Wachstumsprognose für die EU: Die Kluft wird größer
Bald wieder zügiges Wachstum, so die Prognose aus Brüssel. Das gilt aber nur für Länder, die die Auflagen der EU-Coronahilfe erfüllen können.
D ie europäische Wirtschaft steckt in der tiefsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Coronapandemie, der Dauerlockdown und andere Maßnahmen haben die Konjunktur regelrecht abstürzen lassen. Da macht es Mut, dass die EU-Kommission nun „Licht am Ende des Tunnels“ sieht.
Nach einem harten Winter soll das Wachstum schnell und nachhaltig anziehen, heißt es in der neuen Konjunkturprognose aus Brüssel. Die Wirtschaft im Euroraum werde 2021 und 2022 um jeweils 3,8 Prozent wachsen, erwartet die EU-Kommission.
Doch diese Prognose ist auf Sand gebaut. Sie betont die Hoffnungswerte, etwa mehr Impfungen, und malt die Risiken schön. Dabei befinden sich einige EU-Länder schon mitten in der zweiten Coronarezession.
Und schnelle Hilfe ist nicht in Sicht. Der Aufbaufonds ist noch nicht einsatzbereit. Erst im Sommer dürften die ersten Hilfsgelder aus dem 672,5 Milliarden Euro schweren Topf fließen. Das ist zu spät, um aus dem tiefen Tal zu kommen, in dem vor allem Südeuropa steckt.
Schuld daran sind die Reformauflagen, die an die EU-Hilfen geknüpft wurden. Kanzlerin Merkel hat durchgeboxt, dass jedes Land ein detailliertes Programm vorlegen muss, bevor Geld fließt. Diese Mischung aus Bürokratie und Bevormundung verhindert zügige Hilfe. Zudem ist der Stimulus, der von dem Fonds ausgehen soll, zu gering.
Too little, too late – der alte Vorwurf aus der Eurokrise trifft auch auf den Coronanotstand zu. Bleibt die Hoffnung, dass die EU-Hilfen durch nationale Maßnahmen ergänzt werden. Die Mitgliedsländer müssten die Wirtschaft weiterhin stützen und dürften nicht auf die Sparbremse treten, fordert die Europäische Zentralbank.
Doch das ist leichter gesagt als getan. In den meisten Ländern sind die Kassen jetzt schon leer. Nur Deutschland kann sich weitere Konjunkturspritzen leisten. Die Folge: Die Kluft zwischen Arm und Reich wird noch größer, das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen den Mitgliedstaaten wächst. Am Ende könnte das für die EU noch gefährlicher werden als Corona.
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