: Arbeitskampf im Gehege
Bei Hagenbecks Tierpark tobt seit einiger Zeit ein Streit zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat, der immer schmutziger wird. Im Februar müssen beide Seiten vor Gericht
Von Kai von Appen
Der Arbeitsrechtskonflikt in Hagenbecks Tierpark eskaliert. Zwar versucht Geschäftsführer Dirk Albrecht den Eindruck zu erwecken, der Hausfrieden mit dem Betriebsrat sei wiederhergestellt. Aber hinter den Kulissen geht es um einstweilige Verfügungen, psychischen Druck und Gerichtstermine.
Kurz vor Weihnachten hatte es Streit um die Einführung von Kurzarbeit im Lockdown für Teile der 160 Beschäftigten gegeben. Obwohl der Betriebsrat im November eine Kurzarbeits-Regelung für die Bereiche Kasse, Service, Gastronomie, Verwaltung und Werkstätten angeboten hatte – die TierpflegerInnen haben im Lockdown nicht weniger Arbeit –, war erst Ende Dezember Bewegung in die Sache gekommen. Albrecht kündigte noch vor den Verhandlungen neun Beschäftigten, ohne zuvor den Betriebsrat zu hören. Während der Verhandlungen weigerte sich Albrecht, mit den anwesenden GewerkschaftsvertreterInnen zu sprechen und ließ die Gespräche platzen. Als der Betriebsrat und die GewerkschaftsvertreterInnen bei einem Rundgang durch den Zoo die Beschäftigten über den Verlauf der Verhandlungen informieren wollten, rief der Geschäftsführer die Polizei. Anschließend kündigte er dem Betriebsratsvorsitzenden und Hagenbeck-Urgestein Thomas Günther.
Und nun soll alles wieder gut sein? In einer Mitteilung verkündete Albrecht, die neun Kündigungen seien zurückgenommen worden und eine Vereinbarung über Kurzarbeit in Kraft getreten. Zudem müssten unverzüglich Betriebsrats-Neuwahlen eingeleitet werden, weil fünf Mitglieder ihr Amt niedergelegt oder aus dem Unternehmen ausgeschieden seien. „Eine gute Zusammenarbeit zum Wohl des Unternehmens ist die wichtigste Aufgabe von Betriebsrat und Geschäftsführung“, dozierte er. „In der jüngsten Vergangenheit hatte ich leider den Eindruck, dass dies arg in Vergessenheit geraten ist.“ Er freue sich auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem neuen Betriebsrat.
Doch so einfach ist es nicht. Die Neuwahl des Betriebsrats stand ohnehin auf der Tagesordnung, weil in den letzten Jahren Mitglieder das Unternehmen verlassen und zwei Betriebsräte das Mandat schon 2018 niedergelegt hatten. „Nur ein Betriebsrat ist wegen des aktuellen Konflikts zurückgetreten, weil er den Druck nicht ausgehalten hat“, berichtet Dirk Johne, Vize-Regionalleiter der zuständigen Industriegewerkschaft Bauen – Agrar – Umwelt (IG Bau).
Da der Betriebsrat der Kündigung seines Vorsitzenden widersprochen hat, muss Albrecht nun vor dem Arbeitsgericht ein Amtsenthebungs- und Kündigungsersatzverfahren erstreiten, über das im Februar verhandelt werden soll. Die offenkundige Hoffnung, dem amtierenden Betriebsrat die Arbeit unmöglich zu machen, scheiterte: Per einstweiliger Anordnung verurteilte das Arbeitsgericht die Geschäftsführung in der vergangenen Woche dazu, Günther, der eigentlich als Pfleger im Giraffengehege arbeitet, in vollem Umfang seine Funktion als Betriebsrat wahrnehmen zu lassen und ihm alle notwendigen Schlüssel zum Zoo auszuhändigen.
Inzwischen hat die Einigungsstelle des Arbeitsgerichts eine Regelung zur Kurzarbeit ab dem 13. Januar zu den gesetzlichen Konditionen erwirkt. Doch die Rücknahme der Kündigungen sind formalrechtlich noch nicht erfolgt, sondern nur über Presseerklärungen verkündet worden. „Die Kündigungsschutzklagen laufen weiter“, sagt Johne. Anfang der Woche machte Albrecht ein neues Fass auf. Per Unterlassungserklärung versucht er den Betriebsrat dazu zu verpflichten, auf Rechtsanwälte und die Vertretung durch die IG Bau zu verzichten. Für die Betroffenen kommt das nicht infrage, sie erwägen weitere rechtliche Schritte.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen