Die nächste Problemautobahn

Umweltorganisation Nabu brandmarkt mit dem „Dinosaurier 2020“ den Bau der A 26 Ost im rot-grün regierten Hamburg

Die A 26 West wird schon gebaut. Dabei werden für die CO2-Speicherung wichtige Moore zerstört Foto: Axel Heimken/dpa/picture alliance

Von Anja Krüger

Den Grünen droht nach dem ­Fiasko um den Dannenröder Wald das nächste verkehrspolitische Desaster: Die Umweltorganisation Nabu hat ihren Schmähpreis „Dinosaurier des Jahres“ an das Autobahnausbauprojekt A 26 Ost in Hamburg vergeben. Sie fordert von der Stadt und vom Bund, die Pläne zu stoppen. Hamburg wird von einer rot-grünen Koalition regiert, Verkehrssenator ist der Grüne Anjes Tjarks.

Zuletzt hatte der Protest gegen den Ausbau der A 49 im schwarz-grün regierten Hessen für Aufsehen gesorgt, für den der Dannenrörder Wald weichen musste. UmweltschützerInnen hatten das Gelände über Monate besetzt und waren vor Kurzem mit rabiatem Polizeieinsatz geräumt worden.

Der Bau der A 26 Ost in Hamburg sei ein echter Planungsdinosaurier, sagte der Nabu-Vorsitzende Jörg-Andreas Krüger. „Diese geplante Autobahn ist ein perfektes Sinnbild für eine verfehlte Verkehrspolitik sowie für antiquierte Infrastrukturplanungen in ganz Deutschland.“ Die zehn Kilometer lange Querverbindung der A 1 und A 7 wurde vor 20 Jahren als Entlastung der Hauptroute zum Hafen geplant. Beim Bund bestellt wurde sie von der Stadt Hamburg unter Bürgermeister Ole von Beust (CDU), als der mit den Grünen regierte. Bereits im Bau ist die A 26 West. Der Nabu kritisiert, dass dabei große Naturflächen und Lebensräume für gefährdete Tiere und Pflanzen zerstört werden. Der Bau der A 26 West und Ost führt nach Angaben des Verbands zu einem Verlust von mehreren Hundert Hektar Lebensraumflächen – vor allem von wertvollen Niedermoorböden. Moore sind große Kohlenstoff-Speicher.

Der Nabu hält den Bau der A 26 Ost auch aus ökonomischen Gründen für falsch. So werden neueren Studien zufolge künftig sehr viel weniger Container aus dem Hafen transportiert als ursprünglich prognostiziert. Außerdem fördere der Bau den individuellen Autoverkehr. „Das ist ein falsches Signal für Verkehrspolitik“, sagte Krüger.

Als Alternative zum Neubau schlägt der Nabu die Ertüchtigung der Hafenhauptroute vor – was auch billiger wäre. Der Bau der A 26 Ost soll 1,5 Milliarden Euro kosten. Angesichts veränderter Mobilitätsbedürfnisse sollen nach Auffassung der Organisation alle Neubaupläne für Fernstraßen überprüft und bis das abgeschlossen ist gestoppt werden. „Wir laufen Gefahr, in die komplett falschen Rezepte zu investieren“, sagte der Nabu-Chef.

Das Autobahnprojekt A 26 Ost ist im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen vom vergangenen Juni festgeschrieben. „Die A 26 Ost bringt eine Entlastung für die vom Straßenlärm und Verkehr geplagten Anwohner im Süden Hamburgs und entlang der bereits heute überlasteten und unfallträchtigen B 73“, sagte ein Sprecher der Senatsstelle für Verkehr.

Negativ-Preis für Umwelt­sünden: Der „Dinosaurier 2020“ des Nabu geht in diesem Jahr an das aus seiner Sicht rückwärtsgewandte Verkehrsprojekt A 26 Ost Foto: Klemens Karkow/Nabu

Die Hamburger Grünen akzeptieren den Bau der A 26 Ost nach wie vor, auch wenn das Projekt nicht ihres, sondern das des jeweiligen Koalitionspartners war und ist. „Daran hat sich nichts geändert“, sagte Dominik Lorenzen, Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Es bleibt dabei, dass der Bund baut und bezahlt.“ Die Grünen hätten wichtige Vereinbarungen für den Natur- und Lärmschutz durchgesetzt. Im Bund fordern die Grünen ebenso wie der Nabu ein Moratorium für den Ausbau von Fernstraßen. Dem schließen sich die Hamburger Grünen ausdrücklich nicht an. „Wir halten uns an den Koalitionsvertrag“, betonte Lorenzen.

Das Bundesverkehrsministerium antwortete auf eine Anfrage der taz zu den Nabu-Forderungen bis Redaktionsschluss nicht.

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