Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Ärger um deutsche Grenzkontrollen

Österreich protestiert beim deutschen Botschafter gegen Grenzkontrollen. An der deutsch-tschechischen Grenze staut sich der Verkehr. Auch Frankreich sorgt sich.

Ein Polizist und eine Polizistin in Warnwesten stehen vor einer Schlange Autos

Österreichs Regierung ist sauer: Grenzkontrolle vor der Einreise nach Bayern Foto: dpa

Streit um Einreiseregeln: Gespräch mit Botschafter

Österreich hat auch auf diplomatischer Ebene die neuen deutschen Einreisebeschränkungen kritisiert. Der deutsche Botschafter in Wien, Ralf Beste, sei am Sonntagabend bei einem Gespräch im Außenministerium auf die aus österreichischer Sicht Unverhältnismäßigkeit der deutschen Schritte hingewiesen worden, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Das sachliche Gespräch habe in guter Atmosphäre auf hoher Beamtenebene stattgefunden, hieß es.

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg hatte für Augenmaß geworben. „Die Maßnahmen haben ganz schwerwiegende Auswirkungen auf ganz Österreich und stehen daher in einem klaren Widerspruch zu den „lessons learned“ aus dem letzten Frühjahr.“

Ziel der deutschen Grenzkontrollen ist, das Einschleppen von ansteckenderen Varianten des Coronavirus einzudämmen. Sowohl in Tschechien als auch in Tirol sind diese Varianten stärker verbreitet als in Deutschland. Deshalb dürfen aus den betroffenen Gebieten derzeit nur noch Deutsche sowie Aus­län­de­r:in­nen mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland einreisen. Ausnahmen gab es zunächst für medizinisches Personal, Last­wa­gen­fah­re­r:in­nen und landwirtschaftliche Saisonkräfte. (dpa)

Stau an der deutsch-tschechischen Grenze

An der deutsch-tschechischen Grenze der Autobahn 17 von Prag nach Dresden hat sich am Montagmorgen in Breitenau wegen der Einreisekontrollen ein kilometerlanger Stau gebildet. Wie die Bundespolizeidirektion Pirna auf Anfrage mitteilte, kann die Einreise mehrere Stunden Wartezeit in Anspruch nehmen. Bereits am Sonntag hatten Reisende ein bis zwei Stunden für die Weiterreise gebraucht. Die Kontrollen waren aufgrund der hohen Inzidenzzahlen im Nachbarland Tschechien eingeführt worden.

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„Wir haben aktuell eine angespannte Verkehrssituation“, sagte Christian Meinhold, Sprecher der Bundespolizeidirektion Pirna. Man habe aber sofort reagiert. An Hilfsorganisationen sei die Bitte ergangen, sich bei den frostigen Temperaturen um die Betroffenen in ihren Fahrzeugen zu kümmern. Das Deutsche Rote Kreuz und die Johanniter würden Tee und bei Bedarf auch Decken bereitstellen. Für den Güterverkehr habe man eine vorgelagerte Kontrollstelle eingerichtet, um die Abfertigung zu beschleunigen.

Man stehe mit den tschechischen Behörden in Verbindung, um den Verkehrsfluss zu organisieren, hieß es. Autofahrer:innen, die aufgrund der Bestimmungen einreisen dürfen und über alle notwendigen Dokumente verfügen, sollen auch auf nahe gelegene Grenzübergänge ausweichen. „Nach wie vor haben viele Reisende die erforderlichen Dokumente nicht oder nicht vollständig dabei“, sagte Meinhold. Das gelte in erster Linie für die digitale Einreiseanmeldung und den Coronatest. Die Testkapazität an der Grenze in Breitenau sei ausgeweitet worden. (dpa)

Frankreich will klare Absprachen für Grenzen

Angesichts der verschärften Kontrollen Deutschlands an seinen Grenzen im Süden und Südosten dringt Frankreich auf Absprachen. Europa-Staatssekretär Clément Beaune kündigte an, er werde am Montag mit den Regierungschefs der drei benachbarten Bundesländer Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sprechen, damit es keine „bösen Überraschungen“ an der gemeinsamen Grenze mit Deutschland gebe.

„Wir machen alles im Gespräch“, sagte Beaune, der als Vertrauter von Staatschef Emmanuel Macron gilt. Eine komplette Schließung der deutsch-französischen Grenze solle verhindert werden. So müsse es möglichst weitgehende Ausnahmen für Grenzpendler geben. Auch der Straßengüterverkehr müsse weiterlaufen.

