Repressionen in Russland: Attacke auf soziale Medien
Nach den Protesten vom Sonntag versucht die Regierung, die Mobilisierung im Netz zu stoppen. Die Opposition plant derweil für Dienstag neue Aktionen.
Wird diese Anordnung nicht befolgt, drohen Geldstrafen in Höhe von umgerechnet 8.700 bis 44.400 Euro. Warum die Behörden jetzt auch den sozialen Netzwerken den Garaus machen wollen, liegt auf der Hand; schließlich sind sie derzeit das zentrale Instrument der Opposition, um ihre Anhänger*innen zu mobilisieren.
Tausende Menschen waren am Sonntag dem Protestaufruf des inhaftierten Kremlkritikers Alexei Nawalny und seiner Unterstützer*innen gefolgt. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation OWD-Info wurden landesweit 5.135 Personen festgenommen – darunter 91 Journalisten sowie vorübergehend die Ehefrau Nawalnys.
Am Montag verurteilte ein Moskauer Gericht Julia Nawalnaja wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Protestaktion zu einer Geldstrafe von umgerechnet 220 Euro. In St. Petersburg nahmen Sicherheitskräfte kurzzeitig auch ein 11-jähriges Mädchen fest, das offenbar zufällig in die Menge der Protestierenden geraten war.
Offene Worte
Erstaunlich offen äußerte sich der Ombudsmann für Menschenrechte in St. Petersburg zu den Vorgängen vom Wochenende. „Schlagstöcke und Elektroschocker lösen die bestehenden Probleme nicht. Die Gewalt verstärkt nur noch die Unnachgiebigkeit und bringt noch mehr Bitterkeit hervor. Dieser Weg führt in großes Elend. Es ist Zeit aufzuhören“, sagte Alexander Schischlow laut dem Onlineportal insider.ru.
Doch ans Aufhören scheinen weder die Staatsmacht noch die Protestierenden zu denken. An diesem Dienstag entscheidet ein Moskauer Gericht, ob eine Bewährungsstrafe für Nawalny wegen Unterschlagung aus dem Jahr 2014 in eine dreieinhalbjährige Haftstrafe umgewandelt wird.
Der 44-Jährige war am 17. Januar bei seiner Einreise nach Russland sofort festgenommen und zunächst zu 30 Tagen Haft verurteilt worden. Die russische Staatsanwaltschaft ließ am Montag verlauten, die Strafe wegen Verstößen gegen die Bewährungsauflagen in Haft umwandeln zu wollen.
Fast zeitgleich veröffentlichten Nawalnys Unterstützer*innen am Montag über soziale Netzwerke einen Aufruf, sich am Dienstag um 10 Uhr vor dem Moskauer Stadtgericht einzufinden, wo die Sache Nawalny verhandelt wird. „Seid ihr bereit aufzugeben und Wladimir Putin zu erlauben, das zu tun, was er plant?“, heißt es in dem Aufruf. Und: „Das ist die Rache dafür, dass Nawalny es gewagt hat, nicht zu sterben.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen