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Gute Zahlen, aber kein Grund zur Entwarnung

Die Zahl der Coronaneuinfektionen nimmt derzeit deutlich ab, auch die der Todesfälle sinkt erstmals. Politik und Wissenschaft halten eine Lockdown-Verschärfung dennoch für nötig

Weiterhin in Sorge: Gesundheitsminister Spahn und Virologe Drosten auf der Pressekonferenz am Freitag in Berlin Foto: Michael Kappeler/dpa

Aus Berlin Malte Kreutzfeldt

Es ist eine doppelte Botschaft, mit der Gesundheitsminister Jens Spahn(CDU) am Freitag vor die Presse tritt: Zum einen gibt es gute Zahlen zu verkünden, die zeigen, dass der Lockdown wirkt. Doch als Entwarnung dürften diese keineswegs verstanden werden, warnt der Minister – aus der Erfahrung heraus, dass jede Verbesserung gern sofort für die Forderung nach Lockerungen genutzt wird. „Die Zahlen sind immer noch zu hoch“, sagte Spahn. Man wolle sich später nicht vorwerfen müssen, „dass wir zu früh gelockert haben“.

Tatsächlich zeigen die Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) zu den gemeldeten Neuinfektionen seit etwa zehn Tagen einen klar rückläufigen Trend. Der 7-Tage-Mittelwert liegt mit gut 15.000 neuen Fällen derzeit mehr als 20 Prozent niedriger als eine Woche zuvor. Er hat damit wieder das Niveau von Anfang November erreicht, wobei zu berücksichtigen ist, dass damals mehr PCR-Tests durchgeführt wurden als momentan. Der Rückgang der letzten Wochen ist aber real, meint RKI-Präsident Lothar Wieler. „Die Fallzahlen sinken, und das sind die Erfolge der Maßnahmen.“ Die Anstrengungen dürften jetzt aber nicht nachlassen, so Wieler: „Wir können nur zu einem halbwegs normalen Alltag zurückkehren, wenn wir die Fallzahlen massiv senken und auf Dauer niedrig halten.“

Die Zahl der Menschen, die in Deutschland bisher im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion verstorben sind, überstieg zwar am Freitag die Marke von 50.000. Doch auch bei der Anzahl neu gemeldeter Todesfälle zeichnet sich erstmals seit Beginn der zweiten Welle ein realer Rückgang ab. Im 7-Tage-Schnitt wurden zuletzt 807 ­Covid-19-Tote gemeldet, das sind 9 Prozent weniger als eine Woche zuvor. Und auch die Zahl der Co­vid-19-Pa­ti­en­t*in­nen auf Intensivstationen war am Freitag mit 4.768 um 6 Prozent ­niedriger als vor einer Woche.

Zur Verbreitung der Virus-Mutation in Deutschland gibt es derzeit noch immer keine Zahlen

Dass das noch kein Grund zur Entspannung ist und die Lockdownverschärfung nötig war, meint auch der Berliner Virologe Christian Drosten. Nach neuen Studien sei jetzt davon auszugehen, dass die aktuelle Virusmutation aus Großbritannien deutlich ansteckender sei – auch wenn der Unterschied mit 22 bis 35 Prozent nicht so groß sei wie anfangs befürchtet. Wie stark sie in Deutschland bereits verbreitet ist, ist weiter offen; die systematischen Untersuchungen dazu hätten erst begonnen, so Drosten. Man arbeite „mit aller Anstrengung an einem klaren Datenbild“. Bisher sei lediglich klar: „Es gibt erste Ausbrüche.“ Und: Je höher die Infektionszahlen, desto größer die Gefahr durch die Mutation.

Mit Verweis auf diese hatten Bund und Länder beschlossen, dass künftig in Geschäften und im Nahverkehr medizinische Masken getragen werden müssen. Auf die breite Kritik, dass Grund­si­che­rungs­empfän­ge­r*in­nen diese aus der normalen Leistung bezahlen müssen, hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Freitag reagiert: Er kündigte einen Zuschlag auf die Sozialleistungen sowie kostenlose oder kostengünstige medizinische Masken für Leis­tungs­empfän­ge­r*in­nen an. Details zur Höhe des Zuschlags nannte er aber nicht.

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