Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: AstraZeneca-Präparat nur U65

Die deutsche Impfkomission empfiehlt, den AstraZeneca-Impfstoff nicht für über 65-Jährige zuzulassen. Jens Spahn warnt, Deutschland stehe vor zehn harten Wochen.

Eine Medizinische fachkraft hält eine AstraZeneca Impfdose in der Hand und trägt dabei Schutzhandschuhe

AstraZeneca-Impfstoff soll nur an Menschen unter 65 Jahren verabreicht werden Foto: Shwe Paw Mya Tin/reuters

Empfehlung: AstraZeneca-Stoff nicht für Alte

Der AstraZeneca-Impfstoff soll nach einer Empfehlung der deutschen Impfkommission im Gegensatz zu den Präparaten von Biontech/Pfizer und Moderna nur an Menschen unter 65 Jahren verabreicht werden. In der am Donnerstag veröffentlichten Empfehlung der Ständigen-Impfkommission des Robert-Koch-Instituts heißt es, das AstraZeneca-Präparat solle in den einzelnen Stufen, die die Priorisierung festlegen, „jeweils nur den Personen angeboten werden, die 18-64 Jahre alt“ sind.

Die Stiko begründete ihre Einschätzung damit, dass zur Beurteilung der Impfeffektivität ab 65 Jahren „aktuell keine ausreichenden Daten“ vorlägen. „Abgesehen von dieser Einschränkung wird dieser Impfstoff ebenfalls als gleichermaßen geeignet angesehen“, hieß es in der Empfehlung.

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Der Astrazeneca-Impfstoff ist in der EU noch nicht zugelassen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA könnte am Freitag dafür grünes Licht geben. In der Europäischen Union zugelassen sind bislang die Vakzine der Mainzer Firma Biontech und ihres US-Partners Pfizer sowie jenes des US-Konzerns Moderna. (afp)

Impfgipfel wohl bald

Die Planungen für ein rasches Spitzentreffen zur Lösung der Impfmisere werden immer konkreter. „Die Bundesregierung ist für einen solchen Impfgipfel. Die Planungen dafür laufen und werden noch heute mit den Ländern abgestimmt“, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstag in Berlin mit.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte sich offen für einen solchen Impfgipfel gezeigt, wie er etwa von SPD-Politikern gefordert wird. Im Radiosender NDR Info und auf Twitter schlug Spahn ein gesondertes Treffen mit den Ministerpräsidenten vor, an dem auch Vertreter der Pharmahersteller teilnehmen sollten. Inhaltlich muss es nach seinen Worten darum gehen, wie das weitere Vorgehen gegen die Pandemie aussehen kann.

Spahn hatte die Menschen in Deutschland zuvor auf weitere zehn harte Wochen in der Coronakrise eingestimmt. „Wir gehen bei der Knappheit des Impfstoffes noch durch mindestens zehn harte Wochen“, so Spahn. „Die sollten wir mit gemeinsamem Arbeiten in der Sache verbringen.“ In zehn Wochen, also Anfang April, ist Ostern.

Frankreich: Mehr Vergewaltigungen in der Pandemie

Während der Coronapandemie hat Frankreich einen massiven Anstieg von Vergewaltigungen und Gewalt in der Familie verzeichnet: 2020 wurden elf Prozent mehr Vergewaltigungen angezeigt sowie neun Prozent mehr Fälle innerfamiliärer Gewalt, wie das Innenministerium in Paris am Donnerstag mitteilte. Die Regierung sieht demnach einen „Zusammenhang mit der Gesundheitskrise“.

Der Anstieg sei auffällig, da die meisten anderen kriminellen Delikte in der Coronapandemie rückläufig seien, hieß es in der Analyse des französischen Innenministeriums. So gingen etwa Einbrüche und Diebstähle um knapp 60 Prozent zurück.

Bereits im Zuge der #Metoo-Debatte hatten sich in den vergangenen Jahren in Frankreich deutlich mehr Vergewaltigungs-Opfer gemeldet. 2019 betrug der Anstieg 19 Prozent, ein Jahr zuvor 18 Prozent. Während der beiden Coronalockdowns im vergangenen Jahr verzeichnete Frankreich dann erneut eine Zunahme häuslicher Gewalt. Dabei geht es in der Statistik des Innenministeriums nur um gemeldete Fälle, Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.

Die Regierung hat angesichts der Entwicklung die Gesetze verschärft: Unter anderem können Ärzte ihr Schweigegelübde brechen, wenn Gefahr für ein Gewaltopfer besteht. Zudem wurde eine neue landesweite Notrufnummer für misshandelte Frauen geschaltet.