An den Grenzen Deutschlands zu Tschechien und zum österreichischen Bundesland Tirol gelten seit Sonntag schärfere Einreiseregeln. Aus Angst vor den dort verbreiteten ansteckenderen Varianten des Coronavirus wird an den Grenzübergängen streng kontrolliert. „Das ist eine harte Entscheidung“, kommentiert Beaune die verschärften Grenzkontrollen Deutschlands.

Die Regierung in Paris hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, es gebe im grenznahen ostfranzösischen Département Moselle vergleichsweise viele Fälle, die auf die brasilianische und südafrikanische Virus-Variante zurückgehen. (dpa)

Österreich protestiert gegen deutsche Grenzkontrollen

Österreich hat die neuen deutschen Einreisebeschränkungen scharf kritisiert. Außenminister Alexander Schallenberg warnte am Sonntag vor „überschießenden Schritten, die mehr schaden als nützen.“ Das habe der konservative Minister seinem Berliner Kollegen Heiko Maas mitgeteilt. Außerdem werde der deutsche Botschafter Ralf Beste am Sonntag zu einem Gespräch im Wiener Außenministerium erwartet, berichtete die Nachrichtenagentur APA.

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Wiens Innenminister Karl Nehammer beschwerte sich, dass die Reisebeschränkungen für Tirol den innerösterreichischen Verkehr zwischen Tirol und dem Osten Österreichs behinderten, weil die Strecke über das sogenannte Deutsche Eck in Bayern de facto gesperrt sei. Dies sei „inakzeptabel“. „Diese Maßnahme von Bayern ist unausgegoren und löst nur Chaos aus“, sagte der konservative Politiker.

Ziel der Grenzkontrollen ist, das Einschleppen von ansteckenderen Varianten des Coronavirus einzudämmen. Sowohl in Tschechien als auch in Tirol sind diese Varianten stärker verbreitet als in Deutschland. Deshalb dürfen aus den betroffenen Gebieten derzeit nur noch Deutsche sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland einreisen. Ausnahmen gab es zunächst für medizinisches Personal, Lastwagenfahrer und landwirtschaftliche Saisonkräfte. (dpa)

Rund 4.500 Neuinfektionen gemeldet

Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 4.426 Neuinfektionen mit dem Coronavirus gemeldet. Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 116 weitere Todesfälle verzeichnet, wie aus Zahlen des RKI vom Montag hervorgeht. Die Daten geben den Stand des RKI-Dashboards von 05.30 Uhr wieder, nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen sind möglich. An Montagen sind die Zahlen aufgrund von Meldeverzögerungen übers Wochende meist deutlich niedriger als an anderen Wochentagen.

Vor genau einer Woche hatte das RKI binnen eines Tages 4.535 Neuinfektionen und 158 neue Todesfälle verzeichnet. Montags sind die vom RKI gemeldeten Fallzahlen meist niedriger, unter anderem weil am Wochenende weniger getestet wird.

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Der Höchststand von 1.244 neu gemeldeten Todesfällen war am 14. Januar erreicht worden. Bei den binnen 24 Stunden registrierten Neuinfektionen war mit 33.777 am 18. Dezember der höchste Wert erreicht worden – er enthielt jedoch 3.500 Nachmeldungen.

Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen (Sieben-Tage-Inzidenz) lag laut RKI am Montagmorgen bundesweit bei 58,9. Vor vier Wochen, am 17. Januar, hatte die Inzidenz noch bei 136 gelegen. Ihr bisheriger Höchststand war am 22. Dezember mit 197,6 erreicht worden. Die meisten Bundesländer verzeichnen laut RKI weiterhin sinkende Sieben-Tages-Inzidenzen.

Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 2.338.987 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland (Stand: 15.02., 00.00 Uhr). Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden. Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 65.076.

Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Sonntagabend bei 0,88 (Vortag 0,90). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 88 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. (dpa)

Neuseeland: Auckland im 3-Tage-Lockdown

Nach drei Coronafällen in Auckland hat am Montag in der Stadt ein dreitägiger Lockdown begonnen. Bei den Fällen handele es sich um die ansteckendere, zuerst in Großbritannien entdeckte Variante, teilten die Gesundheitsbehörden mit. Genomtests hätten keine Verbindung zu zuvor bekannt gewordenen Fällen ergeben, hieß es. Die neuseeländische Ministerpräsidentin Jacinda Ardern hatte den Lockdown nach einer Dringlichkeitssitzung von Kabinettsmitgliedern angekündigt.

