Malte Kreutzfeldt über die Nicht-Nutzung des AstraZeneca-Impfstoffs
: Ein Versagen der Politik

Was in Deutschland derzeit mit dem Corona-Impfstoff von AstraZeneca passiert, ist ein Skandal. Obwohl er hoch wirksam ist, die Geimpften also zuverlässig gegen schwere Krankheitsverläufe und den Tod schützt, wird er derzeit kaum genutzt: Von rund 1,5 Millionen gelieferten Dosen liegen 1,3 Millionen ungenutzt auf Halde.

Die Politik schiebt die Verantwortung für diesen untragbaren Zustand den zu impfenden Menschen zu: Viele von ihnen lehnten es demnach ab, sich mit AstraZeneca impfen zu lassen, weil sie lieber das noch etwas wirksamere Mittel von Biontech haben wollen. Eine solche Haltung, einen sehr guten Schutz zum jetzigen Zeitpunkt abzulehnen, um dann deutlich später einen noch etwas besseren Schutz zu erhalten, ist tatsächlich sehr kritikwürdig. Doch die Impfzahlen zeigen, dass das Hauptproblem ein anderes ist.

Gemäß den Empfehlungen der Impfkommission werden mit AstraZeneca in Deutschland nur Menschen im Alter bis zu 65 geimpft. In der ersten Prioritätsgruppe macht diese Altersgruppe aber nur einen kleinen Teil aus. Es sind die Angestellten von Pflegeheimen und der besonders gefährdete Teil des medizinischen Personals. Und die sind zum größten Teil bereits geimpft.

Schuld am ungenutzten Impfstoff ist also nicht primär die Unwilligkeit der Menschen, sondern vor allem die fehlende Flexibilität der Politik. Das heißt nicht, dass sie den Impfstoff für alle freigeben sollte, wie es jetzt schon teilweise gefordert wird. Grundsätzlich ist eine Priorisierung schon sinnvoll. Was jedoch längst hätte passieren müssen, ist, dass die Länder anfangen, auch Menschen aus der nächsten Prio­ritätsgruppe eine Impfung mit AstraZeneca zu ermöglichen.

Teilweise ist noch nicht mal geklärt, wie diese, etwa als Kontaktperson von Pflegebedürftigen, ihre Berechtigung nachweisen sollen. Solche Verzögerungen sind nicht mehr hinnehmbar. Denn jeder Tag, an dem Impfstoff ungenutzt bleibt, kostet Menschenleben, die man hätte retten können.

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