Historiker im polnischen Staatsdienst: Tomasz Greniuch grüßte gern arisch

Der Direktor des staatlichen polnischen Instituts des Nationalen Gedenkens (IPN) in Breslau muss zurücktreten. Das Institut driftet nach rechts.

Drei Männer zeigen den Hitlergruß

Tomasz Greniuch (mitte) bei einer rechtsextremen Veranstaltung in Krakau im April 2007 Foto: Bartosz Siedlik/Forum

WARSCHAU taz | Wer Naziverbrechen aufklären will, sollte nicht selbst den „Hitlergruß“ zeigen und neofaschistische Aufmärsche organisieren. Bis Montag war dies anscheinend weder dem polnischen Historiker Tomasz Greniuch noch seinem Vorgesetzten Jarosław Szarek im staatlichen polnischen Institut des Nationalen Gedenkens (IPN) klar. Doch Greniuchs Ernennung zum Direktor der IPN-Filiale im niederschlesischen Breslau (Wrocław) löste einen internationalen Skandal aus, sodass am Ende nur noch eine Lösung blieb: der Rücktritt des 38-Jährigen.

Zwar hatten Greniuch in Breslau und der IPN-Chef Szarek in Warschau noch versucht, die rund 20 Jahre währenden Kontakte des Historikers zum neofaschistischen National-Radikalen Lager (ONR) als „Jugendsünde“ zu verharmlosen, mit der er 2013 abgeschlossen habe, doch dann tauchten in den Medien neue Interviewfragmente auf. „Ich habe mich nie von diesem Milieu gelöst“, bekannte der polnische Neofaschist noch Ende 2019 im Radio Opole. „Vielmehr habe ich versucht, diese Leute zu zivilisieren, wie auch immer das klingen mag.“

Er habe das Ideal des Vorkriegs-ONR angestrebt, in dem sich die „junge Vorkriegselite“ organisiert habe. Diese Menschen seien durch ihr Verhalten im Zweiten Weltkrieg und der unmittelbaren Nachkriegszeit zu „Helden der heutigen Jugend“ geworden.

Greniuch verherrlicht hier polnische Antisemiten und Faschisten, die 1945 das Kriegsende und die neue kommunistische Ordnung nicht anerkennen wollten und weiter kämpften. Seit dem Wahlsieg der nationalpopulistischen Recht und Gerechtigkeit (PiS) werden sie gemeinsam mit idealistischen Widerstandskämpfern als Helden und „verfemte Soldaten“ verehrt.

Belgischer SS-Mann ist großes Vorbild

Noch 2013 hatte Greniuch in seinem Buch „Weg eines Nationalisten“ den „römischen Gruß“ als „Gruß des arischen Europas“ bezeichnet und dies provokativ in das Bild der stolzen Polen eingebettet: „Wir schämen uns nicht für unsere Ansichten, unsere Traditionen.“ Als großes Vorbild bezeichnete er 2013 den belgischen SS-Mann Leon Degrelle. Obwohl dies alles bekannt war, wurde Greniuchs Karriere im staatlichen IPN nach Kräften gefördert. 2018 erhielt der Historiker sogar das Verdienstkreuz in Bronze aus der Hand Präsident Andrzej Dudas.

Das Institut des Nationalen Gedenkens (IPN) mit mehreren tausend Mitarbeitern wurde als Behörde zur Aufarbeitung kommunistischer Verbrechen in der Volksrepublik Polen von 1945 bis 1989 gegründet, soll aber auch Verbrechen aus der deutschen und sowjetischen Besatzungszeit 1939 bis 1945 aufklären. Die im IPN angestellten Staatsanwälte haben die Aufgabe, noch lebende Täter aufzuspüren und vor Gericht zu bringen.

Darüber hinaus gibt das IPN zahlreiche Publikationen heraus und erarbeitet Bildungskonzepte für Schulen. Das Problem: das Institut driftet seit Jahren immer weiter nach rechts ab. Die Ernennung eines bekannten Neofaschisten zu einem der IPN-Direktoren überrascht daher kaum, versetzt aber dem ramponierten Ruf Polens einen weiteren schweren Schlag.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.