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Polnisches Institut BerlinWarschau will es rechter haben

Nach Katarzyna Wielga-Skolimowska wird auch deren Nachfolgerin Hanna Radziejowska gefeuert. Ihr folgt eine Vertraute des polnischen Botschafters.

Hanna Radziejowska ist offen nach allen Seiten. War das ihr Fehler? Foto: Grzegorz Karkowszka

Vielleicht ist ja ein Auslandspole der Aufforderung aus Warschau gefolgt, den polnischen Botschaften „antipolnische Äußerungen“ zu melden. Vielleicht hat jemand den Beitrag im RBB-Fernsehen gesehen, in dem die Rede davon war, dass Hanna Radziejowska zu Hause feministische Literatur in den Bücherregalen stehen hat und Berlin „wegen der Offenheit und dieser Multikulti-Gesellschaft“ gut findet.

Vielleicht war Radziejowska dem Warschauer Außenministerium trotz ihres Bemühens, auch „Erzählungen über edle Polen“ in ihrem Programm Platz einzuräumen, nicht nationalkonservativ genug. Tatsache ist, dass die Leiterin des Polnischen Instituts in Berlin bis zum 1. März ihren Stuhl räumen muss. Dass bestätigte die Pressesprecherin des Instituts, Nicole Blacha, der taz.

Das Pikante daran: Radziejowska, die in Warschau zuvor ein Stadtteilmuseum geleitet und sich als Stadtaktivistin einen Namen gemacht hat, war erst im September 2017 Chefin des Polnischen Instituts an der Burgstraße geworden. Sie war Katarzyna Wielga-Skolimowska gefolgt, die im Dezember 2016 gefeuert worden war. In einem Gutachten für das Warschauer Außenministerium hatte der polnische Botschafter in Deutschland, Andrzej Przyłębski zuvor beklagt, dass sich Wielga Skolimowska zu sehr der Kultur des Westens verschrieben habe. „Die blinde Nachahmung nihilistischer und hedonistischer Trends“, schrieb er, „ist ein zivilisatorischer Irrweg.“ Von 1979 bis 1980 soll Przyłębski als IM „Wolfgang“ für den kommunistischen Geheimdienst SB gearbeitet haben. Obwohl das Institut für nationales Gedenken IPN eine Verpflichtungserklärung veröffentlicht hatte, bestritt Przyłębski die Vorwürfe. Später hat das IPN ihn von diesem Vorwurf freigesprochen. Przyłębskis Frau Julia war nach dessen Entmachtung an die Spitze des polnischen Verfassungsgerichtes berufen worden.

In seinem Brief nach Warschau schrieb Przyłębski auch, das Polnische Institut möge es „mit der Hervorhebung des polnisch-jüdischen Dialogs nicht (…) übertreiben“. Das Jüdische Museum in Berlin hatte sich daraufhin „bestürzt“ und „irritiert“ gezeigt. In einem Brief protestierten unter anderem der Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und der Gründungsintendant des Centrum Judaicum.

Nun also trifft es Hanna Radziejowska. Über die Gründe wollte der Sprecher der polnischen Botschaft keine Angaben machen. „Das ist eine Entscheidung des Außenministeriums in Warschau, die wir nicht kommentieren“, sagte der Presseattaché Dariusz Pawłoś der taz. Eine Anfrage bei der Pressestelle des Außenministeriums in Warschau blieb unbeantwortet.

Neue Leiterin wird, zunächst kommissarisch, die Vizedirektorin Małgorzata Bochwic-Ivanowska, eine Vertraute des polnischen Botschafters. Bochwic-Ivanowska, die bereits 2007 das Buch „Wie der Dschihad nach Europa kam“ des rechtsradikalen Autors Jürgen Elsässer ins Polnische übersetzt hat, bringt offenbar das nötige ideologische Rüstzeug mit. Ob sie aber glaubhaft die sehr vielfältige polnische Kultur vermitteln kann, darf bezweifelt werden. Ein Interview, das die Zeitschrift Tip einmal mit ihr geführt hat, durfte nicht gedruckt werden, erinnert sich Redakteur Jacek Slaski. Am Tag, nachdem es geführt wurde, so Slaski, „erreichte die Redaktion eine E-Mail von unserer Gesprächspartnerin, in der uns fehlende journalistische Kompetenz vorgeworfen und ein Abdruck des Interviews komplett untersagt wurde“. Und das, bevor der Text überhaupt zur Autorisierung vorgelegt wurde.

Bochwic-Ivanowska war am Dienstag für die taz nicht zu erreichen. Aber sie wird bestimmt noch von sich reden machen.

Der Beitrag wurde am 2. März 2018 aktualisiert

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1 Kommentar

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  • Mit Interesse habe ich den Artikel gelesen, auch schon vor ein paar Tagen. Danke sehr, dass ihr in der Zwischenzeit die Aussagen über den polnischen Botschafter Przyłębski und das Thema des Geheimdienstes KB ein wenig relativiert habt. Ihr veröffentlicht jetzt, er "soll" für den KB "gearbeitet" haben... Es lohnt sich, mal ein wenig in polnischen Medien zu recherchieren. Da erfährt man nämlich, dass er selbst gesagt hat, er habe damals zwar eine Verpflichtungserklärung unterschrieben, unter Druck, weil er einen Pass nach England haben wollte. Dann aber habe er von der Geheimdienst-Geschichte seinen Mitstudenten erzählt - und damit war er für den Geheimdienst natürlich nicht mehr geeignet, weil es nicht mehr geheim war. Das ist wohl der Standard-Trick, um sich aus der Umklammerung eines Geheimdienstes zu lösen, aus der DDR habe ich so eine Geschichte auch mal gehört.

     

    Ihr schreibt auch über den "rechtsradikalen" Autor Jürgen Elsässer, dessen Buch „Wie der Dschihad nach Europa kam“ Frau Bochwic-Ivanowska 2007 übersetzt hat. Was ihr leider nicht schreibt, das ist, dass Elsässer laut Wikipedia "bis 2008" "Artikelautor, Redakteur und/oder Mitherausgeber verschiedener linksgerichteter Printmedien wie Arbeiterkampf, Bahamas, Jungle World, junge Welt, konkret und Neues Deutschland" war, https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_Els%C3%A4sser . Festzuhalten ist also, dass die neue Leiterin des Instituts 2007 einen damals als _linksgerichtet_ anzusehenden Autor übersetzt hat. Das ist wohl erwähnenswert.