Deutschland: Sieben-Tage-Inzidenz unter 100

Erstmals seit Ende Oktober liegt die sogenannte 7-Tage-Inzidenz laut Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) unter der Schwelle von 100. So wurden in Deutschland binnen einer Woche 98 Neuinfektionen pro 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen an die Gesundheitsämter übermittelt, wie das RKI am Donnerstagmorgen meldete. Damit hat sich die Zahl der innerhalb von 7 Tagen gemeldeten Neuinfektionen seit dem Höchststand kurz vor Weihnachten – die 7-Tage-Inzidenz lag am 22. Dezember bei 197,6 – in etwa halbiert. Das politische Ziel ist eine 7-Tage-Inzidenz von unter 50.

Die deutschen Gesundheitsämter meldeten dem RKI 17.553 Coronaneuinfektionen binnen eines Tages. Außerdem wurden mehr als 900 neue Todesfälle innerhalb von 24 Stunden verzeichnet. Vergangenen Donnerstag hatte das RKI 20.398 Neuinfektionen und 1.013 neue Todesfälle binnen 24 Stunden verzeichnet.

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Der Höchststand von 1.244 neuen gemeldeten Todesfällen an einem Tag war am 14. Januar erreicht worden. Bei den binnen 24 Stunden registrierten Neuinfektionen war mit 33.777 am 18. Dezember der höchste Wert gemeldet worden – darin waren jedoch 3.500 Nachmeldungen enthalten.

Das RKI zählt seit Beginn der Pandemie 2.178.828 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland (Stand: 28.01., 00.00 Uhr). Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte noch deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden. Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 54.913.

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Der bundesweite 7-Tage-R-Wert lag laut dem RKI-Lagebericht vom Mittwochabend bei 0,87 (Vortag 0,88). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 87 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. (dpa)

Deutschland nur Mittelfeld beim Pandemie-Management

Deutschland landet mit seinem Coronamanagement im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld. Eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Lowy Institute im australischen Sydney sieht die Bundesrepublik auf Platz 55 von 98 Ländern. Am besten schnitt demnach Neuseeland ab, auf dem letzten Platz landete Brasilien. „Einige Länder haben die Pandemie besser gehandhabt als andere – aber die meisten Länder übertrafen sich gegenseitig nur durch ihre unzureichende Leistung“, erklärten die Forscher:innen.

Das unabhängige Institut bewertete den Umgang der Länder mit der Pandemie anhand von sechs Kriterien – unter anderem der Zahl der Infektions- und Todesfälle sowie der Testhäufigkeit. Neben Neuseeland schafften es Vietnam, Taiwan, Thailand, Zypern, Ruanda, Island, Australien, Lettland und Sri Lanka in die Top Ten des Rankings. Neuseeland war es durch Grenzschließungen, frühe und harte Lockdowns sowie umfassende Coronatests gelungen, die Ausbreitung des Virus weitgehend in Schach zu halten.

Brasilien liegt mit mehr als 218.000 Coronatodesfällen auf dem letzten Platz. Ähnlich schlecht schnitten Mexiko (Platz 97), Kolumbien (96), Iran (95) und die USA (94) ab. Mit Jair Bolsonaro und Donald Trump waren in Brasilien und den USA im vergangenen Jahr populistische Staatschefs an der Macht, die Kritikern zufolge die Bedrohung durch die Pandemie verharmlosten. Beide machten sich wiederholt über das Tragen von Masken lustig, lehnten Lockdowns ab und infizierten sich selbst mit dem Virus.

China, wo das Coronavirus erstmals auftrat, taucht in dem Ländervergleich des Lowy Institutes nicht auf. Den Forschern zufolge waren für das Land nicht genügend öffentliche Daten verfügbar.

Das Abschneiden der Länder in dem Ranking ist dem Lowy Institute zufolge unabhängig von ihrem jeweiligen politischen System. Allerdings scheinen kleinere Nationen mit weniger als zehn Millionen Einwohnern besser durch die Pandemie gekommen zu sein. „Generell haben Länder mit kleineren Bevölkerungen, Gesellschaften mit Zusammenhalt und fähigen Institutionen einen komparativen Vorteil im Umgang mit einer globalen Krise wie einer Pandemie“, heißt es in dem Bericht.

Seit Pandemiebeginn im Dezember 2019 haben sich weltweit mehr als 100 Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert, rund 2,2 Millionen Menschen starben nach einer Corona-Infektion. (afp)

Öffnungsdebatte nimmt Fahrt auf

Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) hatte am Mittwoch erste Lockerungen der Beschränkungen wegen des Coronavirus in Aussicht gestellt, aber an Bedingungen geknüpft. In Schleswig-Holstein sieht ein neuer Stufenplan Öffnungsschritte in vier Etappen ab Mitte Februar vor.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) forderte einheitliche Regeln für eine Lockerung des Coronalockdowns: „Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir uns in Deutschland auf die gleichen „Wenn-dann-Regeln“ einigen“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag).

