte seit 150 Jahren das Motto „Keinen Fußbreit den Faschisten“. Der frühere Brandenburgische Finanzminister Christian Görke (Linke) ruft in Richtung Veranstaltungshalle: „AfD, ihr seid nicht im Havelland und nirgendwo willkommen!“

„Ich finde es richtig, gegen faschistische und rechtsradikale Gruppierungen aufzustehen“, beantwortet eine der Omas gegen rechts die Frage, warum sie heute hier sei. Auch schlechtes Wetter könne sie nicht davon abhalten. Sie warnt die AfD: „Alerta, alerta, die Omas, die sind härter!“

Immer wieder wird Unverständnis darüber geäußert, warum es Landrat Roger Lewandowski (CDU) der AfD ermöglichte, das MAFZ zu nutzen. „In Berlin hätte man sich erkundigen können, wie man so etwas verhindert“, meint Ex-Landesfinanzminister Christian Görke (Linke).

Polemischer formuliert es Feldbach von Kein Raum der AfD: Lewandowski habe „den gesamten braunen Berliner AfD-Zirkus“ eingeladen. Sie fährt fort: „Ob du es willst oder nicht, Roger: Die Flecken wirst du nicht mehr los. Wer mit Faschisten kuschelt, der riecht danach auch so.“

Wegen Regen und Kälte beginnt die Veranstaltung schon nach einiger Zeit zu schrumpfen. Die Hartnäckigen werden von den Rappern PC Toys, Juicy Gay und MC Smook mit Songs wie „Björn Höcke ist ein Faschist“ bei Laune gehalten. Der Song kommt so gut an, dass er gleich zweimal gespielt wird.

Dennoch stehen schon um 11 Uhr die gecharterten Busse wieder parat, um die An­ti­fa­schis­t:in­nen in die Stadt zurückzubringen. Bereits am Sonntag trafen sie sich wieder, um vor dem AfD-Büro in der Zionskirchstraße 3 in Prenzlauer Berg zu feiern, dass die AfD für ihren Landesparteitag aus Berlin getrieben wurde.

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