Jannis Hagmann über fehlende echte Hilfe für den Jemen
: Zeit für einen Kompromiss

Ein hungerndes Kind. Dünne Ärmchen, dünne Beinchen. Zarte Rippen unter transparenter Haut. Das zeigte ein Foto zum letzten Jemen-Artikel in der taz. „Zu krass“, hieß es von den Redaktionskollegen. Das Bild des jemenitischen Fotografen Hani Mohammed wurde ausgetauscht. Nun schaut eine gut ernährte Frau traurig in die Kamera. Klar, zugrunde gehungerte Kinder will man nicht sehen, was im Jemen geschieht, ist abstoßend. Aber es ist Realität, seit Jahren.

Am Montag hat die Staatengemeinschaft erneut 1,7 Milliarden US-Dollar an Spenden eingesammelt – damit ein paar Kinder weniger sterben. Immerhin: Ein bisschen weniger pervers war die diesjährige UN-Geberkonferenz im Vergleich zum vergangenen Jahr. Diesmal waren die Schweiz und Schweden Gastgeber. 2020 war es Saudi-Arabien, also das Land, das den Jemen seit 2015 zugrunde gebombt hat – mit viel zu wenig Rücksicht auf „zivile“ Kollateralschäden.

Dass Saudi-Arabien nicht nur zerstört, sondern auch hilft, ist wichtig. Die diesjährigen 430 Millionen Dollar aus Riad sind unverzichtbar. Und um fair zu sein: Saudi-Arabien ist nicht nur Täter, sondern auch Opfer. Jemens Huthis, die vom Iran unterstützt werden, schicken regelmäßig Raketen über die Grenze. Dagegen dürfen sich die Saudis wehren. Nichts aber rechtfertigt den Krieg gegen die Zivilbevölkerung.

Für das Leid im Jemen tragen zwei Akteure die Hauptverantwortung: Saudi-Arabien und der Iran. Wenn Riad und Teheran wirklich wollten, ließe sich die Katastrophe beenden. „Dieser Krieg muss aufhören“, hat Joe Biden gesagt. Und das kann er. Durch Druck auf Saudis und Iraner. Etwa, den Streit um das Atomabkommen mit dem Iran an Fortschritte in den Friedensbemühungen im Jemen zu koppeln.

Gegner des Atomdeals fordern, dass der Iran seine Terrorpolitik einstellt, Stichwort Hisbollah im Libanon, iranische Milizen in Syrien. Das wäre schön, ist aber unrealistisch. Die Huthis im Jemen sind für ihn weniger bedeutsam. Hier ließe sich etwas erreichen. Es wäre ein Kompromiss, aber einer, der Zehntausende Leben retten würde.

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