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Castoren in Biblis angekommenUnter Protesten am Ziel

Der hochradioaktive Abfall wird jetzt in dem abgeschalteten Atomkraftwerk Biblis zwischengelagert. Tausende Polizisten schützten den Transport.

Protest am frühen Morgen: Eine Demonstratin und Polizei vor dem Castor am Bahnhof Biblis Foto: Kai Pfaffenbach/reuters

Göttingen taz | Erstmals seit 2011 ist in der Nacht zu Mittwoch wieder ein Castortransport mit hochradioaktivem Atommüll durch Deutschland gerollt. Der Zug mit sechs Castorbehältern, die Abfälle aus der britischen Wiederaufgarbeitungsanlage Sellafield enthalten, erreichte am Mittwochmorgen gegen acht Uhr den Bahnhof Biblis in Hessen. Von dort sollten die Castoren über ein Stichgleis zum Zwischenlager auf dem Gelände des abgeschalteten AKW Biblis gefahren werden.

Der mehrere hundert Meter lange und von mehreren Diesellokomotiven gezogene Zug war am Dienstagabend im niedersächsischen Nordenham gestartet. Dort waren die Castoren zuvor von einem Schiff auf die Waggons verladen worden. Seit dem Start des Frachters im englischen Hafen Barrow-in-Furness war der Transport damit länger als eine Woche unterwegs.

Auf einer eingleisigen Bahnstrecke fuhr der Transport von Nordenham zunächst bis Hude bei Oldenburg und bog dann nach Südosten ab. Über Bremen, Hannover und Göttingen ging es weiter nach Hessen. An vielen Orten entlang der Route demonstrierten Atomkraftgegner gegen den Transport. Mahnwachen und Kundgebungen gab es nach Angaben des Protestbündnisses „Castor stoppen“ unter anderem in Oldenburg, Bremen, Hannover, Göttingen sowie im hessischen Groß Gerau.

Im Bahnhof Hannover-Linden protestierten Aktivisten während der Durchfahrt des Zuges mit Fahnen und Transparenten auf dem Bahnsteig, auf dem Bahnhofsvorplatz in Göttingen demonstrierte die örtliche Anti-Atom-Initiative in der Nacht mit einer Feuertonne und einem gelben Blechfass, auf das ein Radioaktivitätszeichen aufgemalt war. In Biblis besetzten Atomgegner am Mittwochmorgen das Gleis zum Zwischenlager, am Bahnhof begann zeitgleich eine Demonstration.

Transport in Coronazeiten

Bürgerinitiativen und Umweltgruppen kritisierten den Transport erneut als gefährlich und unnötig, solange es in Deutschland noch kein Endlager gibt. Zusätzliche Risiken bestünden für die Bevölkerung und die Polizei durch die aktuelle Corona-Pandemie.

So bemängelte der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), dass wieder einmal „hochgefährlicher Atommüll von A nach B transportiert“ werde. „Ein Endlager für Atommüll ist weit und breit nicht in Sicht, dennoch wird auch noch weiterhin Atommüll in Atomkraftwerken und Uranfabriken produziert“, so BBU-Vorstandsmitglied Udo Buchholz. „Demonstrationen gegen Atommüllverschiebereien sind und bleiben zwingend notwendig.“

Robin Wood nannte den Transport eine „planlose Atommüll-Verschieberei“, die das Atommüll-Problem nicht löse, aber Umwelt und Bevölkerung einem beträchtlichen Risiko aussetze. Die niedersächsische Grünen-Landtagsabgeordnete Miriam Staudte bezeichnete es als „unverantwortlich, dass der Bund diesen Castor-Transport trotz erhöhtem Corona-Risiko durchdrückt“. Das Gebot der Stunde sei es, unnötige Menschenansammlungen zu vermeiden. „Der Transport hätte ins nächste Jahr verschoben werden müssen, wenn auch Proteste und der Einsatz der Polizei wieder ohne gesundheitliches Risiko möglich sind“, sagte Staudte.

Auch die Polizeigewerkschaft GdP und Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hatten sich mit Blick auf die Corona-Pandemie gegen den Castor-Transport zum jetzigen Zeitpunkt gewandt. Die Polizei zog am Mittwoch gleichwohl eine positive Bilanz ihres Einsatzes. „Es gab keine Störungen während der Schiffsankunft, der Verladephase und während des Transportes“, sagte Gesamteinsatzleiter Andreas Sagehorn in Oldenburg. Ein polizeilicher Einsatz in dieser Größenordnung unter Berücksichtigung der Corona-Pandemie sei eine ganz besondere Herausforderung gewesen. Die Polizei hatte mehrere tausend Beamte zum Schutz des Castortransportes aufgeboten.

Der ursprünglich bereits für Anfang April geplante Transport war am 12. März durch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zunächst abgesagt worden. Der Einsatz von alleine 6000 zum Schutz des Transportes eingesetzten Bundespolizisten sei wegen der Ausbreitung des Coronavirus nicht zu verantworten, hatte Seehofer erklärt.

Nach Sellafield sowie in die französische Wiederaufarbeitungsfabrik La Hague wurden bis 2005 abgebrannte Spaltelemente aus deutschen Atomkraftwerken gebracht. Die Bundesrepublik ist grundsätzlich zur Rücknahme des in den Fabriken verpflichtet.