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Nach Angaben der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag) hat auch die niedersächsische Regierung einen Plan zur Lockerung erarbeitet – als grobe Leitlinie und für den Fall weiter sinkender Infektionszahlen.

Hingegen sagte Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Jetzt über Lockerungen zu diskutieren, ist aus meiner Sicht das falsche Signal.“ Solange das Ziel von weniger als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen in einer Woche nicht erreicht sei, müssten die strengen Maßnahmen aufrechterhalten werden.

Aber auch er plädierte dafür, einen „Perspektivplan“ zu entwickeln. „Wir müssen uns Gedanken machen, wie es in den kommenden Wochen für unsere Kitas, unsere Schulen, für den Sport, den Einzelhandel und die Gastronomie weiter gehen soll.“

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) warnte vor einer verfrühten Öffnung der Schulen. „Erst wenn die Infektionszahlen stabil runtergehen und wir genauere Erkenntnisse über die Mutationen haben, können die Schulen wieder nach und nach geöffnet werden“, sagte sie den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft (Donnerstag).

Die stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Nadine Schön warnt vor voreiligen Öffnungsdebatten in der Coronapandemie. „Wir dürfen nicht zu viele Versprechungen machen, dass es zu einer Öffnung kommt“, sagte die CDU-Politikerin am Donnerstag im ZDF-“Morgenmagazin“.

Man wisse einfach nicht, wie sich die Infektionszahlen in der nächsten Zeit entwickelten. „Deshalb wäre es völlig fahrlässig, als Politiker jetzt zu sagen, ab sofort geht es nur noch nach oben“, sagte Schön. (dpa)

Einreiseverbote in Sicht

Nach „Spiegel“-Angaben plant die Bundesregierung ein Einreiseverbot aus Ländern mit hoher Verbreitung von Coronamutanten. Eine Vorlage für eine entsprechende Verordnung befinde sich derzeit in der Abstimmung zwischen den Ressorts. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass ein entsprechender Beschluss derzeit abgestimmt wird. Wie auch die „Bild“ berichtete, geht es um Einreisesperren für Flüge aus Ländern, in denen es bereits Virus-Mutationen gibt, wie etwa Südafrika.

Der Innenexperte der FDP im Bundestag, Stephan Thomae, sagte der „Augsburger Allgemeinen“ (Donnerstag), Überlegungen für weitreichende Reisebeschränkungen seien ein Ausdruck von „Regierungsversagen.“ „Das Coronavirus und seine Mutanten sind höchst gefährlich, nichtsdestoweniger sind wir nicht im Krieg.“ Er forderte, mehr Coronaschnelltests an den Landesgrenzen und Flughäfen anzubieten.

Hintergrund ist, dass in Ländern wie Großbritannien und Südafrika, aber auch den Niederlanden hochansteckende Virusmutationen festgestellt wurden. Die Bundesregierung hatte vor einer Ausbreitung auch in Deutschland gewarnt. Denkbar ist, dass es Einreisesperren auch für andere Länder geben könnte, in denen sich Virusmutanten bereits stärker ausgebreitet haben.

Impfstoff-Gipfel ohne Ergebnis

Die EU-Kommission und das Pharmaunternehmen AstraZeneca haben ihren Streit über die Lieferung von Corona-Impfstoff bei einem weiteren direkten Gespräch offenbar nicht beilegen können. Beide Seiten bezeichneten die Beratungen am Mittwochabend zwar als „konstruktiv“. Doch beklagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides, dass es weiterhin einen „Mangel an Klarheit“ über den Zeitplan für die Versorgung der EU mit dem AstraZeneca-Vakzin gebe.

Bei der Unterredung mit Unternehmenschef Pascal Soriot habe ein „konstruktiver Ton“ geherrscht, schrieb Kyriakides im Kurzbotschaftendienst Twitter. Doch sei die fortbestehende Unklarheit über den zeitlichen Ablauf der Lieferungen bedauerlich. Die Kommission verlange von AstraZeneca einen „klaren Plan für die schnelle Lieferung der Mengen an Impfdosen, die wir für das erste Quartal reserviert haben“.

Die Behörde werde mit dem britisch-schwedischen Unternehmen zusammenarbeiten, um Lösungen für die schnelle Lieferung von Impfdosen zu finden, kündigte Kyriakides an. Die „festen vertraglichen Verpflichtungen“ müssten eingehalten werden.

Ein AstraZeneca-Sprecher nannte das Gespräch mit der Kommission „konstruktiv und offen“. Beide Seiten hätten sich zu einer „sogar noch engeren Koordination“ des Fahrplans für die Impfstoff-Lieferung verpflichtet. (afp)

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