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„Bei Drogen verstehen die keinen Spaß“

Samuel wollte zum Bund – obwohl er eher links tickt. Aber er war zu ehrlich

Protokoll Alina Götz

Politisch verorte ich mich links. Aber ich bin kein Linksextremist, politisch aktiv bin ich nicht, außer auf Demos, klar. Die Idee, zum Bund zu gehen, kam in und nach der Schulzeit. Damals spielte Disziplin eine große Rolle für mich. Ich habe an alltäglichen Dingen – Aufstehen, Aufgaben erledigen – gemerkt, dass mir die fehlt. Und genau das vermittelt die Bundeswehr ja gut und schnell.

Natürlich hat auch das Geld eine Rolle gespielt. Damals habe ich das als sehr leichten Weg gesehen, schnell zu genügend Geld zu kommen, dass ich reisen kann und einen Start ins Leben habe. So drei, vier Jahre beim Bund, und dann eine Ausbildung anfangen. Das war mein Plan.

Soldat sein ist auch was sehr Besonderes. Das kann nicht jeder machen – sowohl körperlich als auch geistig. Man ist dafür da, andere Leute im Notfall beschützen zu können. Dass das im schlimmsten Fall auch das Töten anderer bedeuten kann, war für mich okay. Wenn mich jemand mit einer Waffe bedroht, ist es besser zu wissen, wie ich auch mit einer Waffe umgehen kann. Ich hab mich aber natürlich nicht im Kongo auf Zivilisten schießen sehen – das hätte ich niemals gemacht.

Wem ich allerdings genau bei einem Auslands­einsatz geholfen hätte, damit habe ich mich noch nicht so genau auseinandergesetzt. Mir ist aber schon bewusst, dass das weniger die Menschen, sondern vielmehr die deutschen politischen Interessen gewesen wären.

Ich wollte nicht zum Bund, um da irgendwelche linken Strukturen oder Gedankengüter einzubringen. Aber ich habe mir schon vorgestellt, wie ich mit meinen Kameraden auf der Stube sitze und diskutiere. Ich bin davon ausgegangen, dass ich da mit Rechten zusammenkomme. Aber nicht nur – als ich da war, habe ich gemerkt, dass da sehr viele Junge sind, die so wie ich denken.

Es hat dann nicht geklappt, weil ich zu ehrlich war: Als es um Drogen ging, habe ich gesagt, ich habe ein paar ausprobiert. Hätte ich nicht machen dürfen – bei Drogen verstehen die irgendwie gar keinen Spaß. Auch wenn es lange zurückliegt. Wobei Gras nach zwei Jahren verjährt. Beim ersten Gespräch im Sommer 2019 meinten sie deshalb, ich solle es in zwei Jahren noch mal versuchen.

Die zwei Jahre waren noch nicht um, und ich bin trotzdem noch mal hingegangen, im Herbst 2020. Die Ärztin meinte dann direkt – sie kannte das erste Protokoll –, dass ich niemals eine Waffe in die Hand bekommen würde und dass ich nicht das machen könnte, was ich eigentlich wollte: die Sanitätsausbildung. „Da kommt man schnell an drogenähnliche Substanzen ran, da lass ich dich nicht für freigeben“, hat sie gesagt. Dann hat sie mir Jobs mit Bürokram angeboten. Genau das wollte ich aber nicht.

Jetzt mache ich auch einen Job, bei dem ich Menschen helfe. Und ich werde mich auch auf die Ausbildung zum Rettungssanitäter bewerben. Das mit dem Aufstehen ist immer noch gleich, aber inzwischen ist es mir egal.

Samuel (Name geändert), 22, wohnt in Süderbrarup (Schleswig-Holstein) und macht ein freiwilliges soziales Jahr in einer Rehaklinik.

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