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5 Kommentare

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  • möglicherweise kann die menschheit schon bald von einer ansammlung von sehr guten nachrichten überrascht werden:alle atomkraftwerke werden stillgelegt,alle windräder abgerissen, und die flüsse von staudämmen befreit



    die kohlendioxidkonzentration in der luft wird auf das vorindustrielle niveau zurückgeführt und der klimawandel gestoppt bevor er wirklich gefährlich wird.und all dies und noch viel mehr ohne höhere preise für energie und weniger wirtschaftswachstum von der extraterrestrischen nutzung der kernfusionsenergie in wsbkw auf der geostationären umlaufbahn ermöglicht



    um diese möglichst billig bauen zu können baut man grosse weltraumkanonen auf hohen bergen am äquator ,die konzentriertes laserlicht empfangen .nur die nicht im weltraum herstellbaren hightechkomponenten für die wsbkw transportiert man mit raketen in die geostationäre umlaufbahn



    am äquator baut man schwimmende energieempfangsstationen im meer,die gleichzeitig meerwasserentsalzungsanlagen im dienst der wüstenbewässerung sind.tanker versorgen sie mit kohlendioxid,dass aus der luft gewonnen wird .aus diesem und wasserstoff der durch elektrolyse gewonnen wird wird methan und aus diesem plastik hergestellt



    das wasser für den primärkreislauf des ersten wsbkw (wasserstoffbombenkraftwerkes) kann man aus den polarkratern des mondes holen.



    später wird man es aus asteroiden gewinnen



    mittelfristig dass heisst innerhalb von wenigen jahrzehnten wird die industrialisierung des weltraums- -die mit den wsbkw beschleunigt werden kann die deindustrialisierung der erde und sogar das ende der landwirtschaft ermöglichen

    in den wsbkw wird zwar auch radioaktiver müll entstehen aber sehr viel weniger weil der allergrösste teil der energie der kernfusion und nicht der kernspaltung entstammt und dessen entsorgung zwischen den sternen wird völlig unproblematisch sein denn bevor er irgendwo ankommt wird er längst zerfallen sein

    • @satgurupseudologos:

      1) der obige text enthält einen fehler:es sind natürlich die schwimmenden energieempfangsstationen am äquator und nicht die weltraumkanonen "die konzentriertes laserlicht empfangen" sollen .der nachträglich eingefügte nebensatz hat sich im text verirrt .







      2)eine britische firma versucht einen kernfusionsreaktor zu bauen der viel einfacher sein soll als iter ,weil er keine magnetfelder verwendet um das plasma einzusperren:







      kann die sogenannte trägheitsfusion funktionieren?

      Ich weiss es nicht aber es wäre toll wenn es klappen würde.

      www.youtube.com/watch?v=_g54PJhXYxU



      www.elektronikprax...bis-2024-a-836190/

      3.)mir ist nach der erfindung eines wasserstoffbombenkraftwerkes bei dem die energie der explosion einer wasserstoffbombe in zwei sich in entgegengesetzter richtung drehenden massiven schwungrädern zwischengespeichert wird nun auch noch eingefallen wie man zweikugelwasserstoffbombenkraftwerke bauen kann deren energie kontinuierlich abgeschöpft werden kann.man stelle sich einen gigantischen schneeball vor in dessen mitte eine wasserstoffbombe explodiert.wenn der schneeball nur gross genug ist wird er von der explosion nicht zerrissen sondern in heisses wasser verwandelt.der riesenschneeball wird mit einer wasserdichten schale umgeben.dass heisse wasser zu dem er wird wenn die wasserstoffbombe explodiert wird nach und nach in einem ventil verdampft und treibt dabei einen generator an der einen laser mit elekrtischer energie versorgt und wird sodann in einem radiator abgekühlt der die restwärme abstrahlt.während sich der wärmeenergievorrat erschöpft wird in einer zweiten kugel er nächste riesenscheeball hergestellt.in den zweikugelwasserstoffbombenkraftwerken wird zwar auch radioaktiver müll entstehen aber viel weniger weil der allergrösste teil der energie der kernfusion und nicht der kernspaltung entstammt . dessen entsorgung zwischen den sternen wird unproblematisch sein

  • Ups,alles gut gegangen



    Dienstagabend ab Nordenham



    Mittwochfrüh. an Biblis



    Selten eine so pünktliche Bahn erlebt.

    das wurmt einige sehr..geht's noch... unser Atommüll rollt praktisch ungehindert durch Deutschland?



    Ich und viele Andere.. ein guter Tag , keine sinnfreie Aktion und sinnloses Hauen und Stechen. Der im Ausland lagerfähig gemacht Dreck ist dort wo er hingehört . Hier in D produziert.. hier wird er gelagert ( auch wenn nicht unbedingt in Biblis )

  • "Der Einsatz von alleine 6000 zum Schutz des Transportes eingesetzten Bundespolizisten sei wegen der Ausbreitung des Coronavirus nicht zu verantworten, hatte Seehofer erklärt."

    Und wer hat dafür gesorgt, dass er seine Meinung ändert?

  • "Der Transport hätte ins nächste Jahr verschoben werden müssen, wenn auch Proteste und der Einsatz der Polizei wieder ohne gesundheitliches Risiko möglich sind“, sagte Staudte"

    Der Sinn eines Transportes, ist aber nicht Raum für Proteste zu schaffen, sondern "Die Bundesrepublik ist grundsätzlich zur Rücknahme des in den Fabriken verpflichtet."



    Dh wenn man auf Proteste gegen das "Verschieben des Atommülls", der zurückgenommen werden muss, verzichtet hätte, hätte es auch wesentlich weniger Polizei bedurft.



    So wird ein wunderbarer twist vorgenommen, um noch an ein Argument zu kommen.