piwik no script img

Schröder-Fenster darf bleiben

Landgericht erlaubt Einbau von Lüpertz‘ „Reformationsfenster“. Marktkirche sei ein Gebrauchskunstwerk

Die Richter stützten sich in ihrer Abwägung auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht

Das von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) gestiftete „Reformationsfenster“ für die evangelische Marktkirche in Hannover darf im kommenden Jahr wie geplant eingebaut werden. Das Landgericht Hannover erlaubte am Montag die Installation des 13 Meter hohen Kunstwerks, das von dem Künstler Markus Lüpertz entworfen wurde (Az.: 18 O 74/19).

Die Richter wiesen damit eine Klage des Architekten-Erben Georg Bissen zurück, der sich auf die Urheberrechte seines 1994 verstorbenen Stiefvaters Dieter Oesterlen berufen hatte. Oesterlen hatte die im Krieg zerstörte spätgotische Kirche nach 1946 wiederaufgebaut und neu gestaltet.

In der Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende Richter Florian Wildhagen, der Einbau des Buntglasfensters werde die Wirkung des Raums zwar beeinträchtigen. Die Richter stuften die Marktkirche aber als „Gebrauchskunstwerk“ ein, das nicht unveränderlich bleiben müsse wie ein Denkmal: „Der Urheber muss sich darauf einrichten, dass sich im Laufe der Zeit Änderungen des Gebrauchs ergeben.“

Die Richter stützten sich bei ihrer Abwägung auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und die Religionsfreiheit. Der Kirche müsse zugestanden werden, ihre Lehren nicht nur über das Wort zu verbreiten, sondern auch durch Kunst oder Musik, sagte Wildhagen: „Es geht darum, alle Sinne des Menschen anzusprechen.“

Das Fenster zeigt eine weiße Figur, die den Reformator Martin Luther (1483–1546) darstellen soll, sowie zahlreiche Einzelmotive mit Bezug zur Reformation. Für kontroverse Diskussionen sorgen unter anderem fünf große schwarze Fliegen, die für das Böse und die Vergänglichkeit stehen sollen.

Der Vorstand der Marktkirche begrüßte das Urteil. Es könne wegweisend sein. Der Architekten-Erbe Bissen kann binnen vier Wochen Berufung gegen das Urteil einlegen. (epd)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen