Nach Militärputsch in Myanmar: 23.000 Gefangene freigelassen
Myanmars Militärführung hat eine Amnestie für über 23.000 Häftlinge verkündet. Die Massenproteste halten an, die Polizei setzt Gummigeschosse ein.
Massenkundgebungen gab es am Freitag unter anderem in der Handelsmetropole Rangun. Darunter waren auch Unterstützer unterschiedlicher Vereine der in dem Land beliebten englischen Fußballliga Premier League. Sie protestierten gemeinsam gegen die Militärjunta. „Ich hasse den Militärputsch mehr als Manchester United“, war auf einem Plakat zu lesen.
In der östlichen Hafenstadt Mawlamyine schritt die Polizei gegen eine Sitzblockade von Studenten ein. Videoaufnahmen zeigten, wie die Sicherheitskräfte mehrere Demonstranten wegtrugen. Mindestens fünf Menschen wurden festgenommen. Die Teilnehmer der landesweiten Proteste fordern unter anderem die Freilassung der vom Militär abgesetzten und inhaftierten De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi.
Militärchef Min Aung Hlaing Min Aung Hlaing rief die Streikenden dazu auf, die Arbeit wieder aufzunehmen. Sie sollten „im Interesse des Landes und der Menschen“ unverzüglich wieder an die Arbeitsplätze zurückkehren, sagte er laut Staatsmedien in einer Rede.
Raum für neue politische Gefangene
Massenentlassungen aus den überfüllten staatlichen Gefängnissen sind in dem asiatischen Land an wichtigen Feiertagen üblich. Einer weiteren Meldung zufolge wurden auch 55 ausländische Inhaftierte freigelassen.
Bei den seit einer Woche anhaltenden Massenprotesten gegen die Militärführung wurden nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Assistance Association for Political Prisoners (AAPP) bisher mehr als 260 Menschen festgenommen. Viele von ihnen gehören der Nationalen Liga für Demokratie, der Partei von Suu Kyi an. Etwa 20 seien wieder freigelassen worden. Die Sicherheitskräfte setzten in den vergangenen Tagen vermehrt massive Gewalt gegen Demonstranten ein.
AAPP warnte indes, die neuen Machthaber verfolgten mit den Freilassungen andere Ziele. Es bestehe die Sorge, dass so „Raum geschaffen werden soll für die Inhaftierung politischer Gefangener“, erklärte die Organisation.
Die Armee hatte sich am 1. Februar an die Macht geputscht und Suu Kyi abgesetzt. Das Militär begründete sein Vorgehen mit Betrugsvorwürfen bei den zurückliegenden Wahlen, die mit einem Sieg der NLD endeten. Beweise für ihre Vorwürfe hat es bis heute nicht vorgelegt. Der Putsch beendete eine zehnjährige Phase des demokratischen Wandels in dem südostasiatischen Land. Er wurde von den westlichen Staaten scharf verurteilt.
Die USA verhängten am Donnerstag Sanktionen gegen zehn Militärführer und drei Edelstein-Unternehmen in Myanmar. Betroffen davon ist unter anderem Militärchef Min Aung Hlaing. Mögliches Vermögen der Männer in den USA wird eingefroren, außerdem werden ihnen Geschäfte mit US-Bürgern untersagt. Auch das EU-Parlament forderte Sanktionen gegen die Militärführung.
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