Der bis Mittwoch geltende Lockdown ist der erste im Land seit sechs Monaten. Neuseeland hat das Virus erfolgreich unter Kontrolle gebracht; Übertragungen innerhalb des Landes waren zuletzt nicht mehr bekannt geworden. Der Alltag der Menschen verläuft daher weitgehend normal, auf das Tragen von Masken und andere Vorsichtsmaßnahmen wird verzichtet. Nach dem jüngsten Fall in der größten Stadt Auckland wurden im Rest des Landes aber ebenfalls einige Vorschriften verschärft, so wurde etwa die Größe von Menschenansammlungen auf 100 Personen beschränkt.

Bei den drei Infizierten handelt es sich nach offiziellen Angaben um Mitglieder einer Familie: Mutter, Vater und Tochter. Die Mutter arbeite für ein Catering-Unternehmen, das für Fluggesellschaften Wäscherei-Dienste übernehme. Es werde untersucht, ob es eine Verbindung zu einem infizierten Passagier gebe. An Bord von Flugzeugen sei die Mutter nicht gegangen.

In Neuseeland mit fünf Millionen Ein­woh­ne­r:in­nen wurden seit Beginn der Pandemie etwas mehr als 2300 Infektionsfälle und 25 Todesfälle in Verbindung mit dem Virus bestätigt. (ap)

Großer Bedarf an Telefonseelsorge

Mehr Menschen wenden sich im Lockdown an die Telefonseelsorge. Im ersten Monat dieses Jahres seien mehr als 6.200 Seelsorge- und Beratungsgespräche mehr geführt worden als im Vorjahreszeitraum, berichtete die „Bild“ (Montagsausgabe). Demnach hätten sich im Januar 87.144 Menschen an die Krisenhelfer gewandt.

Besonders groß war die Zunahme dem Bericht zufolge im November des vergangenen Jahres mit einem Plus von 14,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr sowie in der Osterwoche mit einem Plus von 25 Prozent. Der Anteil der Menschen, die wegen Einsamkeit anriefen, habe sich um 20 Prozent erhöht.

„Die gesamte Gesellschaft steht zunehmend unter Druck“, sagte der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Alfred Bauer, der Zeitung. Der Lockdown isoliere auch Gruppen, die unter normalen Umständen kaum Probleme mit Einsamkeit hätten: Schüler:innen, Student:innen, Azubis, Gas­tro­no­m:in­nen und Alleinerziehende. Er warnte: „Wenn diese Lockdownphase noch länger andauert, wird die Gesamtsituation für viele unerträglich.“

Der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Marcus Weinberg (CDU), forderte einen Krisengipfel der Bundesregierung zum Thema Einsamkeit. „Es braucht eine Strategie mit einem kurzfristigen Aktionsplan zur Bekämpfung der Einsamkeit“, sagte Weinberg der Zeitung.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Katja Mast, warnte, Einsamkeit sei „keine individuelle, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung“. Dauerhafte Einsamkeit mache krank. „Deshalb müssen wir alle gemeinsam dafür sorgen, dass niemand übersehen wird“, sagte sie der „Bild“. (afp)

Notstand in Tschechien verlängert

Die tschechische Regierung hat wegen der Coronapandemie erneut für zwei Wochen den Notstand ausgerufen. Sie setzte sich damit am Sonntag über ein Votum des Parlaments hinweg, das am Donnerstag eine Verlängerung des Notstands abgelehnt hatte. Dieser würde damit auslaufen und Bars, Restaurants und Cafés könnten am Montag wieder öffnen. Auch die nächtliche Ausgangssperre und das Versammlungsverbot für größere Menschengruppen wären beendet.

Die Regierung warnte, dies könne die Pandemie verschärfen. Ohne den Notstand könnte sie zwar einige Einschränkungen wieder in Kraft setzen, aber nicht alle. Die Chefs der 14 Regionalregierungen forderten einen erneuten Notstand, weil ihre Befugnisse nicht ausreichten, um die Pandemie zu bekämpfen. Rechts­ex­per­t:in­nen und Par­la­men­ta­rie­r:in­nen werteten die erneute Notstandserklärung dagegen als Verstoß gegen die Verfassung.

Das Coronavirus greift in Tschechien mit mutierten Varianten heftig um sich. Unter den etwa 10,7 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern wurden mehr als eine Million Corona-Infektionen registriert. Es gab mehr als 18.000 Todesfälle mit dem Virus. (ap)

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